Düsseldorf. Stephan Keller will für die CDU in Düsseldorf den OB stellen. Er spricht vom verkehrstechnischen Offenbarungseid von Geisel und der Ampel.

Wir treffen Stephan Keller (CDU) in seinem Büro in Köln am Alter Markt. Er ist Stadtdirektor, hatte am Vormittag eine Aufsichtsratssitzung, gleich geht es zum Abendtermin. Wir sprechen mit ihm über seinen Entschluss, nun doch OB in Düsseldorf werden zu wollen.

Herr Keller, Sie hatten eine Kandidatur als OB-Kandidat der CDU in Düsseldorf vor einem Jahr abgelehnt. Warum haben Sie Ihre Meinung geändert?

Keller: Das lag an der Situation in Köln. Ich war zwei Jahre als Stadtdirektor im Amt und kümmerte mich um sehr wichtige Themen, die meinen vollen Einsatz forderten. Es ging beispielsweise um die Feuerwehr, die große Probleme zu bewältigen hatte. Heute sind die Ämter gut aufgestellt, die Zusammenarbeit im Beigeordnetenkollegium funktioniert. Ich kann den Blick jetzt auch auf anderes richten und finde als Düsseldorfer, dass unsere Stadt den Wechsel braucht.

Düsseldorf ist nun doch Ihr Plan B geworden, weil Sie unglücklich in Köln sind – so sieht es jedenfalls die FDP. Was ist da dran?

Da ist nichts dran. Ich habe hier spannende Aufgaben und arbeite gut und gerne mit der Kölner Oberbürgermeisterin zusammen.

Welche Rolle hat denn gespielt, dass die Kölner CDU im Herbst entschieden hat, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen, sondern die parteilose Henriette Reker erneut zu unterstützen? Es wurde zuvor ja gewitzelt, Sie könnten in zwei rheinischen Städten CDU-Spitzenkandidat werden.

Es waren viele Gerüchte im Umlauf, aber an diesen habe ich mich nie beteiligt.

Was sagt Ihre Familie zu Ihrem Entschluss?

Sie ist sich der Herausforderung bewusst, was es heißen kann, einen OB-Kandidaten oder Oberbürgermeister als Vater zu haben.

Als wir früher einmal über eine OB-Kandidatur von Ihnen sprachen, sagten Sie, das könnten Sie sich nicht vorstellen, auch wegen des Stresses und des Schutzes der Privatsphäre.

Ich habe in den vergangenen drei Jahren gemerkt, dass es Spaß macht, eine große Stadtverwaltung zu führen und sie auch in der Öffentlichkeit zu vertreten. Ich habe dafür auch ein gewisses Talent, wie ich bemerkt habe.

CDU-Chef Thomas Jarzombek nennt sie einen erfolgreichen Kommunal-Manager. Was lässt Sie glauben, auch den politischen Spitzenkampf führen zu können?

Ich bin seit fast zehn Jahren in kommunalen Spitzenpositionen tätig, in Köln führe ich die größte Stadtverwaltung im Land. Ich habe täglich mit dem politischen Meinungskampf zu tun, und ich muss auch Mehrheiten organisieren. Ich bewege mich da also in meinem Element.

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Herr Geisel sagt, er sei auch ein Kandidat fürs bürgerlich-konservative Lager. Was sagen Sie dazu?

Wenn er das behauptet, dann schauen wir am Wahlabend mal, wie viele Stimmen er da holt. Ich glaube aber, dass ein Lagerdenken dieser Art nicht entscheidend ist. Es kommt darauf an, dass an der Spitze der Stadt jemand steht, der integrationsfähig ist und Angebote macht, die über die Grenzen einzelner Milieus hinausgehen.

Was reizt Sie denn an der Vorstellung, Oberbürgermeister von Düsseldorf zu sein?

