Düsseldorf. Ein kurzfristiger Wechsel bei den Gepäckabfertigern führt zu Unklarheit – und vielleicht bald zu Chaos, warnt die Gewerkschaft Verdi.

Noch bis zum 31. März hat das Unternehmen Aviapartner die Lizenz, die Gepäckabfertigung am Flughafen Düsseldorf zu übernehmen. Dann ist nach mehr als 20 Jahren Schluss. Die Entscheidung des NRW-Verkehrsministeriums zur Lizenzvergabe kam kurzfristig vor Weihnachten – und schickte nicht nur die 700 Beschäftigten des Unternehmens in Düsseldorf mit großer Unsicherheit ins neue Jahr.

„Aviapartner versucht gegen die Entscheidung mit rechtlichen Mitteln vorzugehen“, erklärt Verdi-Gewerkschaftssekretär Marvin Reschinsky. Das Unternehmen hat Einspruch gegen die Entscheidung des Ministeriums eingelegt. „Wir versuchen gleichzeitig Sicherheit für die Beschäftigten zu erreichen“, so Reschinsky.

Verdi will mit den neuen Dienstleistern verhandeln

Eine Zusage zur Übernahme der Belegschaft gab es bisher von den neuen Dienstleistern nicht, erklärt er. Obwohl die neuen Lizenzinhaber ein großes Interesse daran haben müssten, die erfahrenen Mitarbeiter zu übernehmen, böten sie aktuell schlechtere Bedingungen als Aviapartner. „Teilweise drei Euro Stundenlohn weniger“, so Reschinsky. Das könne dazu führen, dass viele Beschäftigte die Branche sogar ganz verlassen. Allein unter den bisherigen Bedingungen habe es eigentlich 400 bis 500 zusätzliche Gepäckabfertiger am Flughafen gebraucht. Wenn von den 700 Aviapartner-Mitarbeitern auch nur ein Teil den Beruf wechsele, dann verschärfe sich das Problem deutlich – und ein „Chaos“ wie zeitweise im vergangenen Jahr würde auch in den Osterferien wiederkehren, so Reschinsky.

Am Mittwoch trafen sich 300 der Beschäftigten in einer Betriebsversammlung. Dabei habe unter ihnen eine selbstbewusste Stimmung geherrscht, so Reschinsky. Verdi hat die neuen Lizenzinhaber bereits zu Tarifverhandlungen aufgefordert. Mit Aviapartner verhandelt die Gewerkschaft nun über einen „Tarifvertrag Sozialplan“, der Abfindungen regelt. Sollten diese Verhandlungen nicht erfolgreich sein, dann könne es am Flughafen bald „tage- oder wochenlangen Streiks“ der Gepäckabfertiger kommen, so der Gewerkschafter.

Geteilte Meinung im Aufsichtsrat

„Die Entscheidung des Verkehrsministeriums hätte vor einem halben Jahr getroffen werden sollen“, sagt die Düsseldorfer SPD-Bundestagsabgeordnete Zanda Martens, die im Aufsichtsrat des Airport sitzt. So sei der zeitliche Spielraum jetzt knapp. Sicherheit für die Beschäftigten gebe es bisher nicht, und es sei auch sehr unsicher, ob die neuen Lizenzinhaber bis zum 1. April genug Personal und Gerätschaft haben, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Sollte das nicht der Fall sein, dann befürchtet Martens ein „Chaos“ im Flughafen.

Das wiederkehrende Lizenz-Vergabeverfahren sei grundsätzlich in Ordnung, dabei dürften Beschäftigte und ihre Entlohnung aber nicht zum „Spielball“ werden, findet sie. Es sollte sichergestellt werden, dass Personal unter gleichbleibenden Konditionen angestellt wird. Martens kritisiert auch die 2012 getroffene Entscheidung des Flughafens, sich selbst aus der Gepäckabfertigung zurückzuziehen.

Flughafen-Aufsichtsratsmitglied Monika Lehmhaus (FDP) sieht die Lage nicht so drastisch. Dass die neuen Gepäckabfertiger-Unternehmen einen Plan aufstellen würden, den sie nicht erfüllen können, hält sie für unwahrscheinlich. „Die Konsequenzen für ein Unternehmen wären sehr verlustreich“, sagt sie. „Das will kein Geschäftsführer!“ Doch klar sei auch: am Flughafen gebe es Probleme, Personal zu finden, „wie überall sonst aktuell“.

Viele Flughafen-Beschäftigte haben ihrem alten Arbeitsplatz in der Pandemie aus Sorgen vor der Zukunft ihren Rücken gekehrt, erklärt sie. Gesellschaftlich mache das Problem mit dem Personalmangel nötig, technische Mittel zu finden, die Arbeitskraft ersetzen können, so Lehmhaus. Sie vertraut allerdings darauf, dass im Falle der Düsseldorfer Gepäckabfertiger eine Lösung gefunden wird, bei der die neuen Dienstleister genug der Aviapartner-Belegschaft übernehmen, um ausreichendes Personal zu haben. „Solche Übergänge passieren ja nicht nur am Flughafen, sondern auch vielen anderen Betrieben.“

Klartext von Stephan Wappner

NRZ-Redakteur Stephan Wappner befürchtet eine Blamage für die Stadt und ihren Flughafen.
NRZ-Redakteur Stephan Wappner befürchtet eine Blamage für die Stadt und ihren Flughafen. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Düsseldorf rühmt sich gern damit, dass viele große Veranstaltungen in der NRW-Landeshauptstadt statt finden und eben nicht woanders. Am kommenden Samstag startet hier etwa die Boot, die weltweit größte Wassersportmesse mit zigtausend Besucherinnen und Besucher aus allen Ecken der Welt. Das ist Werbung für Düsseldorf. Wenn gleichzeitig in der Gepäckabfertigung am Flughafen gestreikt wird, dann ist das sicherlich das gute Recht der Mitarbeiter, aber dann geht die Werbung für die Stadt schnell nach hinten los. Viele Gäste reisen eben mit dem Flieger an – der Airport ist Einfalltor und Ausfalltor zugleich, er schafft so oft den ersten und den letzten Eindruck dieser Stadt. Und wenn es wieder chaotische Zustände gibt wie zuletzt bei den Sicherheitskontrollen, dann ist die nächste Blamage perfekt.

Unternehmen, die einzig auf Gewinnmaximierung aus sind, dazu lahme Politikerinnen und Politiker, die zu wenig dagegen tun. Und eine Stadt, die im Sinne ihrer Tochtergesellschaft zu wenig Druck auf die Politik ausübt – die Mischung am Düsseldorfer Flughafen ist toxisch. Es muss sich schnell etwas ändern. Aber das schreiben wir schon seit Monaten.