Düsseldorf. Seufzer hört man öfter, als am Freitag viele Menschen am Flughafen Düsseldorf in den Pfingsturlaub starten wollen. Ein Bericht von vor Ort.
Zwei weißhaarige Frauen mit Rucksäcken gehen an den Scheiben vorbei, durch die man einen Blick auf die Sicherheitskontrolle werfen kann. „Oh je“, entfährt einer von beiden ein Seufzer. Dabei ist die Schlange um kurz nach 8 Uhr morgens mal gar nicht so lang. Um die Menschenmengen gleichmäßiger auf die drei Gates zu verteilen und wohl auch um weitere Bilder von vielen wartenden Menschen zu vermeiden, lassen zwei Männer keine weiteren Reisenden mehr hinein. Auf englisch und deutsch schicken sie sie zu einem anderen Eingang. „Gehen Sie nach Gate B – dort geht es schneller“.
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Kurze Blicke nach rechts, links, hinten zur Orientierung und schon setzt sich der Frauentrupp geschlossen mit ihrem Handgepäck auf Rollen in Bewegung. Um 5 Uhr morgens sieht es hier jedoch ganz anders aus. Insbesondere vor Gate A standen die Reisenden in einer langen Schlange, die vom Kontrollbereich bis weit in die Abflughalle reicht. Nicht alle Kontrollstellen, die theoretisch offen sein könnten, sind es auch. Auch zu diesem Zeitpunkt schon werden die Menschen zu Gate B gebeten. „Wie eine Kuhherde“, sagt eine ältere Frau. Vor Gate B sind drei Kontrollstellen geöffnet. Um 6 Uhr schließt eine: Zeit für Pause. Das Verständnis dafür hält sich in Grenzen .
„Das ist ärgerlich für unsere Gäste“
Die Gewerkschaft Verdi hat befürchtet, dass es am langen Pfingstwochenende zu langen Wartezeiten kommen wird, weil das Sicherheitspersonal wie so oft unterbesetzt ist. Wenn sich Fluggäste jetzt schon auf lange Wartezeiten einstellen müssen, wie wird es erst zum Ferienstart aussehen?
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Auch Donnerstagfrüh war es voll am Flughafen. Flughafen und Bundespolizei kündigten an: Morgens werde die Lage entspannt sein, weil die Airlines ihre Check-In-Schalter bereits um 3 Uhr öffnen. Das war nicht so. Donnerstag um 3.15 Uhr stehen Hunderte Passagiere vor den Schaltern der Eurowings – sie sind geschlossen. „Die Fluggäste kommen mitten in der Nacht hierhin und stehen sich dann die Beine in den Bauch“, sagt ein Mitarbeiter vom Eurowings-Check-In.
„Das ist ärgerlich für unsere Gäste. Und das nur, weil falsche Informationen gegeben werden.“ Bei Eurowings öffnen an diesem Tag die Schalter um 3.45 Uhr. Nach dem Check-in gehen die Passagiere zur Sicherheits- und Handgepäckkontrolle. Die ersten kommen noch gut durch, dann kann man zusehen, wie die Schlage wartender Passagiere immer länger wird. „An uns liegt es nicht“, so der Check-in-Mitarbeiter. Als ein Mitarbeiter der für die Sicherheitskontrolle zuständigen Firma DSW um 4 Uhr freudestrahlend von einem abfliegenden Passagier nach Mallorca mit den Worten „Schön, dass es hier so schnell klappt“ begrüßt wird, sagt der: „Sie haben Glück, dass Sie früh dran sind. In 20 Minuten sieht es hier ganz anders aus.“
Reisegruppe ist fast viereinhalb Stunden vor Abflug in Düsseldorf
Die gut gelaunte Reisetruppe, die sich aus der Kolpingjugend kennt, ist am Freitag vorsichtshalber ganz, ganz früh angereist. Um 13.25 Uhr soll ihr Eurowings-Flieger nach Korfu abheben, um kurz nach 9 Uhr stehen sie schon in der Abflughalle.
