Weit über tausend Radfahrer und Fußgänger verunglückten im vorigen Jahr. Neun wurden getötet, 202 schwer verletzt.
Stadt und Polizei starteten gerade eine Kampagne für mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Eine ganz eigene Sicht der Dinge hat der Bilker Umweltpsychologe Kai Lenßen, der sich bereits für die Lokale Agenda mit den Düsseldorfer Verkehrsproblemen auseinandergesetzt hat. Seine Kernthese: „Die Menschen sind auf den Straßen schlicht überfordert und gestresst.” Und diese „Reizüberflutung” erhöht die Unfallgefahr drastisch. „Unser Gehirn kann das alles nicht mehr so schnell verarbeiten.”
Deshalb ist Lenßen skeptisch, ob zusätzliche Warnsignale - wie akustische Gongs an Gleisquerungen - tatsächlich langfristig den gewünschten Erfolg bringen. Die Gefahr: „Wir können nicht noch mehr wahrnehmen. Wir blenden dann einfach etwas aus.”
Auf positive Sig nale reagieren Verkehrsteilnehmer aber durchaus. Beispiel: Mobile Geschwindigkeitsmesser am Straßenrand, die Autofahrer auf ihr Tempo hinweisen. Wer nicht zu schnell ist, wird mit einem Lächeln („Smiley”) auf der Anzeigetafel belohnt. lenßen: „Das sind Rückmeldungen, die sich bei Autofahrern einprägen.”
Der Umweltpsychologe plädiert für ein flächendeckendes Tempo 30 in Düsseldorf. Dann gebe es weniger Staus, weniger Unfälle. Für eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit wird es keine politische Mehrheit geben. Das weiß er - und setzt auf Einsichten bei Verkehrsteilnehmern. Seine Vision: „Wenn jeder in der Woche auf fünf Autofahrten, egal ob kurze oder lange, verzichtet, dann haben wir keine Probleme mehr mit der Luftverschmutzung und dem Verkehr.”
Kai Lenßen selbst hat für sich schon vor langem persönliche Konsequenzen gezogen: „Natürlich habe ich ein Auto. Aber das benutze ich nur zweimal die Woche für längere Strecken.” Zur Arbeit ins Umweltzentrum an der Merowinger Straße fährt er jeden Tag mit dem Fahrrad.
Spezielle Konzepte fordert der Psychologe für Kinder und Senioren. Kinder können Geschwindigkeiten nicht richtig einschätzen, lassen sich leichter ablenken. Sie müssen in Begleitung mit Eltern die Straßen, die sie künftig benutzen, vorher „selbst begutachten”, um Risiken zu erkennen. Kinde müssen aber auch draußen gefahrlos spielen können. Lenßen veweist hier auf Projekte in der Schweiz, wo Teile von Wohnstraßen stundenweise für Autofahrer gesperrt und zu Spielplätzen werden.
Für Senioren müssten, so Lenßen, mehr Zebrastreifen angebracht und Grünphasen verlängert werden. Ältere Verkehrsteilnehmer sind besonders gefährdet. Sie sehen schlechter, gehen langsamer, reagieren verzögert.