Düsseldorf. Priester dürfen nun gleichgeschlechtliche Paare segnen. Der Schritt findet in Düsseldorf Zustimmung, aber die Reformer sind noch nicht zufrieden.

Die Entscheidung von Papst Franziskus, Segnungen auch für unverheiratete und gleichgeschlechtliche Paare zu erlauben, wird in Düsseldorf freudig aufgenommen. „Dieser Text ist sehr erfreulich, da er uns Seelsorgern nun die Möglichkeit gibt, Segnungen auch für gleichgeschlechtliche Paare unter genau festgelegten Bedingungen vorzunehmen“, kommentiert der katholische Stadtdechant und Pfarrer Frank Heidkamp die „erstaunliche Entscheidung“. Segnungen seien an alle gerichtet, niemand dürfe ausgeschlossen werden, gibt Heidkamp den päpstlich gebilligten Text wieder. „Ich begrüße diese Entscheidung sehr, da sie für viele Paare eine erfreuliche Nachricht ist.“ Das Dokument sei eine echte Weiterentwicklung, betont der Geistliche. „Darauf haben wir in Deutschland lange gewartet.“

„Ich bin froh, dass das jetzt mal im Vatikan angekommen ist!“

Zur queeren Community haben die Düsseldorfer Katholiken schon lange ein offeneres Verhältnis als die Kirchenspitze in Rom: Der Christopher Street Day beginnt in Düsseldorf seit vielen Jahren mit einem gut besuchten ökumenischen Gottesdienst. Dieser findet abwechselnd in einer evangelischen und einer katholischen Kirche statt, erklärt Karl-Heinz Wahle, Vorsitzender des Vereins CSD Düsseldorf. „Im vergangenen Jahr fand der in der Lambertuskirche statt. Dass das mal passiert, hätte ich nie gedacht.“ Schon seit 2006 gehören Gottesdienste zum CSD in Düsseldorf, sagt er. Die Kirchenvertreter seien den Organisatoren dabei schon lange sehr offen begegnet: „Auch schon der Vorgänger von Herrn Heidkamp, Ulrich Hennes. Ich bin froh, dass das jetzt mal im Vatikan angekommen ist!“ sagt Wahle.

Das passe auch wunderbar zu dem von ihm erdachten, und vom Carnevals Comittee angenommenen, Karnevalsmotto „Wat et nit all jöwt“ („Was es nicht alles gibt“), findet Wahle. „Da könnte Jacques Tilly gleich einen Wagen zu machen.“ Zwar sind nach der Entscheidung des Papstes kirchliche Ehren zwischen homosexuellen Paaren immer noch nicht möglich, doch Wahle könne sich vorstellen, dass auch das in Zukunft folgt. „Das wäre der nächste Schritt.“

Es gab bereits Segnungen „unter der Hand“

Wieso die Entscheidung genau jetzt zustande gekommen ist, könne er zwar nicht nachvollziehen, sie sei allerdings ein wichtiges Zeichen. Besonders deswegen, so Wahle, weil es in den vergangenen Jahren wieder eine schwierigere Entscheidung geworden sei, sich zu outen und sich offen als homosexuell erkennen zu geben. Er wünsche sich, dass auch die anderen Religionen auf diese Entscheidung der katholischen Kirche mit mehr Toleranz für homosexuelle Menschen reagieren.

Auch Andreas Mauska, Präsident der KG Regenbogen, muss sofort an das aktuelle Karnevalsmotto denken: „Wat et nit all jöwt“, sagt Mauska mit einem Lachen. Von der KG, die Deutschlands größter lesbisch-schwuler Karnevalsverein ist, werde diese Änderung als sehr positives Signal verstanden. „Das ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Dahin, dass die Liebe an sich anerkannt wird.“ Er selber überlege, sich mit seinem Mann segnen zu lassen – etwas, dass ihnen zur Zeit ihrer Heirat nicht möglich war. Auch weiteren Mitgliedern der KG Regenbogen sei diese Möglichkeit wichtig, berichtet er. Und: Er wisse auch von Ehepaaren im Verein, die eine Segnung bereits „unter der Hand“ erhalten haben, verrät er. Dass auf die Änderung in näherer Zukunft auch gleichgeschlechtliche kirchliche Hochzeiten in der katholischen Kirche folgen könnten, kann er sich nicht vorstellen. „Dieser Schritt wird, wenn er denn kommt, noch lange dauern“, denkt Mauska.

Reform-Bewegung fordert weitere Schritte

„Auf den ersten Blick denkt man, es tut sich was“, sagt Angelika Erkelenz, die sich in der Kirchen-Reform-Bewegung Maria 2.0 engagiert und Mitglied im Pfarrgemeinderat der Gemeinde St. Matthäus ist. Die Entscheidung sei ein kleiner Schritt, der auch gewürdigt werden sollte. „Nur ist man damit noch lange nicht da, wo man sein sollte.“ Es habe bisher ohnehin in vielen Gemeinden in Deutschland die Praxis gegeben, dass Geistliche gleichgeschlechtliche Paare segnen – im Geheimen. Das werde durch die Entscheidung des Papstes nun legitimiert. Doch: „Die Diskriminierung ist weiterhin da“, sagt Erkelenz. Denn ein solcher Segen für Paare dürfe auch nach der neuen Regelung nicht im Gottesdienst passieren, keine sakramentale Form haben und gelebte Homosexualität werde weiterhin als Sünde behandelt.

Warum der Papst gerade jetzt diese Änderung verkündet, das sei ihr nicht klar. „Vielleicht soll die Kirche vor Weihnachten positiv dastehen. Vielleicht möchte der Papst aber auch wirklich ein Zeichen setzen. Ich würde es mir wünschen.“ Denn in vielen Ländern sei die Einstellung der Kirche zu Homosexualität noch nicht so, wie in Deutschland – etwa die „heimliche“ Segnungspraxis habe es dort nicht gegeben. „Da könnte es ein Anstoß sein, der wirklich etwas bewegt.“ Erkelenz wünscht sich eine katholische Kirche, die überall für Menschenrechte eintritt, erklärt sie.

Bei dem „kleinen Schritt“ dürfe es nicht bleiben, findet Erkelenz. Die Kirche müsse sich weiter hin zu mehr Gleichberechtigung entwickeln, wie es Maria 2.0 fordert – auch etwa, was die Gleichberechtigung von Frauen betrifft. Das könnte ebenso dazu führen, dass die Austrittszahlen aus der Kirche nicht so rasant fortschreiten, denkt die Katholikin.

Auch dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDJK) Düsseldorf geht die Änderung noch nicht weit genug: „Die Grundsatzerklärung ‚Fiducia supplicans‘ ist ein überfälliger Schritt in die richtige Richtung und ein Erfolg. Gleichzeitig bleiben weitere große Schritte bis zu einem grundlegenden Sinneswandel bestehen“, erklärt Sebastian Bocionek, der im Düsseldorfer Stadtvorstand des BDJK sitzt. Solange der Abstand zur Ehe gewahrt bleiben müsse und queere Partnerschaften als Sünde angesehen würden, sei ein wirklicher Sinneswandel nicht vollzogen.