Die Gruppenmitglieder kommen aus dem Sauerland, dem Münsterland und aus Bonn. Nur das Pärchen aus Hamburg fehlt noch. Seit 40 Jahren fährt die Gruppe in den Urlaub – jedes Jahr an Pfingsten. Normalerweise zelten sie, alle drei Jahre aber unternehmen sie eine Flugreise, schildert Detlef Hilbers. Es ist also ein wenig Ironie des Schicksals: Wenn man früh da ist, ist nicht viel los. Die Truppe dürfte zügig durch Check-in und Sicherheitskontrolle kommen, zu dieser Zeit gibt es an den Gates B laut Anzeigentafel rund 20 Minuten Wartezeit, an den anderen beiden zwischen 5 und 10 Minuten.
Auch Gewerkschaftssekretär Özay Tarim von Verdi weiß: Die Probleme kommen in Schüben. Mal ist es am Nachmittag extrem voll, mal am frühen Morgen, mal gegen elf Uhr, mal läuft es. Es gebe schlichtweg zu wenig Personal. Die Bundespolizei, so lautet die Kritik des Verdi-Experten für den Bereich, bestelle das Personal einerseits zu knapp, die Sicherheitsfirma wiederum stelle zu wenig Personal zur Verfügung. Rund 500 zusätzliche Sicherheitskräfte bräuchte es allein am Flughafen Düsseldorf, meint Tarim. In Köln bräuchte es seiner Einschätzung nach 100 bis 120 Mitarbeitende zusätzlich zu den rund 580. Ja, auch an anderen Flughäfen gibt es lange Wartezeiten und wenig Personal. Verdi fordert daher, die Sicherheitskontrollen weg von privaten Sicherheitsfirmen zurück in die staatliche Hand zu geben. Würde es mehr Personal geben, könnten an diesem Freitag vor Pfingsten alle Kontrollstellen besetzt werden – und nicht nur ein Teil.
An diesem Freitag sind laut Gewerkschafter Tarim rund 580 Mitarbeiter in zwei Schichten für die Kontrollen im Einsatz. An Gate A sind an diesem Vormittag drei Kontrollstellen besetzt. An jeder Kontrollstelle gibt es zwei Positionen, auf denen es etwas entspannter zugeht – zum Beispiel als Einweiser oder als sogenannter Wannenrückführer. Auf den anderen Position wird mehr Konzentration abverlangt. Deshalb rotieren die Mitarbeitenden alle 20 Minuten, erläutert Tarim. Der Job findet größtenteils im Stehen statt. Verdi fürchtet bei der hohen Belastung um die Gesundheit der Mitarbeitenden. Der Krankenstand sei mit rund 20 Prozent recht hoch.
Auch Bernd Münstermann aus dem Münsterland hat von langen Wartezeiten gelesen und gehört, deshalb ist er mit seiner Familie drei Stunden vor Abflug zum Flughafen gereist. Für sie geht es um 12.40 Uhr für eine Woche nach Palma de Mallorca.
Am Nachmittag wieder längere Wartezeiten angesagt
Während es Vormittags und am frühen Nachmittag also geringe Wartezeiten gibt, weist der Flughafen am späteren Nachmittag auf seiner Webseite bereits auf längere Wartezeiten hin. Um 16.30 Uhr haben sich lange Schlangen gebildet. Alle drei Gates sind voll. Es heißt wieder: Geduld haben. Fluggäste berichten von Wartezeiten von etwa einer Stunde, berichtet Özay Tarim. Nach Einschätzung des Verdi-Experten seien am Nachmittag 100 Kräfte zu wenig bei der Gepäckabfertigung im Einsatz gewesen. Er fürchtet, dass durch die Stresssituation der Krankheitsstand noch weiter steigen könne.
