Düsseldorf. Mykhailo kam kurz nach Kriegsausbruch nach Deutschland. So hat er es zu einer Ausbildung als IT-Fachmann bei Vodafone in Düsseldorf geschafft.

Mykhailo Kyrpychenko hat große Träume. Der 19-Jährige, der sich in Düsseldorf bei Vodafone in der Ausbildung zum Fachinformatiker und Anwendungsentwickler befindet, lebt das vor, was viele ukrainische Flüchtlinge versuchen. Er arbeitet an einer Zukunft in einem für ihn zuvor fremdem Land, um irgendwann in eine Ukraine zurückzukehren, in der dann wieder Frieden herrscht und das Land wieder aufgebaut wird. Daran möchte er später dann mit seinen Kenntnissen teilhaben und mitarbeiten. Daher arbeitet er nicht nur fleißig an seinen Deutsch-Kenntnissen, sondern erlernt einen Beruf, den er später auch in seiner ursprünglichen Heimat sehr gut einsetzen kann, um dort zur Sicherheit seines Landes und zum Wohlstand seiner Familie beitragen zu können.

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Mykhailo ist in Saporischschja geboren und ist im März 2022, also rund einen Monat nach Kriegsausbruch, nach Deutschland gekommen. Er war mitsamt seiner Mutter und seiner damals schwangeren Schwester von Freunden der Familie nach Düsseldorf eingeladen worden. Inzwischen hat er eine kleine Nichte, die in der NRW-Landeshauptstadt geboren wurde. Seine Mutter ist Deutschlehrerin, war zuvor Dozentin an der Universität in Saporischschja und ist nun hier Kursleiterin eines Integrationskurses für Flüchtlinge.

Die Verbesserung seiner Sprachkenntnisse war für die Integration sehr wichtig

Während seine Mutter dank der Sprachkenntnisse kaum Probleme mit dem Einleben in Düsseldorf hatte, erkannte Mykhailo, dass auch für ihn die Sprache der Schlüssel zu einer schnellen Integration sei. Schnell erreichte er trotz geringer Vorkenntnisse das sogenannte B1-Niveau. Das bedeutet, dass er nach einer diesbezüglichen Prüfung grundsätzliche Informationen verstehen kann, wenn eine klare Standardsprache gesprochen wird und es um alltägliche Themen wie Arbeit, Schule oder Freizeit geht. Er konnte sich auch einfach und sogar strukturiert zu vertrauten Themen wie persönlichen Interessen und Erfahrungen, Träumen und Zielen äußern, was das Ziel dieses ersten Integrationskurses war.

Trotzdem widmete er sich darüber hinaus täglich noch weitere Stunden dem Erlernen der für ihn neuen Sprache. „Dabei kam mir entgegen, dass in der Ukraine Englisch bereits im Kindergarten gelehrt wird und mir das Erlernen der deutschen Sprache dadurch vereinfacht vorkam, weil viele grammatikalische Strukturen in unserer Sprache ähnlich sind“, sagte Mykhailo. Zum Glück konnte er auch seine Mutter immer wieder fragen. „Ich wusste, mit besseren Deutschkenntnissen wird mein Leben hier einfacher“, meint er.

Seine Schulausbildung setzte er zunächst mit Hilfe von Online-Unterricht fort und schaffte das ukrainische Abitur knapp vier Monate nach seiner Ankunft in Deutschland. Der dazu nötige Online-Test fand damals in Köln statt. Sein großer Wunsch, dann in der Ukraine zu studieren, ließ sich angesichts der kritischen Lage in seinem Heimatland nicht realisieren. Untätigkeit ist offensichtlich das, was Mykhailo nicht aushält. Nach Empfehlung einer Bekannten, die bei Vodafone arbeitet, begann er nur zwei Monate später seine Ausbildung bei dem Telekommunikationsunternehmen in Düsseldorf-Heerdt, wo er laut eigenen Angaben bislang sehr viel Unterstützung erhält. Sprachlich hilft ihm immer noch „Google Translate“, wenn es um komplexe Fachbegriffe in der deutschen Sprache geht. „Mit Gewährleistungsfrist, Beweislastumkehr oder Verbrauchsgüterverkauf konnte ich zunächst ebenso wenig anfangen wie viele Abkürzungen wie BGB, EPK oder FAZ“, erklärt der 19-Jährige.

Mykhailo fühlt sich gut aufgenommen

Mit einem dreiwöchigen Praktikum über die Erasmus-Förderung in Dublin erweiterte er seine Erfahrungen im Herbst 2023, um sich noch breiter aufzustellen. In einem Krankenhaus der irischen Hauptstadt leistete er wertvollen IT-Support, weil ihm die tägliche praktische Arbeit mit Computern viel Spaß macht. „Ich überlege nun, vom reinen Programmieren etwas mehr in Richtung Systemintegration zu gehen“, sagt der junge IT-Fachmann. Doch Mykhailo weiß genau, dass er sich weiterbilden muss, um in seinem Job und Leben erfolgreich sein zu können.

Sein Weg ist wie der anderer ukrainischer Flüchtlinge nicht einfach. Fast alle wollen hier die Zeit gut nutzen, um wie Mykhailo dann irgendwann wieder in die Heimat zurückzukönnen, ohne die Zeit hier in Deutschland nutzlos vertan zu haben. Der 19-Jährige ist jedenfalls weltoffen und auch noch nicht endgültig festgelegt, wohin ihn sein Lebens- und Berufsweg führen wird. Er fühlt die Unterstützung seiner Familie und seines Arbeitgebers, hat inzwischen mehr als ausreichende Sprachkenntnisse, die ihm die Integration erleichtert haben, aber das Leben in Deutschland ist auch angesichts mancher bürokratischen Hürden nicht gerade ein Zuckerschlecken - aber er ist sehr dankbar für die Möglichkeiten, die sich ihm in Düsseldorf bieten. Die Menschen hier haben ihn gut aufgenommen, er spürt jedenfalls in seiner Umgebung keinen Fremdenhass, sondern Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit.

Nun hofft der Auszubildende, dass er dem Land und den Menschen auch etwas zurückgeben kann, solange er in Deutschland lebt. Dennoch überwiegt sein sehr verständlicher Wunsch: „Ich möchte möglichst bald ein glückliches Leben in meinem ursprünglichen Heimatland führen.“ Dem ist wenig hinzufügen - außer dem Wunsch nach Frieden in ganz Europa.