Düsseldorf. Besonders die Düsseldorfer Wehrhahnlinien haben Probleme. Aber auch Verkehr oder Unfälle kosten Zeit.
Die Rheinbahn hat auf der Wehrhahn-Linie ein Pünktlichkeitsproblem. Fast jeder vierte Zug auf den Linien U71 und U83 des Verkehrsunternehmens, die den 2016 eröffneten Tunnel nutzen, ist in Richtung Benrath drei Minuten oder mehr verspätet. Insgesamt kommt im Durchschnitt jeder sechste Zug zu spät. Allerdings zeigen sich deutliche Unterschiede je nach Tageszeit – im Berufsverkehr, der wichtigsten Tageszeit, kommt die Rheinbahn erheblich langsamer vorwärts.
Mehr als 80.000 Abfahrten analysiert
Das sind einige zentrale Ergebnisse eines Datenprojekts unserer Redaktion. Vier Wochen lang wurden über eine Online-Schnittstelle alle Fahrdaten zu den Straßenbahnen und Stadtbahnen gesammelt, die an den Stationen Heinrich-Heine-Allee und Hauptbahnhof abfahren. Dadurch ergaben sich Informationen zu mehr als 80.000 Abfahrten. Solche Auswertungen im Detail veröffentlicht die Rheinbahn nicht.
So kam gut jede sechste Bahn auf den 15 erfassten Linien drei oder mehr Minuten später als im Fahrplan angegeben oder fiel ganz aus. Das deckt sich in etwa mit dem Wert, den die Rheinbahn veröffentlicht hat. Allerdings zeigt die Auswertung die Unterschiede im Tagesverlauf: Im Berufsverkehr, in dem der Großteil der Fahrgäste transportiert wird, sind die Züge deutlich unpünktlicher.
Besonders die Wehrhahnlinien sind verspätet
Einige Linien sind derweil deutlich unpünktlicher als andere. Die hohe Verspätung der Linien U71 und U83 begründet die Rheinbahn mit Schwierigkeiten bei der Verflechtung der Linien auf Höhe Südpark, außerdem verliere die U71 am Brehmplatz viel Zeit. Beim nächsten Fahrplanwechsel verlängert sich deshalb die Fahrzeit. Auf zwei anderen Linien machen der Rheinbahn nach eigenen Angaben Baustellen zu schaffen. Die U75 verliert vor der Schön-Klinik in Heerdt viel Zeit. Die U79 ist von Duisburg kommend deutlich häufiger verspätet als in die Gegenrichtung. Dies liegt laut Rheinbahn an dem Bau eines Hochbahnsteigs in Duisburg – wobei die U79 bereits seit Jahren große Probleme hat.
Ein Spezialfall ist die Linie U78 zur Messe. In den Untersuchungszeitraum (6. Oktober bis 3. November) fallen zwei Fortuna-Heimspiele und die Kunststoff-Messe K. Die U78 verkehrt bei solchen Großveranstaltungen in engem Takt. Laut Rheinbahn wird dann nach Bedarf gesteuert – daher sind die Verspätungen nicht aussagekräftig.
U70 und U77 fallen oft aus
Wegen einer Zunahme von Ausfällen steht die Rheinbahn derzeit in der Kritik. Als Hauptgründe gelten Fahrermangel und technische Probleme. In unserer Auswertung fallen besonders viele Ausfälle auf den Linien U70 und U77 ins Auge. Das bestätigt die Rheinbahn: Beides sind sogenannte Verstärkerlinien, die zusätzliche Fahrten auf viel genutzten Strecken bieten. Diese Fahrten werden zum Beispiel bei vielen Krankmeldungen als erste gestrichen. Die Ausfallquote auf den sonstigen Linien gilt im ÖPNV-Vergleich durchaus als in Ordnung.
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Prügelei, Herzinfarkt und Falschparker
Die Rheinbahn, die sich bereit erklärt hat, die Ergebnisse vor Veröffentlichung zu diskutieren, hat analysiert, welche besonderen Ereignisse angefallen sind. Demnach gab es 157 Verkehrsstörungen. Sie erzählen viel darüber, was im täglichen Großstadtverkehr los ist. Die Rheinbahn verzeichnete 56 Unfälle auf den Gleisen, 49 Mal blockierten Falschparker die Strecke. Drei Mal fuhr sich ein Auto im Gleis fest, etwa an einer Baustelle. Elf Mal wurden Strecken wegen eines Feuerwehr- oder Polizeieinsatzes gesperrt. 38 Mal musste eine Bahn wegen Problemen mit Fahrgästen pausieren, die Vorfälle reichten von Herzinfarkt bis Prügelei. 51 Mal war eine Tür beschädigt.
Die Bahnen absolvieren den Großteil ihrer Strecken im normalen Straßenverkehr. Da der Herbst die verkehrsreichste Zeit ist, kommt die Rheinbahn oft schlecht durch. Auch Verzögerungen beim Einstieg kosten Zeit. Eine Verspätung lässt sich laut Rheinbahn auf Strecken durch die Innenstadt kaum aufholen. „Lange Linien sind anfälliger für Verspätungen“, sagt Mitarbeiter Robin Bertram.
Optimieren und modernisieren
Das Unternehmen hat daher eine „Qualitätsoffensive“ gestartet. Eine Software soll genauer Aufschluss geben, an welchen Stellen Zeit verloren geht. So können etwa Ampelschaltungen optimiert werden. An vielen Stellen ist die Rheinbahn auf Mithilfe der Politik angewiesen. So wurde etwa auf der Lichtstraße in Flingern für ein kurzes Stück eine Fahrspur für Autos gesperrt, damit die Bahn freie Fahrt hat. Durch den kleinen Eingriff kommt die Linie 709 teilweise mehrere Minuten schneller durch.
Die Rheinbahn verspricht außerdem Verbesserungen bei Mensch und Material: 300 Fahrer sollen 2020 eingestellt werden, bis 2030 will man eine Milliarde Euro in Bahnen investieren. „Mit unseren Investitionen allein gelingt aber noch keine Verkehrswende“, sagt Michael Richarz, Vorstand Technik und Betrieb.
Erste Wahl für Mobilität in Düsseldorf
Das Ziel sei, dass die Rheinbahn erste Wahl für Mobilität in und um Düsseldorf werde. „Dafür ist insbesondere die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit unserer Busse und Bahnen ausschlaggebend“, sagt Richarz. „Eine grundsätzliche Bevorrechtigung für den ÖPNV und mehr Unabhängigkeit vom Individualverkehr ist entscheidend für eine erfolgreiche Verkehrswende“, schließt Richartz.