Düsseldorf ist eine faszinierende, lebenswerte Stadt, ihr und den Menschen fühle ich mich eng verbunden. Ich lebe dort seit Mitte 2006, meine drei Kinder sind dort groß geworden, von daher ist die emotionale Nähe besonders groß. Düsseldorf ist auch eine internationale Metropole, die wieder eine Führung braucht, die ihr gerecht wird.

Was liegt in Düsseldorf heute im Argen?

Düsseldorf wird unter Wert regiert. Wir brauchen einen völlig anderen Politikstil. Ich stehe für klare Führung, mehr Respekt und eine bessere Beteiligung. Wie läuft die Politik denn heute ab? Thomas Geisel kommt mit seiner Ratsmehrheit nicht zurecht, sie stimmt sogar teils gegen ihn.

Sie wohnen in Wersten und kennen die Debatte um die Umweltspuren. Die CDU-Fraktion im Stadtrat will sie abschaffen – sie auch?

Wenn ich Oberbürgermeister bin, schaffe ich die Umweltspuren ab. Ich wohne in Wersten und habe früher 14 Minuten in die Stadt gebraucht, heute sind es 40. Wir hatten einst die beste grüne Welle Europas, wo ist sie hin? Künstlicher Stau bedeutet mehr Emissionen, das ist nicht sinnvoll. Natürlich bedeutet Verkehrswende nicht, breitere Straßen zu bauen. Wir benötigen neue Steuerungssysteme und mehr ÖPNV. Seit der Eröffnung der Wehrhahnlinie, deren Bau ich gesteuert habe, ist kaum etwas geschehen. Wo sind denn die Park & Ride-Plätze und die Mobilitätsstationen, über die seit Jahren diskutiert wird, wo die On-Demand-Systeme? Verkehrspolitisch haben Geisel und die Ampel längst den Offenbarungseid geleistet.

Haben Sie eine Idee, wie man die Mieten in den Griff bekommt?

Wir müssen viele Wohnungen bauen, ja. Aber wir müssen auch auf Qualität achten und die Freiräume erhalten. Ich sorge mich, dass die Lebensqualität leidet, wenn zu viel an falscher Stelle gebaut wird.

OB Geisel – und früher auch OB Erwin – hat seine Familie in Wahlkampfauftritte einbezogen. Haben Sie das auch vor?

Meine Familie soll nicht in den Wahlkampf hineingezogen werden. Es reicht, wenn ich das mache.

Wie vereinbaren Sie den Wahlkampf mit Ihrer Tätigkeit als Stadtdirektor in Köln?

Ich werde mir Freiräume schaffen, aber auch meine Arbeit in Köln nicht vernachlässigen, wo ich eine große Verantwortung habe. Ich denke, das werden auch die Düsseldorfer schätzen. In der heißen Phase, den Wochen vor der Wahl, werde ich Urlaub nehmen.

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Die FDP schickt Frau Strack-Zimmermann in den Wahlkampf. Wie groß ist in Ihren Augen das Risiko, dass Sie dies den Wahlsieg kostet?

Das Risiko halte ich für gering. Die OB-Wahl ist eine personenbezogene Wahl. Zudem werden wir den Düsseldorfern ein gutes Angebot machen. Für mich ist sehr wichtig, dass ich die CDU geschlossen hinter mit weiß.

Gehen Sie zu Spielen des 1. FC Köln?

Ja, aber nicht öfter als zu Fortuna.

Sie sagten auch, Karneval lieber in Köln zu feiern.

Dieses Jahr nicht. Wenn ich eingeladen werde, bin ich auf der Ratstribüne dabei. Sonst sehe ich den Düsseldorfer Zug von woanders.

In Düsseldorf hatten Sie im Kofferraum Ihres Dienstwagens immer ein Faltrad für den Weg nach Hause. Machen Sie das immer noch oder haben das wieder vor?

Ich bin begeisterter Radfahrer und auch schon von Köln nach Düsseldorf geradelt, dann mit dem Rennrad. Ich denke, auch als Oberbürgermeister würde ich mit dem Rad ins Rathaus fahren und abends damit nach Hause. Das macht mir Spaß, ist gesund und muss doch drin sein.