Düsseldorf. Das Tierheim in Düsseldorf setzt ein Zeichen vor Weihnachten - trotz Überbelegung. Warum ein Tiergeschenk keine gute Idee ist, sagen Fachleute.
Immer noch scheinen es einige Menschen für eine gute Idee zu halten, zu Weihnachten Tiere zu verschenken. Doch die Freude über den neuen Mitbewohner kann sich schnell in Überforderung verwandeln. Das traurige Schicksal der plötzlich ungeliebten Tiere besteht im besten Fall darin, dass sie im Tierheim abgegeben werden. Zum Beispiel im Clara-Vahrenholz-Tierheim in Düsseldorf-Rath.
Doch die Einrichtung im Düsseldorfer Norden ist an der Belastungsgrenze. Hier leben 250 Katzen, 134 Hunde und etwa 85 Kleintiere. So wie viele Tierheime in Deutschland stellt auch das Düsseldorfer Haus die Vermittlung einige Tage vor Weihnachten ein. Monika Piasetzky, Vorsitzende des Tierschutzverbands Düsseldorf und Umgebung e.V., erklärt, man wolle verhindern, frisch vermittelte Tiere nach einigen Wochen wieder aufnehmen zu müssen. „Wir fragen aber immer intensiv nach, fühlen den Interessierten auf den Zahn.“ Bei berechtigten Zweifeln bleibt das Tier in Obhut des Heims. Selbst wenn das Tierheim seit einem Jahr ein Drittel über Normalbelegung liegt.
PETA: Nachzucht als Problem
Piasetzky versteht, warum man Tiere verschenken wolle. Es sei ja durchaus eine schöne Vorstellung zum Fest ein neues Familienmitglied zu begrüßen, „aber die Gefahr ist einfach zu groß, dass unbedachte Handlungen dahinterstecken“. Aktivisten von der Tierschutzorganisation PETA machen neben der Praxis, Tiere unüberlegt zu verschenken, allerdings noch ein anderes Problem aus, das besonders Hunde betrifft: „In deutschen Haushalten leben über 10,6 Millionen Hunde. Um die Nachfrage nach bestimmten ‚Rassen‘ zu befriedigen, ‚produzieren‘ Züchter jedoch weiterhin reichlich Nachwuchs“, teilt PETA mit.
Und das vor dem Hintergrund, dass bundesweit ohnehin schon 350.000 Tiere pro Jahr „im Tierheim abgegeben oder einfach ausgesetzt“ werden würden. Deswegen setze sich die Organisation dafür ein, die Rasse-Zucht zu beenden. Mehr als ein Viertel aller in Tierheimen abgegebenen Tiere würden ein Jahr oder länger bleiben – das sei vermeidbar. Wer einen Hund wolle, der solle sich doch lieber einen aus dem Tierheim holen, so der PETA-Appell an Tierfreunde. „Adopt don‘t shop“, heißt die Maßgabe. Zu Deutsch: adoptieren statt kaufen.
Fachleute: Kein neues Problem
Auch das Institut für Verbraucherschutz und Veterinärwesen kennt die Problematik an Weihnachten. Dessen Leiter, Klaus Meyer, betont: „Tierheime erleben jedes Jahr nach der Weihnachtszeit einen großen Andrang von Tieren, die abgegeben werden.“ Daher rät auch er, niemals Tiere zu verschenken: „Die Anschaffung eines tierischen Mitbewohners muss gut überlegt sein“. Es komme darauf an, dass alle Familienmitglieder einverstanden sind, „sich Zeit für das Tier nehmen und ihm eine artgerechte Haltung bieten“ wollen.
Leitfaden vor der Haustieranschaffung
Die Bundesregierung hat einen Leitfaden veröffentlicht, welche Fragen geklärt sein müssen, wenn sich ein Haushalt ein Tier anschaffen möchte.
Zunächst einmal: Passen Art, Rasse und Alter des künftigen Haustiers überhaupt zu den eigenen Lebensverhältnissen? Außerdem: Wie alt und groß kann das Tier werden? Auch muss im Vorfeld geklärt werden, ob die Familie überhaupt genug Zeit hat, sich um das Tier zu kümmern und welches Familienmitglied welche Pflichten übernimmt.
Selbstredend müssen auch die anfallenden Kosten realistisch eingeschätzt werden: Können die Kosten für Futter, Tierarzt, Steuern und eventuelle Versicherungen überhaupt vom Haushaltseinkommen getragen werden? Und teilweise sind es ganz grundsätzliche Fragen, die die Bundesregierung empfiehlt: Gibt es in der Familie Tierhaar-Allergien? Oder: Schränkt der Mietvertrag die Haustierhaltung ein?
Tiere zuhause zu halten, bedeute immer auch Arbeit, stellt der Institutsleiter klar. Nicht zu vergessen sei auch, dass jeder Welpe irgendwann ausgewachsen ist. Im schlimmsten Fall werde das Tier dann einfach ausgesetzt. Meyer empfiehlt: Sollte der Wunsch auch nach Weihnachten bestehen, dann sei das Tierheim die richtige Adresse.
Eine mögliche Lösung: Steuererleichterungen
Tatsächlich wird es auch steuerrechtlich belohnt, sich für einen Tierheim-Hund zu entscheiden. Düsseldorfer Tierschutzhunde sind für ein Jahr von der Hundesteuer befreit. PETA hat bereits einen offenen Brief an Oberbürgermeister Stephan Keller geschrieben. Der Vorschlag: die Steuerbefreiung auf die ganze Lebensdauer des Hundes auszuweiten. Die Hoffnung ist, dass sich dadurch etwas an den Zuständen in den Tierheimen ändert.
Winnie Bürger, stellvertretende Vorsitzende des Tierschutzvereins Düsseldorf, glaubt zwar nicht, dass eine generelle Steuerbefreiung viel mehr Menschen dazu animieren würde, einen Hund zu adoptieren. Ihrer Ansicht nach hat diese Idee aber viel Potenzial bei den sogenannten Listenhunden. Listenhunde sind Hunde, die als gefährlich gelten. Sie sind extrem schwer zu vermitteln. Neben dem Stigma, unter dem diese Vierbeiner stehen, sind vor allem die hohen Steuersätze ein Hindernis. Hat jemand etwa einen Pitbull-Terrier angemeldet, kostet der schon 600 Euro pro Jahr. Bei zwei Listenhunden fallen 1800 Euro an, bei drei liegt der jährliche Steuersatz bei 3600 Euro.
Bürger: „Listenhunde bleiben überproportional lange im Tierheim. Zwei Jahre mindestens. Viele auch bis zu sechs Jahre. Doch Listenhunde, die aus dem Tierheim stammen, sind auch für ein Jahr von der Hundesteuer befreit. Da könnte eine vollständige Steuerbefreiung vielleicht etwas ändern.“ Die Tierschützerin verweist dabei auf die „wirklich netten“ Listenhunde, die im Rather Tierheim leben: „Die meisten Listenhunde kommen nicht zu uns, weil sie gebissen haben, sondern weil sich die Halter nicht an Auflagen gehalten haben.“ Tatsächlich seien die „meisten Listenhunde nicht häufiger in Beißereien verwickelt als andere Rassen.“
In der Landeshauptstadt Düsseldorf sind insgesamt 26.654 Vierbeiner gemeldet, wie aus aktuellen Zahlen des Steueramtes hervorgeht. Steuererleichterung für Listenhunde gebe es aber nur dann, sofern das Tier einen Wesenstest besteht, betont ein Sprecher vom Düsseldorfer Steueramt.