Düsseldorf. Schon seit 40 Jahren gibt es das Jägerstübchen am Itter Friedhof. Hier werden viele Trauermahle organisiert – aber nicht nur.
Trotz früher Stunde flackern Kerzen auf dem Tisch, sie unterstreichen den feierlichen Anlass. Noch sind alle Stühle im Nebensaal der Gaststätte Jägerstübchen leer. Die Brötchen und der Kuchen liegen zum Verzehr bereit. Anita Korff gießt noch schnell die Pflanzen. „Beerdigungen waren immer hier“, berichtet die 76-Jährige, während sie Wasser in den Kübel schüttet. Bereits von Anfang an hätten sie Trauermahle ausgerichtet. Der Friedhof liegt gegenüber, das bietet sich dann an.
Die Stube erinnert an süddeutsche Weinhäuser
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1977 haben sie, ihr mittlerweile verstorbener Mann und ihr Schwiegervater, eine Wohnung an der Itterstraße zur Gastwirtschaft umgewandelt. Hinten ein Biergarten, vorne rechts die Wirtschaft, die ein wenig an süddeutsche Weinhäuser erinnert. Der Saal für die Trauermahle ist dazugekommen: „Den hat mein Schwiegersohn angepachtet“, sagt Anita. So könnten die Betreiber drei bis vier Beerdigungen am Tag stemmen, manchmal gibt es so viele.
Der Schwiegersohn sitzt im Lokal, hellblaues Polohemd, dezente Goldkette. Berthold Schmitz zündet sich eine Zigarette an. Obwohl die Gaststätte ein Nichtraucherlokal ist, macht er das manchmal, wenn kein Betrieb ist. „Ich möchte nicht den Anschein erwecken, dass wir hier nur Trauergäste haben“, sagt er. „Aber wenn abends nicht so viel los ist, dann bist du glücklich, dass du am Tag bereits zwei Beerdigungen hattest.“
Der Mann ist der Angestellte der Frau
Anitas Tochter, Heike Schmitz, hat 2008 die Gastwirtschaft übernommen, ihr Mann Berthold bei ihr angestellt. Die beiden mussten sich erst einmal einarbeiten – Er als gelernter Dachdecker und sie als Frisörin. „Da hängt viel dran, das ist viel Verwaltungsaufwand“, sagt Berthold. Sie führt die Küche, er organisiert und macht den Tresen, sie haben ihre Rollen gefunden.
„Eine 96-Jährige“, sagt Anita Korff, als sie aus dem Saal in das Lokal kommt. Nur sechs Personen sind zum Trauermahl erschienen. „Das ist immer problematisch, man weiß ja nie, wie viele kommen“, erklärt Berthold. Mittlerweile würden weniger zum Leichenschmaus gehen, da sich viele nur für die Beerdigung von der Arbeit freinehmen. Das habe sich verändert. Genau wie die Trinkgewohnheit der Menschen. Anita stimmt ihm zu: „Ein Bierchen und dann ein Schnäpsken“, sagt die Schwiegermutter, das sei früher normal gewesen. Heute, so Berthold, kämen die Leute zum Essen, Trinken gibt’s nur nebenbei.
Es wird gelacht, wenn von den alten Zeiten die Rede ist
Ab und zu Besteck, das klimpert, die Gespräche sind ruhig im Nebensaal. „Manchmal wird richtig viel gelacht“, erzählt vorher noch die Freundin von Anita. Man höre sie bis in die Küche, wenn sie von alten Zeiten erzählen. „Manchmal, sage ich ihnen, ist es eine Erlösung,“ sagt Anita, dann „wenn die Menschen nur noch da liegen“. Sie kennt das, nach einem Motorradunfall hat sie ihren Mann sechs Jahre lang gepflegt.
Sein Ansehen wird in der Gaststätte hochgehalten, vieles erinnert an Anitas verstorbenen Mann, ein leidenschaftlicher Jäger. Ausgestopfte Tiere hängen im hinteren Raum der Wirtschaft. Jagdtrophäen: Ein Eichhörnchen, ein Fasan, ein Wolpertinger. „Kennen sie nicht das Fabelwesen?“, fragt Berthold. Das Tier gebe immer Gesprächsstoff in der hinteren Ecke. Die Tiere gehören irgendwie zum Jägerstübchen dazu.
Irgendwie zu Itter zugehörig
Schnell noch ein Foto für die Presse? Wo ist denn Nicole? „Beim Frisör“, erzählt Berthold, wie Frauen eben seien. Am Abend gehen sie als Regimentskönige der Itter Schützen beim Krönungsball nach Himmelgeist. Das Jägerstübchen ist Vereinslokal der Itter Schützen. „Wir fühlen uns irgendwie zu Itter zugehörig“, erklärt Berthold. Schließlich liegt die Gastwirtschaft ja auch gegenüber vom Itter Friedhof.