Duisburg. . Karl-August Schwarthans, ehemaliger Geschäftsführer der Awo in Duisburg, sprach als Gastredner auf dem Neujahrsempfang der Duisburger Linken.

Karl-August Schwarthans hat nie ein Blatt vor den Mund genommen. Schon nicht als Geschäftsführer der Awo in Duisburg, der er bis Dezember vergangenen Jahres war. Und nun im Ruhestand schon gar nicht. Und so sprach er als Gastredner auf dem Neujahrsempfang der Linken am Mittwochabend im Kleinen Prinzen erneut Klartext. Gute Botschaften gebe es ja durchaus genug derzeit. Man höre von Wirtschaftswachstum, von einem Zugang an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Aber irgendwie passe dies nicht zu den maroden Brücken, runtergekommene Schulen und Schlaglöchern. Beispiele gebe es noch viel mehr. „Man hat das Gefühl, dass uns eine Wirklichkeit vorgegaukelt wird, die mit der Realität, zumindest mit meiner, nichts zu tun hat“, sagte Schwarthans. Die sehe in Duisburg nämlich so aus, dass die Kluft zwischen Arm und Reich größer werde. „Duisburg ist die drittärmste Stadt bundesweit. Wir werden nur noch getoppt von Gelsenkirchen und Greifswald.“

Karl-August Schwarthans war bis Dezember 2017 Geschäftsführer der Awo in Duisburg.
Karl-August Schwarthans war bis Dezember 2017 Geschäftsführer der Awo in Duisburg.

29.000 Arbeitslose, 13.500 Langzeitarbeitslose, 75.000 Menschen, die in einer Hartz IV-Bedarfsgemeinschaft leben – und 85.000 Menschen, die überschuldet sind: „Die Armut ist längst in der Mitte von Duisburg angekommen, im Herzen. Vielleicht nicht so im Speckgürtel. Und der Süden ist auch nicht betroffen. Aber die Mitte“, betonte Schwarthans. Armut treffe längst nicht mehr nur Hartz IV-Bezieher: „Es sind auch Leute, die arbeiten gehen. Die tauchen in keiner Statistik auf. Diese Kinder stehen außen vor, haben keinen Anspruch auf Leistungen aus dem Teilhabegesetz.“ Armut sei ein Thema, das viele nicht sehen wollen. Andere begegneten ihr mit Hilflosigkeit.

Auch beim Thema Integration fehle es in der Stadt an einem guten Konzept. „Ich warne vor Insellösungen. Leuchtturmprojekte haben wir die letzten 30 Jahre genug gehabt. Sie haben nichts gebracht.“ Die Stadt Duisburg müsse verstärkt die Bildung in den Fokus ihrer Arbeit rücken. „Ein Camus Duisburg wäre meine Vision und eine Chance für alle Bevölkerungsgruppen.“ Dann werde man den Makel der armen Stadt überwinden und Investoren nach Duisburg locken.