Düsseldorf. Unweit des Hauptbahnhofs Düsseldorf leben Drogenabhängige und Wohnungslose in einer illegalen Siedlung. Nun will die Stadt offenbar durchgreifen.
Die Baugrube am Grand Central in Oberbilk ist bereits seit Monaten ein Ärgernis. Dort leben Obdachlose und Angehörige der Drogenszene unter prekären Bedingungen. Dem Vernehmen nach hat sich die Stadt nun entschlossen, die Grube noch im Herbst ein für alle Mal zu räumen.
Der sozialpolitische Sprecher der Linksfraktion im Düsseldorfer Stadtrat, Helmut Born, wirft der Stadt jedoch vor diesem Hintergrund „Versagen im Umgang mit der sichtbaren Obdachlosigkeit“ vor. Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) stelle sich zwar „gerne als Law-and-Order-Mann dar“, dennoch mangele es der Stadt an Konzepten, mit der Obdachlosen- und Drogenszene umzugehen. Was mit den Menschen geschehen soll, nachdem sie aus der Grube vertrieben sein werden, sei völlig unklar, so Born: „Nach einer Räumung würden viele der suchtkranken Wohnungslosen unmittelbar eine Unterbringung und gesundheitliche Betreuung in räumlicher Nähe zum Hauptbahnhof benötigen.“
Die Stadt schweigt – bisher
Laut Born habe die Stadt aber keinerlei „Gesprächsangebote“ dazu gemacht. Der OB schweige das Thema tot. Deswegen habe die Linke „schlimmste Befürchtungen, was die Stadtverwaltung am Rande eines Polizeieinsatzes tun oder eben unterlassen wird“. Es brauche flankierende Angebote – etwa den Einsatz von Streetworkern. Eine bloße Räumung verschiebe das Problem bloß.
Die Stadt verwies auf Anfrage auf die anstehende Ratssitzung am 9. November – dort wolle man sich der Thematik annehmen. Die Polizei wiederum verwies auf Nachfrage auf die Stadt. Die Polizei würde zwar – sollte es zu einer Räumung kommen – „Amtshilfe leisten“, wie eine Sprecherin mitteilte, zuständig aber sei allein die Stadt.
Drogenhilfe geht Problem vor Ort an
Die Drogenhilfe Düsseldorf etwa schickt viermal pro Woche ihre Streetworker los, damit sie vor Ort helfen können. Normalerweise treten sie im Tandem auf: Eine Sozialarbeiterin und eine medizinische Fachkraft. So könne vor Ort Unterstützung geleistet werden, sagt der Leiter der Drogenhilfe, Michael Harbaum. Er erklärt, dass die Streetworker die Grube nur in Begleitung beträten. Auch gebe es unter den Wohnungslosen einige, die extrem verwahrlost und kaum mehr erreichbar für Sozialarbeit wären: „Aber das sind Einzelfälle. Vieles wird auch übertrieben dargestellt.“ Die Streetworkerinnen fühlten sich in der Grube sicher.
Doch auch Harbaum sieht dringenden Handlungsbedarf. Er steht einer Räumung nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber, verweist aber ebenfalls darauf, dass es dringend flankierende Maßnahmen bräuchte. Die Drogenhilfe stehe der Stadt als Gesprächspartner bereit.
Oliver Ongaro von der Obdachloseninitiative Fitfyfifty ist genervt. „Das Thema beschäftigt uns jetzt schon seit zwei Jahren“. Die Stadt habe dabei schon oftmals eine Räumung angekündigt, ein tragfähiges Konzept aber, was danach zu geschehen habe, sehe er nicht. Wie viele Menschen sich in der Grube täglich aufhalten, ließe sich nicht wirklich beziffern: „Hunderte könnten da sein.“ Wer dabei zur Drogen- und wer zur Obdachlosenszene gehöre, sei nicht trennscharf auszumachen: „Das mischt sich.“
Bezirksbürgermeister: Menschen sind freiwillig in der Grube
Auch der zuständige Bezirksbürgermeister Dietmar Wolf (Grüne) bezeichnet die Baugrube als „Dauerthema“. Er hat an einer Räumung an sich nicht viel auszusetzen, allerdings verweist er ebenfalls darauf, dass es an einem tragfähigen Konzept mangele: „Die Stadt muss Alternativen für die Menschen anbieten“, fordert Wolf. Tatsächlich gebe es ja Angebote der Wohnungslosenhilfe und letzten Endes werde niemand dazu gezwungen, in der Baugrube zu campieren: „Die Menschen sind freiwillig da.“ Doch die Umstände in der Baugrube seien „unmenschlich“ und verlangten nach einer Lösung.
Catella-Group: Kein Problem mit Drogenszene an sich
Nur wenige Meter neben dem Camp stehen neun bezugsfertige Häuser der Catella-Group. Am vergangenen Wochenende sind bereits die ersten Familien eingezogen. Klaus Franken, Managing Partner bei Catella, stellt klar, dass Catella kein Problem mit der Drogenszene an sich habe: „90 Prozent der Leute sind harmlos.“ Es gebe aber einen harten Kern, der vor Gewalt nicht zurückschrecke. Es sei schon beobachtet worden, wie Männer in der Grube mit Eisenstangen aufeinander losgingen. „Das ist natürlich ein Sicherheitsproblem“. so Franken. Daher begrüßt die Catella-Group eine mögliche Räumung. Stellt aber auch klar, dass die Grube anschließend zu sichern sei. Da das Grundstück aber immer noch im Besitz der insolventen Adler-Gruppe sei, habe Frankens Unternehmen keine Handhabe: „Unsere Immobilien haben wir mit Zäunen geschützt und während der Bauphase haben wir es geschafft, die Baustelle zu schützen.“
Insgesamt gibt es auf dem Areal bereits 147 Wohnungen im preisgedämpften Segment. Erste Familien hätten aber schon wieder abgesagt: „Wir hatten Menschen, die eine Wohnung zu sechs Euro den Quadratmeter abgelehnt haben, weil sie das ihren Kindern nicht zumuten wollten.“