Düsseldorf. Düsseldorfer berichtet via Facebook, dass sich im Uerige ein Gast rassistisch äußerte. Rassismus sei tagtäglich anzutreffen, sagen Betroffene.

Aktivist Christian Naumann ist entsetzt über einen Vorfall im Uerige. Am Montagabend saß er laut eigener Aussage dort draußen mit einem Freund, als er von einem der benachbarten Tische einen Teil des Gesprächs aufschnappt. Ein anderer Gast, von Naumann um die 50 geschätzt, soll zu seiner Begleitung gesagt haben „jeder sollte einen Nigger haben“. Naumann wurde fast schlecht. „Ich habe ihn dann darauf angesprochen und ihm gesagt, dass solche Aussagen nicht witzig, sondern rassistisch sind. Er bestand aber darauf, dass es seine Meinung ist.“ Doch Naumann ist sauer, spricht den Gast immer wieder darauf an, konfrontiert ihn. „Es war ihm richtig unangenehm. Andere Leute haben schon geguckt.“

Köbes soll nicht vom Hausrecht Gebrauch gemacht haben

Entsetzt war Naumann auch vom Köbes. Als Naumann ihn auf die Äußerung aufmerksam macht, soll der Köbes gesagt haben, dass jeder seine Meinung habe und ja auch Witze über Corona gemacht würden. „Ich hätte mir gewünscht, dass er vom Hausrecht Gebrauch macht und den Gast rauswirft. Das ist nicht passiert. Dadurch, dass solche Sprüche aber nicht bestraft werden, werden sie normalisiert.“

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Dabei ist der Vorfall im Uerige längst kein Einzelfall. So hatte Ende letzten Monats Starkoch Jean-Claude Bourgueil eine rassistische Bemerkungen via Facebook fallen lassen, in dem er die Wiedereröffnung seines Bistros ankündigte und dies mit dem Zusatz „Chinesen nicht erwünscht“ versah. Vor einem Jahr erschütterte auch ein Vorfall in der Rheinbahn die Düsseldorfer: Dort wurde ein junger Mann mit Migrationshintergrund von einer älteren Frau rassistisch beleidigt. Die Rheinbahn-Fahrerin warf damals nicht die Frau aus der Bahn, sondern empfahl dem Mann, sich einfach wegzusetzen.

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NRZ-Redakteur Stephan Wappner
Von Stephan Wappner

Auch die 27-jährige Holali Oumata, Mitorganisatorin der „Black Lives Matter“ Demo in Düsseldorf, kennt solche Begegnungen. Einmal war sie mit ihrer Mutter unterwegs, sie sprachen Französisch. „Ein Mann hat zu uns gesagt, dass Hitler wiederkommen wird und dass in Deutschland nur Deutsch gesprochen wird.“ Zudem werde das „N-Wort“ viel zu oft noch benutzt. „Menschen, die das benutzen, hören nicht auf die Opfer, beharren darauf.“ Oumata wünscht sich, dass sich die Menschen mehr zuhören. Es brauche mehr Menschen, die auf Rassismus aufmerksam und den Mund aufmachen.

Menschen sind „enthemmter“

Für die Düsseldorfer Journalistin und Bildungsreferentin Tina Adomako ist der Alltagsrassismus „systemisch“. „Es gibt immer wieder Beispiele. Bereits vor 25 Jahren habe ich in einem Zeit-Artikel ‘Vortritt für Weiß’ den systemischen, alltäglichen Rassismus beschrieben. Über zehn Jahre lang wurde dieser Text in Schulbüchern zur politischen Bildung verwendet. Geändert hat sich aber nicht viel.“ Schlimmer noch: Seit Pegida, AfD und Konsorten seien viele „enthemmter“: „Es scheint für diese Menschen mehr sagbar zu sein“, so Adomako.

Aus dem Alltag gibt es viele Beispiele – wie etwa bei der Wohnungssuche. Für eine junge Frau aus Palästina versucht sie seit Januar eine Wohnung zu finden – vergeblich. „Das Problem scheint das Kopftuch zu sein.“ Sie selbst hatte ein ähnliches Erlebnis bei einer Stelle, die sie nicht bekommen hat. „Ich kannte aber jemanden in der Firma und der hat nachgefragt, warum ich die Stelle nicht bekommen habe, obwohl sie perfekt passte. Der Grund war meine Hautfarbe“, so Adomako.

Bei Hildegard Düsing-Krems, Vorsitzende der Initiative „Flüchtlinge willkommen in Düsseldorf“, suchen die Menschen oft Rat – und erzählen auch von den Erlebnissen in Düsseldorf. Das Fazit: „Alltagsrassismus ist tagtäglich in unserer Gesellschaft anzutreffen.“ Doch sie hat Hoffnung. Früher sei es schwer gewesen, viele Düsseldorfer zu mobilisieren für einen Protest. Die Black Lives Matter-Demo habe genau das geschafft. „Da waren so viele Menschen, gerade auch junge. Da ist viel Potenzial und ein Bewusstsein da, dass sich etwas verändern muss.“

Übrigens: Zum Vorfall im Uerige erklärt Baas Michael Schnitzler, dass bei „strafbaren Handlungen“ das Hausrecht greift und eingeschritten wird, aber dass „in Streitgesprächen zwischen Gästen nicht eingegriffen wird“: „Das Brauhaus ist ein Treffpunkt. Hier sind 100 Leute und 200 Meinungen.“