8000 Beschäftige arbeiteten einst in der Gerresheimer Glashütte. 2009 wurden die meisten Gebäude abgerissen. Nun beginnt der Aufbau
Hier pulsierte einst das Leben, hier herrschte rege Betriebsamkeit – die Rede ist von der alten Glashütte in Gerresheim. Riesige Schlote zierten dort einst das Stadtbild, Lagerhallen, Werkzeughallen – Industrie pur. Dicht vernetzt mit dem Eisenbahnbetrieb. Denn das Glashütten-Gelände blickt auf eine lange Geschichte zurück.
1864 gründete Ferdinand Heye hier die Ferd. Heye Glasfabrik. Fast 36 Jahre später galt die Gerresheimer Glashütte mit mehr als 8000 Beschäftigten als größter Flaschenproduzent – und das weltweit. Symbol der Marke war das G mit Krone. Dies fand sich nicht nur auf einheimischen Glasflaschen wieder. Sogar Coca-Cola benutzte die Flaschen aus dem von dort aus weit entfernten Düsseldorf. Die Fabrik lief – bis 2005. Dann wurde die Produktion eingestellt. Eine 141-jährige Tradition ging aufs Ende zu.
Vier Jahre später wurde die Glashütte dem Erdboden gleichgemacht. 2012 erwarb dann die Patrizia AG zwei Drittel des Areals, welches vorher der O-I Glaspack GmbH gehörte. Immerhin ein Grundstück von rund 200 000 Quadratkilometern.
Ein neuer "Düssel-Park" soll entstehen
Zusammen mit der Stadt Düsseldorf gelang es dann, in weniger als zwei Jahren ein vollständig neues Stadtquartier zu entwerfen. Nun sollen auf der Fläche mehr als 1400 neue Wohnungen entstehen. Für 3000 Menschen soll ein lebenswerter Raum geschaffen werden. „Wir berücksichtigen dabei das Konzept ,Wohnen’ der Stadt Düsseldorf“, sagt Bernd Holzrichter, Sprecher der Patrizia AG in Düsseldorf. Einzelne Details müssen aber noch geklärt werden. Auf der Fläche sollen aber darüber hinaus nicht nur Gebäude fürs Wohnen errichtet werden, auch eine Einzelhandels- und Gewerbenutzung steht im Zentrum des Vorhabens.
Mittelpunkt des „Glasmacherviertels“ soll der „Düssel-Park“ sein, eine Parklandschaft, durch die die renaturierte Düssel fließt. Insgesamt plane man bei Patrizia rund 40 000 Quadratkilometer Grünflächen auf dem Gelände anzubauen. Das Projektvolumen beläuft sich auf 210 Millionen Euro.
Glashütte
Projekt wurde kurzzeitig ausgebremst
Dabei wurde das Projekt kurzzeitig durch die „politische Ebene“ gebremst, wie Holzrichter sagt. Bereits 2008 habe einen Masterplan für das Gelände gegeben. Dieser musste 2012, als die Patrizia als Investor die Stätte übernahm, angepasst werden. Die Vorgaben hatten sich geändert. „Es sind nun mehr Wohneinheiten geworden als ursprünglich geplant waren. Man sei von 800 ausgegangen“, sagt Holzrichter. Nach Abstimmungen mit der Stadt sei man dort auf einem guten Weg gewesen – bis zur Kommunalwahl. „Dort hat der Öffentliche Nahverkehr an Priorität zugenommen“, so Holzrichter. Die Folge: Die U-Bahn-Linien in der Nähe wurden um zwei Haltestellen erweitert – was auch eine Konsequenz für das Gelände hatte. Man musste umplanen. „Das hat uns gut ein Jahr zurückgeworfen.“
Mittlerweile sind die meisten Werksgebäude abgerissen worden. Nur drei denkmalgeschützte Industriegebäude sind noch vorhanden und bleiben weiterhin bestehen.
500 neue Bäume sollen gepflanzt werden
Desweiteren hat man Anfang des Jahres mit Baumfällungen begonnen. Der Boden des ehemaligen Industrieareals musste in Tiefen bis zu sieben Metern saniert werden, die Bäume waren nicht zu retten. Ihr Verlust wird aber ausgeglichen. „Wir werden deutlich über 500 Bäume neu pflanzen – knapp 200 allein im künftigen Düssel-Park und auf dem Heye-Platz“, so Gudrun Pieszek, Projektleiterin bei Patrizia. Hinzu kommen weitere 330 Bäume bei der Erschließung des äußeren Geländes.
Bei den Arbeiten auf dem Gelände habe es zudem immer wieder Überraschungen gegeben. „Aber nichts schlimmes. Es gab damals keinen Bauplan. Wir sind dann teilweise noch auf Kellergewölbe gestoßen. Es war alles ziemlich ungeordnet“, so Holzrichter.
Eine Kontaminierung des Bodens durch den Industriebetrieb konnte allerdings nicht festgestellt werden. Darüber sei man sehr erleichtert, so Holzrichter. Zu einer Überraschung zählte sicher auch der Fund von rund 8000 Flaschen und anderen Behältern, die in einem alten Luftschutzbunker auf dem Gelände gefunden wurden.
2019 sollen die ersten Bewohner einziehen
Nach all diesen kleineren Zwischenfälle geht es nun aber voran. „Mitte 2018 sollen die ersten Wohnungen entstehen“, sagt Bernd Holzrichter. Denn die Baugenehmigungen sollen im Frühjahr 2018 erteilt werden können. Etwa ein Jahr später sollen die ersten Mieter und Eigentümer ins Glasmacherviertel ziehen. Seitens der Patrizia AG und der Stadt ist man optimistisch, dass dieser Fahrplan eingehalten werden. Zudem stehe man im guten und regen Austausch. „Die Gespräche mit der Stadt waren zielführend. Alle Beteiligten haben Interesse daran, die Wohnbebauung in Gerresheim bald auf den Weg zu bringen“, so Piesczek.