Düsseldorf. . Ein 17-Jähriger steht wegen Mordes an seinem Bruder in Düsseldorf vor Gericht. Seit Freitag wird der Fall unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Der Junge lebt derzeit in der Psychiatrie. Die Anklage geht vorerst davon aus, dass er bei der Tat nur eingeschränkt schuldfähig war.
Warum? Diese Frage ist noch nicht beantwortet. Warum hat der 16-Jährige seinen zwölfjährigen Bruder erwürgt? Im Prozess gegen den heute 17-Jährigen, der auch noch versuchte, seine Mutter zu töten, sucht das Landgericht seit Freitag eine Antwort auf diese Frage.
Der Prozess findet wegen der Jugend des Angeklagten hinter verschlossenen Türen statt. Der Vorwurf lautet Mord, versuchten Mord und schwere Körperverletzung. Die Anklage geht vorerst davon aus, dass der Junge bei der Tat nur eingeschränkt schuldfähig war. Ein endgültiges Gutachten zur Schuldfähigkeit soll ein Psychiater im Prozess vortragen.
Es war der 5. März, als aus dem bis dahin unauffälligen Gymnasiasten ein Mörder wurde. Die beiden Brüder waren am Nachmittag allein in der Wohnung in Flingern, schauten fern. Und fingen an zu rangeln. Dabei nahm der Große den Kleinen von hinten in den Schwitzkasten, bis der hinfiel. Der Ältere setzte auf seine Brust und würgte ihn, bis er starb. Das war gegen 15.40 Uhr. Die Leiche versteckte er in der Abstellkammer.
Junge hat Vorwürfe vor Gericht gestanden
Gegen 20 Uhr kam die Mutter nach Hause, vermisste den kleinen Sohn. Als sie seine Leiche zu finden drohte, versuchte der 16-Jährige, sie ebenfalls zu erwürgen: Er fasste ihr an die Kehle, legte ihr dann ein Kabel um den Hals.
Die 51-Jährige wehrte sich heftig. Da schlug der Sohn mit der Faust zu, dann mit einer Hantel, verletzte sie schwer. Sie konnte sich losreißen, floh zu einer Nachbarin. Die rief die Polizei, die den 16-Jährigen in der Wohnung festnahm.
Weil er drohte sich umzubringen, kam er in die Psychiatrie, wo er seither untergebracht ist. Vor Gericht gab er die Vorwürfe zu. Das Aussagen soll ihm sichtlich schwer gefallen sein, dennoch konnte er alles detailliert schildern. Aber nicht erklären. Er sei selbst schockiert gewesen, als er es begriffen habe.
Es gibt Ansätze für Erklärungen, wenn sie auch noch als spekulativ gelten müssen. Einschneidend war sicher der Selbstmord des Vaters 2011. Danach begann der bis dahin erfolgreiche Schüler zu schwänzen, schrieb schlechte Noten. Seine Mutter sorgte sich, drängte auf eine Behandlung. Von Zukunftsängsten, Selbstzweifeln und psychischen Veränderungen sprechen vorläufige Einschätzungen.
Mutter ist Nebenklägerin in dem Prozess
Zudem sollen Mutter und Sohn Streit darüber gehabt haben, wie mit den vom Vater hinterlassenen Schulden umzugehen sei. Dieser Konflikt soll dazu geführt haben, dass die Mutter sich vor ihm fürchtete, was ihn wiederum frustrierte.
Diesen Konflikt hält der Angeklagte aber nicht für die Ursache der Tat. Er habe sich in dem Moment gar nicht über die Mutter geärgert. Auch mit dem Bruder habe es nicht mehr als die üblichen Geschwisterkonflikte gegeben.
Nach einer Antwort wird auch die Mutter suchen. Sie ist Nebenklägerin im Prozess, hörte sich gestern die Aussage ihres Sohnes an. Ob sie aussagen wird, bleibt abzuwarten. Das Urteil soll Mitte September fallen.