Düsseldorf. . Die Polizei hat den Mordversuch an einem 36-Jährigen in Angermund so gut wie aufgeklärt. Verantwortlich sein soll ein 48 jahre alter Mann aus Paderborn, der sich Anfang des Jahres Geld von dem Opfer geliehen hatte. Von der Waffe fehlt aber noch jede Spur. Diese will der Paderborner in einen Fluss geworfen haben.
Die Bluttat in Angermund ist für die Mordkommission weitgehend aufgeklärt. Staatsanwalt Christoph Kumpa beschuldigt Boris S. aus dem Kreis Paderborn des versuchten Mordes aus Heimtücke.
Er soll am vergangenen Mittwoch auf dem Angermunder Waldparkplatz drei Schüsse auf einen 36-jährigen Bekannten aus Köln abgefeuert haben. Mögliches Motiv könnte sein, dass der inzwischen Verhaftete seine Schulden, einen Geldbetrag in fünfstelliger Summe, nicht an das Opfer zurückzahlen wollte.
Verdächtiger ist bereits vorbestraft
Der dringend Tatverdächtige war bereits früher polizeilich in Erscheinung getreten - unter anderem wegen Bankraubes, Erpressung und Betruges. Erst im Mai 2010 war der 48-Jährige aus der Haft entlassen worden.
Noch gibt es einige Widersprüche zum Ablauf des Geschehens, im Großen und Ganzen glauben die Ermittler aber, den Fall gelöst zu haben. Die Chronologie der vergangenen Tage:
Mittwoch, 14.50 Uhr. Auf der Lintorfer Waldstraße torkelt ein blutüberströmter Mann auf einen Lieferwagen zu, um auf sich aufmerksam zu machen. Das Auto stoppt, der 36-Jährige stürzt auf die Motorhaube. Weitere Fahrzeuge halten, vier Zeugen eilen dem Schwerstverletzten zu Hilfe. Vor allem eine Frau kümmert sich um ihn. Er kann ihr noch den Vornamen des Täters sagen und dass er kurz zuvor auf seinem Handy mit ihm telefoniert habe. Dann zeigt er noch Richtung Wald. Dorthin ist der Schütze geflüchtet.
Der Tatort wird weiträumig abgesperrt: der Angermunder Wanderparkplatz an der Kalkstraße, wo das Auto des Opfers steht. Die Fahnder entdecken 200 Meter weiter eine Tüte mit zahlreichen Pistolenpatronen. Die Hülsen der abgeschossenen Kugeln sind unauffindbar. „Das spricht für eine professionelles Vorgehen“, wird der Leiter der Mordkommission, Rainer Zöllner, später berichten.
Gesuchter ist ein Bekannter aus der Sowjetunion
Dank der Daten auf dem Handy kann Boris S. schnell identifiziert werden. Tags darauf ist das Opfer außer Lebensgefahr, spricht mit der Mordkommission. Der Gesuchte sei ein Bekannter, ein „Landsmann“ von ihm - beide stammen aus der früheren Sowjetunion.
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Aufgrund der Tatumstände und der Vorgeschichte des Verdächtigen entscheidet Kriminaldirektor Roland Wolff, ein Spezialeinsatzkommando anzufordern. Am Donnerstag misslingt der erste Zugriff. Der arbeitslose Familienvater Boris S. ist nicht Zuhause. Die Fahnder bekommen heraus, dass er sich bei seiner Tochter in Dorsten versteckt.
Noch am gleichen Tag, um 14 Uhr, stürmen schwer bewaffnete SEK-Männer das Haus. Sie warten genau den Zeitpunkt ab, wo zwei Kinder, die sich ebenfalls im Gebäude aufhalten, außerhalb der Gefahrenzone sind. Der völlig Überraschte lässt sich widerstandslos festnehmen. Er legt ein Teilgeständnis ab, gibt auch zu, eine Waffe getragen zu haben, die er später im Wald in einen Bach geworfen haben will. Ob er geschossen hat, sagt er nicht. Schweigen.
Kugeln trafen mehrere Organe - es bestand Lebensgefahr
Das Opfer sagt, sich telefonisch mit Boris S. vor dem S-Bahnhof Angermund verabredet zu haben, um das geliehene Geld zurück zu bekommen. Doch der Verdächtige wolle erst mit ihm zum Waldparkplatz fahren, angeblich um sich mit einem Pärchen zu treffen, das einen Geländeauto an ihn verkaufen wollte. Warum das Opfer bereit war, auf diesem Parkplatz 90 Minuten mit dem Täter zu warten, bleibt auch für die Kripo ein Rätsel.
Plötzlich, so die Aussage des Verletzten, habe der Täter sich mit dem Satz „Ich habe etwas vergessen“ zur Rückbank begeben und von dort zwei Mal auf den 36-Jährigen gefeuert. Der Angeschossene sei aus dem Pkw getaumelt, der Täter hinterher, dann habe er auf den Kopf gezielt. Die Kugel drang in den Schulter-Hals-Bereich ein. Bedrohlicher waren die anderen beiden Einschüsse. Die Kugeln trafen mehrere Organe. Bei einer Not-OP retteten die Ärzte der Uniklinik Düsseldorf dem lebensbedrohlich verletzten Kölner das Leben.