Düsseldorf. Die Affäre ums US-Spähprogramm “Prism“ wird wohl auch den Düsseldorfer El-Kaida-Prozess beschäftigen. Wurde der Anfangsverdacht gegen die mutmaßliche Düsseldorfer El-Kaida-Zelle konstruiert, um die wahre Herkunft der Warnung zu verschleiern? Das zumindest vermutet nun die Verteidigung.

Die Enthüllungen um das US-Spähprogramm "Prism" haben die Verteidiger im Düsseldorfer El-Kaida-Prozess hellhörig werden lassen. Seit einem Jahr müssen sich vier mutmaßliche El-Kaida-Terroristen der "Düsseldorfer Zelle" im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts verantworten. Monatelang zog sich der Prozess mit mühevoller Kleinarbeit in die Länge. Doch kaum hat der Senat die Beteiligten in die Sommerpause verabschiedet, sorgt "Prism" für Zündstoff.

Bei den Verteidigern hat sich die Vermutung verstärkt, dass das, was ihnen als Auslöser der Ermittlungen präsentiert worden war, falsch ist. So wurde ein Anruf mit einer Terrorwarnung aus Pakistan als Startpunkt fieberhafter Ermittlungen präsentiert, in deren Folge man auf die späteren Angeklagten stieß.

Soll Verfassungsschutz Beweismaterial präsentieren?

"Wir wissen inzwischen, das stimmte von vorn bis hinten nicht", sagte Verteidiger Johannes Pausch der Nachrichtenagentur dpa über den Inhalt des ominösen Anrufs. Außerdem hat Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen dem Bundestags-Innenausschuss laut "Süddeutscher Zeitung" berichtet, dass der Hinweis auf die Düsseldorfer Zelle vom US-Geheimdienst NSA kam und "Prism" zu verdanken sei. Jetzt erwägen die Verteidiger, die Informationen des Verfassungsschutzes als Beweismaterial anzufordern.

"Uns interessiert nun natürlich, ob der Anfangsverdacht auf legale Weise zustande kam, oder ob es sich um Früchte eines verbotenen Baums handelt", sagt Rechtsanwalt Pausch. Die Bundesanwaltschaft hielt sich bedeckt: "Wir werden dazu in der Hauptverhandlung Stellung nehmen, wenn die Verteidigung entsprechende Anträge stellt", sagte ein Sprecher in Karlsruhe auf Anfrage. Ein Gerichtssprecher schloss nicht aus, dass die Affäre um Edward Snowden den Terrorprozess nach der Sommerpause einholen wird.

CIA als Hinweisgeber genannt

Vor dem Prozess war der US-Geheimdienst CIA als Hinweisgeber genannt worden. Beim Prozessauftakt war dann nur noch von dem ominösen Anruf des inzwischen in Frankfurt vor Gericht stehenden Wuppertalers Emrah E. die Rede, den dieser beim Bundeskriminalamt abgesetzt hatte. Der Anruf soll - gemeinsam mit US-Hinweisen - auch eine Terrorwarnung der Bundesregierung und erhöhte Sicherheitsvorkehrungen in Berlin ausgelöst haben. Inzwischen geht man davon aus, dass Emrah E. zumindest maßlos übertrieben hat, was seine Terrorplan-Kenntnisse angeht.

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Möglicherweise weiß die Bundesanwaltschaft aber selbst nicht so genau, wie das Verfahren ins Rollen kam: Es lief lange Zeit als "Gefahrenabwehrvorgang" in der Regie des Bundeskriminalamts - was darauf hindeutet, dass die Verdachtsmomente damals nicht gerichtsverwertbar waren. Ohnehin geben die Geheimdienste in der Regel nicht preis, wie die Informationen erlangt wurden.

Es drohen bis zu zehn Jahre Haft

Vielleicht widersprechen sich die Angaben auch nur scheinbar und Emrah E. gab mit seinem Anruf zwar den Startschuss, aber "Prism" den Ermittlern die richtige Richtung.

Die vier Angeklagten sollen jedenfalls 2011 einen Bombenanschlag in Deutschland vorbereitet haben. Ein genaues Ziel stand wohl nicht fest. Drei von ihnen wurden im April 2011 in Düsseldorf festgenommen, als den observierenden Ermittlern die Basteleien der Verdächtigen mit Grillanzündern zu heiß wurden. Der vierte Verdächtige wurde Monate später in Bochum aufgespürt. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. (dpa)