Düsseldorf. Eine geplante Reform im Bund würde bei der Blutspende Sonderregeln für schwule Männer abschaffen. Das stößt auf viel Zuspruch.
Für Männer, die Sex mit Männern haben, gelten bei Blutspenden bisher andere Bedingungen als für alle anderen. Sie dürfen kein Blut spenden, wenn sie in den letzten vier Monaten mit einem neuen Partner oder mehr als einem Partner geschlafen haben. Sonstige Blutspender treffen auf geringere Hürden – für sie gilt die viermonatige Sperre nur bei „häufig wechselnden Partnerinnen und Partnern“. Unnötig und stigmatisierend ist diese Unterscheidung nach der sexuellen Orientierung, so lautet seit langem die Kritik an den Richtlinien der Bundesärztekammer. 2021 waren die einst noch strengeren Sonderregeln für homosexuelle Männer gelockert worden, jetzt soll sie fallen. Das sieht ein Antrag des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach vor. Wird die Änderung im April beschlossen, dann muss die Bundesärztekammer die Richtlinien innerhalb von vier Monaten anpassen.
Idee für Spenden-Event mit KG Regenbogen
„Damit fällt eine der letzten Hürden, um auch in diesem Bereich Gleichberechtigung herzustellen, freut sich Andreas Mauska vom KG Regenbogen, Düsseldorfs Schwul-Lesbischem Karnevalsverein. Die Doppelstandards, die aus der Zeit der Aids-Epidemie stammen, sind stigmatisierend, sagt er. „Es war lange ein Tabuthema.“ Wenn die Änderung in Kraft tritt, dann denkt er, wäre ein Großteil der Menschen aus seinem Verein bereit, Blutspenden abzugeben, er selbst ebenso. „Ob man dazu dann ein Event macht – KG Regenbogen trifft sich, spendet gemeinsam Blut und trinkt ein Bier im Nähkörbchen – das wäre eine Überlegung wert“, findet Mauska. Er könne sich so eine Party gut vorstellen.
„Als schwuler und verheirateter Mann finde ich diesen Schritt sehr überfällig“, sagt Düsseldorfer SPD-Vorsitzender Oliver Schreiber. „Es lässt sich nicht an der sexuellen Orientierung ablesen, wie das Sexualverhalten aussieht.“ Dass jemand, der wegen oft wechselnder Partner ein höheres Risiko für bestimmte Krankheiten hat, dann mit dem Spenden warten muss, finde er richtig. Das habe aber nichts damit zu tun, ob man auf Frauen oder Männern steht. Zwar habe die ungleiche Richtlinie sein Leben nicht merklich eingeschränkt, dennoch sei es richtig, wenn sie entfällt: „Diese Stigmatisierung bei der Blutspende steht für alte Denkmuster, die wir hinter uns lassen müssen.“ Auch er habe deswegen in der Vergangenheit das Gefühl gehabt, dass sein Blut wegen seiner Sexualität nicht gewollt werde. Nach der bevorstehenden Änderung würde er dann aber gerne spenden gehen, so Schreiber weiter.
„Wir begrüßen grundsätzlich jeden Schritt, der es mehr Menschen ermöglicht – für Spender und Empfänger sicher – Blut spenden zu gehen und Vorurteile abzubauen“, sagt Susanne Blödgen von der Blutspendezentrale der Uniklinik Düsseldorf (UKD). Da schon jetzt eine Blutspende für viele Männer, die mit anderen Männern Sex haben, möglich ist, erwarte man am UKD keinen überdurchschnittlich hohen Anstieg an Blutspenden. „Wir befürworten aber jeden Schritt, der es mehr Menschen sicher möglich macht, Blut zu spenden und freuen uns über jede Person, die bei uns zur Blutspende kommt.“
Spender dringend gebraucht
Angesichts von Medienberichten über sinkende Blutspendebereitschaft ruft das UKD daher nun dringend zur Spende auf – denn nötig seien sie bei vielen lebenswichtigen Operationen. Das UKD selbst deckt etwa ein Drittel des eigenen Blutkonservenbedarfs ab, der Rest kommt von Externen.
Anfang Januar war die Verfügbarkeit von Blutkonserven auf einem dramatischen Tiefstand. „Deswegen haben wir unseren Notruf veröffentlicht“, erklärt Stephan Küpper, Pressesprecher des Blutspendedienst West des DRK, der auch Düsseldorf abdeckt. In den letzten zwei Wochen habe sich durch die öffentliche Aufmerksamkeit die Lage etwas erholt, auch wenn der angestrebte Vorrat bisher nicht erreicht wurde.
Ob die Richtlinie geändert wird, sei eine medizinisch-wissenschaftliche Entscheidung, die nicht auf eine Lösung des Knappheitsproblems abzielen sollte, erklärt er. „Wir freuen uns über jeden Menschen, der Blut spendet“, so Küpper.
Sollte, sofern die Richtlinie geändert wird, unter schwulen Männern der Anteil der Spender verhältnismäßig so gering bleiben, wie an der Gesamtbevölkerung, dann werde der Blutkonserven-Mangel bleiben. Er appelliert deswegen an Spendewillige, am besten auch mehrmals im Jahr bei einer der Spende-Stellen vorbeizuschauen, die etwa im Stadtgebiet mobil eingerichtet werden.
Klartext von Christopher Damm
Dass das Deutsche Rote Kreuz und Krankenhäuser wie die Uni-Klinik seit Monaten händeringend für den lebenswichtigen Vorrat an Blutkonserven nach Blutspendern suchen, ist kein Geheimnis. Nicht nur deswegen ist es längst überfällig, die Hürden für schwule Männer, die bereit sind, ihr Blut zu spenden, nach unten zu schrauben. Es liegt daher nun an der Bundesärztekammer, der Stigmatisierung von Männern, die gerne Sex mit anderen Männer haben, endlich ein Ende zu setzen.
Denn die Zeiten, in denen das Aids auslösende HI-Virus diskriminierender Weise als „Schwulen-Krankheit“ bezeichnet wurde, sind glücklicherweise schon länger vorbei.