Düsseldorf. .
Bei einem der größten Brände der vergangenen Jahre war in der Nacht zum Montag die halbe Feuerwehr Düsseldorfs im Einsatz, um die Flammen im Geschäfts- und Wohnhaus an der Vennhauser Allee 222 zu löschen.
Erst nach vier Stunden bekamen die Retter das Feuer in Düsseldorf an der Vennhauser Allee 222 unter Kontrolle. Ein Feinkostlager in einem dreigeschossigen Geschäfts- und Wohnhaus wurde in der Nacht zu Montag völlig zerstört. Wegen starker Gebäuderisse können sechs Bewohner, darunter ein Kind, nicht mehr in ihre Wohnungen zurück. Ob das Haus repariert oder abgerissen wird, ist unklar.
Der Schaden beträgt über eine Million Euro. Erst nach über 17 Stunden konnten die Retter abrücken. Noch vor Ort nahm die Polizei einen 24-jährigen Mann fest, der aber nach langen Vernehmungen wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Eine zwölfköpfige Sonderkommission ermittelt wegen schwerer Brandstiftung.
Rettung in letzter Minute
Sonntag, 21.45 Uhr. Der „Tatort“ im Fernsehen ist gerade zu Ende. Da hört Sascha Mergardt Sirenen, riecht den Rauch. Da ist das Haus, in dem er wohnt, selbst zum Tatort geworden. Er muss sich retten wie 13 andere auch. Darunter Mieter Clifford Hintzen. „Ich wollte gerade ins Bett. Da klopft die Polizei, ruft: Raus! Ich dachte zuerst. Das ist ein schlechter Scherz.“ Draußen aber sieht er das Feuer und ist froh, dass er in Sicherheit ist. Einen 61-Jährigen reißt die Feuerwehr aus dem Schlaf und schafft ihn gerade noch rechtzeitig aus der Wohnung.
Wenige Minuten zuvor hat ein Passant das Feuer an der Vennhauser Allee gegenüber der Siedlung „Freiheit“ entdeckt und wählt per Handy den Notruf. Die erste Meldung der Leitstelle lautet: „Zimmerbrand, Vennhauser Allee 222.“ Ein Löschzug rast los. Dort angekommen, sieht der Einsatzleiter, dass das gesamte Erdgeschoss, in dem sich das über 600 Quadratmeter große Lager des Feinkost-Großhandels „Alfa Pack“ befindet in hellen Flammen steht. Über Funk ordert der Zugleiter alle verfügbaren Kräfte an: Alarm für vier Löschzüge, für die Freiwilligen Feuerwehren Kaiserswerth und Unterbach für die Sonderwache Posener Straße, für Rettungssanitäter und Notärzte - und für das Technische Hilfswerk - für insgesamt 150 Feuerwehrleute. Während eine Armada von Blauröcken loszieht, kämpfen sich sechs Rettungstrupps von Etage zu Etage, treten alle Türen ein, vergewissern sich, dass keiner mehr in den 21 Wohnungen ist. Gleichzeitig heißt es: Wasser marsch! Jede Minute 1000 Liter!
Tausend Grad Höllenhitze
Es ist trotzdem fast ein verlorener Kampf. Das Feinkost-Lager im Erdgeschoss, in dem gerne Pizzeria-Betreiber einkaufen, ist verloren. Zahlreiche bis zur Decke gestapelte Paletten mit Mehl, Käse Mayonnaise und Frittierfetten schmelzen und verschmoren zu einer glühend klebrigen Masse, während die Sekt-Kisten zerplatzen. Bei tausend Grad Höllenhitze müssen die schnell erschöpften Löschtrupps schon nach wenigen Minuten ausgetauscht werden. 150 Atemschutzgeräte werden gebraucht. Die Feuerwehr-Werkstatt hat die ganze Nacht zu tun, um die Flaschen für die Reserve nachzufüllen. Feuerwehrsprecher Heinz Engels: „So etwas habe ich noch nie erlebt.“.
Der erste Plan, mit einem großen Bagger die brennenden Paletten aus dem Geschäft zu fahren und abzulöschen, muss wieder aufgegeben werden. Der Boden könnte unter der Last des Baggers einstürzen. Der zweite Versuch gelingt: Die Männer stemmen auf der Rückseite des Gebäudes ein Loch in die Wand und rücken mit einem kleinen Radlader vor, um an die Glutnester zu kommen.
Am Tag danach: Bewohner stehen fassungslos vor dem stark beschädigten Haus. Sie mussten die Nacht im Hotel oder bei Bekannten verbringen. „Ich habe keine Ahnung, wie es weiter geht“, sagt Sascha Mergardt. „Ich muss rein. Ich brauche wenigstens ein paar Klamotten.“ Clifford Hintzen hat die Hoffnung schon aufgegeben, macht sich mit einer Tasche auf den Weg in eine Notunterkunft. Ein Versicherungsvertreter hat noch Glück im Unglück: Er benötigt dringend Vertragsdokumente aus der Wohnung. Die Feuerwehr besorgt sie ihm.
Wieder auf freiem Fuß
Zwar gibt der Statiker am Nachmittag Teilentwarnung: Das Gebäude sei nicht einsturzgefährdet. Doch nur die Mieter der zweiten und dritten Etage können zurück. Wegen eines 29 Meter langen Risses an der Außenwand bleibt die erste Etage gesperrt.
Noch in der Brandnacht fällt der Polizei ein 24-jähriger Verdächtiger unter den Schaulustigen auf, der zum Verhör ins Präsidium gebracht wird. Tags drauf, am Nachmittag , wird er wieder freigelassen. „Es besteht kein dringender Tatverdacht mehr“, erklärt Staatsanwalt Andreas Stüve.