Reisende verpassen Flieger, weil sie in der Kontrolle feststecken
Auch bei den Fluggesellschaften stößt die Problematik im Sicherheitsbereich auf Kritik. „Natürlich sind wir mit der derzeitigen Situation an der Sicherheitskontrolle in Düsseldorf nicht zufrieden – häufig können unsere Flugzeuge nur mit Verspätung abheben, weil Passagiere in der Sicherheitskontrolle stecken – in Einzelfällen war es sogar nicht möglich, sie rechtzeitig zum Flugzeug zu bringen“, erläutert ein Eurowings-Sprecher auf Nachfrage der NRZ. „Allerdings liegt die Sicherheitskontrolle in der ausschließlichen Verantwortung der Bundespolizei – alleine die Bundespolizei entscheidet, wie sie dieser mit dieser hoheitlichen Aufgabe umgeht – und ob sie beispielsweise private Dienstleister damit beauftragt“, erklärt er weiter. Im Interesse der Passagiere erwarte Eurowings nichtsdestotrotz „eine am konkreten Passagieraufkommen orientierte Kapazität, die den Reisenden eine zeitlich akzeptable und möglichst stressfreie Sicherheitskontrolle ermöglicht.“
Eurowings beobachte derzeit zwei Entwicklungen. „Einerseits der immense Nachholbedarf bei Reisen – viele Menschen haben fast drei Jahre keine Flugreise mehr unternommen. Gleichzeitig kommt die gesamte Reisebranche mit dem Rekrutieren von Personal nicht hinterher. An Flughäfen ballt sich zudem die Nachfrage besonders in einzelnen Verkehrsspitzen – wesentlich stärker ausgeprägt als vor Corona.“
Luftfahrt ist ein komplexes System
Eurowings habe sich umfassend auf die Reisewellen vorbereitet und zahlreiche Maßnahmen ergriffen. „Es zeigt sich aber, dass das komplexe System Luftfahrt nur gut funktioniert, wenn die Performance aller Systempartner – also Flughäfen, Bodendienstleister, Bundespolizei, Flugsicherung etc. - wie eine Kette ineinandergreift. Tut es das nicht, sehen wir vorübergehende Störungen im Betriebsablauf.“ Defizite könnten untereinander nicht kompensiert werden. „Wir sind aber überzeugt davon, dass sich die Performance des Luftverkehrs verbessert, sobald ausreichend Personal rekrutiert ist und sich Nachholeffekte abschwächen.“
Früh-Check in und weitere Unterstützung für die Sommerferien
„Die aktuelle Situation ist eine große Belastung insbesondere für unsere Fluggäste und unsere Beschäftigten“, sagt auch Thomas Schnalke, Vorsitzender der Geschäftsführung des Düsseldorfer Airports. „Die Anspannung unter den Passagieren, die sich Sorgen machen, aufgrund langer Wartezeiten am Check-in und an der Sicherheitskontrolle ihren Flug zu verpassen, ist hoch. Hinzu kommt, dass aus den personalbedingten Verzögerungen am Morgen im gesamten europäischen Luftverkehr verzögerte Prozesse resultieren und sich daher über den Tag immer wieder Flugverspätungen aufbauen“, So Schnalke am Freitag in einer Pressemitteilung.
Auch für die nahenden Sommerferien könne müsse man davon ausgehen, dass Passagiere „insbesondere in den Morgenstunden und nach späten Ankünften Geduld brauchen werden.“ Parallel zu den Gesprächen mit der Bundespolizei und einem zweiten Dienstleister, kündigt der Flughafen daher an, das Service-Personal während der Sommerferien zu verstärken. Gleiches gelte auch für die Mitarbeitenden bei der Gepäckabfertigung zu Stoßzeiten. Zudem solle es zu Stoßzeiten weitere Kontrollspuren geben und bei einigen Fluggesellschaften auch die Möglichkeit eines Früh-Check-Ins ab 3 Uhr nachts.
Die Gewerkschaft Verdi bezeichnet die Maßnahme als „Flickschusterei“. Oft seien zu Stoßzeiten alle Flugsteige voll, sagt Özay Tarim. So könne man Passagiere nicht umverteilen. Es sei außerdem nicht fair, den Kunden zu unterstellen, „sie hätten das Fliegen verlernt“. Das Grundproblem sei der Personalmangel bei den Kontrollkräften. (mit dpa)