Düsseldorf. . Ein Familienvater stürzte, als er verfolgt wurde, in eine Schaufensterscheibe und starb. Nun müssen sich deswegen zwei Männer (23 und 24) wegen Totschlags vor dem Landgericht in Düsseldorf verantworten. Der Prozessauftakt fand unter schweren Sicherheitsvorkehrungen statt. Tränen flossen, Beleidigungen wurden ausgestoßen.

Es geht so schnell: Schatten rennen vorbei, kommen zurück, treffen weiter entfernt aufeinander. Kaum ist zu erkennen, dass einer stürzt, ob und wie die anderen weiter auf ihn schlagen oder treten, dann weglaufen. Und doch geht ein Seufzen und Stöhnen durchs Publikum.

Der kurze Film zeigt die Hetzjagd im November 2011, an deren Ende Ömer H. (24) an der Kö in Düsseldorf in ein Schaufenster stürzte und sich tödliche Verletzungen zuzog. Vor dem Landgericht Düsseldorf begann Freitag der Prozess gegen die zwei jungen Männer, vor denen Ömer H. weglief und denen der Staatsanwalt gemeinschaftlichen Totschlag vorwirft.

Laut Anklage gerieten sie am frühen Morgen des 5. November in der Disko Checker’s mit Ömer H. in Streit. Der 24-Jährige lief durch das Kö-Center davon, Mohamed T. (23), Ibrahim S. (24) verfolgten ihn. Mohamed T. soll Ömer H. in das Fenster gestoßen haben, dann sollen er und Ibrahim S. nachgetreten haben, so dass sich die zerbrochene Scheibe tiefer in den Hals des 24-Jährigen bohrte. Er starb später durch den Blutverlust.

Angeklagte hören schweigend zu

Die Angeklagten, zwei kleine, muskulöse junge Männer, hören schweigend und mit gesenktem Kopf zu. Weniger ruhig bleibt es im Publikum: Rund 60 Menschen sitzen aus Sicherheitsgründen hinter einer Glasscheibe. Davor sitzen als Nebenkläger Mutter und Vater, Schwester, Bruder und die Ehefrau von Ömer H.

Prozessauftakt: Die Schwester des Opfers im Gerichtssaal des Landgerichts Düsseldorf. Foto: Uwe Schaffmeister / WAZ Foto Pool
Prozessauftakt: Die Schwester des Opfers im Gerichtssaal des Landgerichts Düsseldorf. Foto: Uwe Schaffmeister / WAZ Foto Pool

Beim Verlesen der Anklage sind Schluchzer zu hören und als die Verteidiger erklären, dass ihre Mandanten am ersten Tag nicht aussagen, zischt es „Feiglinge!“ Als der Vorsitzende Richter den Film ankündigt, verlassen Schwester und Bruder den Saal. Vater, Ehefrau und Mutter schauen weinend das Video an, die Mutter presst sich zitternd ein Tempo-Knäuel in den Mund.

Mehrmals laufen die Bilder aus Kameras im Kö-Center über zwei Großbildschirme, in Zeitlupe und in Vergrößerung. Nach der Jagd folgen Bilder von der Disko-Treppe vor der Hetzjagd und am Ende Aufnahmen, auf denen Ömer H. zu dieser Treppe zurücktaumelt, eine Blutspur hinterlassend, am Ende umfällt. Da nehmen zwei Wachtmeisterinnen Ehefrau und Mutter, die beide weinen, in den Arm. Der Vater ringt um Fassung, geht.

Geständnis bei der Polizei

Nach einer Pause berichtet ein Kripobeamter von Mohamed T.s Aussage bei der Polizei. Damals gab er zu, den entscheidenden Stoß gegeben zu haben. In seiner Schilderung klingt der Hergang wie ein Unfall: Er habe gestoßen, Ömer H. sei gefallen, er habe gerade noch bremsen können, sei fast auf dem Blut von Ömer H. ausgerutscht. Dann seien sie in Panik weggerannt. Von weiteren Tritten sprach er nicht.

Der Beamte hatte den Eindruck, dass ihm alles leid tut. Laut Protokoll soll er gesagt haben: „Der wollte auch feiern wie wir. Dieser Stoß hätte genauso mich treffen können.“ Ob er die Tritte noch einräumt, könnte sich Montag zeigen. Dann geht der Prozess weiter.