Düsseldorf. . Bei klarer Beweislage können Täter in Düsseldorf nun innerhalb einer Woche ihr Urteil erhalten. Auch für Gewalt in Stadien könnte das Verfahren bald geeignet sein.
Bisher lief es in der Regel so: Jemand begeht eine Straftat, stiehlt zum Beispiel das Portemonnaie eines Touristen, wird dabei auf frischer Tat ertappt, festgenommen, am nächsten Tag wieder entlassen. Der Dieb taucht unter, am besten bis die Verjährung eintritt, und ist aus dem Schneider. Diese Rechnung geht in Düsseldorf inzwischen nicht mehr auf.
Denn in Fällen wie diesem kommt seit März dieses Jahres das „Besonders beschleunigte Verfahren mit Hauptverhandlungshaft“ zum Einsatz. Damit ist es den Behörden unter bestimmten Voraussetzungen möglich, mutmaßliche Täter bis zum Beginn der Verhandlung in Haft zu behalten. So sollen sie ihrer Strafe nicht mehr entgehen können. Polizei, Staatsanwaltschaft und Amtsgericht zogen nun eine erste Bilanz.
Delikte müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen
„Bisher hatten wir in diesen Fällen viel Verwaltungsaufwand, aber wenig echte Strafverfolgung“, sagte Polizeichef Norbert Wesseler am Donnerstag bei der Vorstellung des neuen Verfahrens in der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. „Diese Fälle“, das sind neben Taschendiebstählen unter anderem Einmietbetrüge in Hotels, wiederholtes Schwarzfahren, Diebstähle per Antanztrick oder Sachbeschädigung.
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Viele dieser Delikte können nun mit dem beschleunigten Verfahren bearbeitet werden, da sie häufig die Kriterien erfüllen. Diese sind: Es muss entweder ein einfacher Sachverhalt oder eine klare Beweislage vorliegen; es ist zu erwarten, dass die Hauptverhandlung innerhalb einer Woche beendet ist, dass höchstens eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt wird und dass der Täter flüchten könnte, wenn man ihn nicht bis zur Verhandlung inhaftiert. Ausdrücklich nicht von der neuen Regel betroffen sind Betäubungsmittelstraftaten (die nötigen Gutachten brauchen mehr Zeit), politische Straftaten (hoher Ermittlungsaufwand) und Delikte von Heranwachsenden.
Bisher wurde kein Täter freigesprochen
Für 133 Täter hat die Polizei bis Ende Juli das neue Verfahren bei der Staatsanwaltschaft angefragt, in 119 Fällen kam es tatsächlich zum Einsatz. In mehr als der Hälfte der Verfahren – einige wenige sind noch offen – standen am Ende Freiheitsstrafen von zwei bis elf Monaten, der Rest schloss mit Geldstrafen von 25 bis 130 Tagessätzen. Einen Freispruch gab es bisher nicht, ebenfalls keine Einstellung wegen Geringfügigkeit. „Das zeigt, dass die Auswahl der Fälle funktioniert“, sagte der leitende Oberstaatsanwalt Thomas Harden.
Kritiker bemängeln, dass die Täter durch das beschleunigte Verfahren Nachteile hätten, etwa weil ihnen nur wenig Zeit bleibe, einen Verteidiger zu beauftragen, oder die Richter die Prozesse möglichst schnell nach Schema F durchziehen könnten. Amtsgerichtspräsidentin Angela Glatz-Büscher widerspricht: „Jeder Sachverhalt wird genauso sorgfältig geprüft wie bei normalen Verfahren. Auch die Verhandlungen dauern so lange wie nötig.“ Mit „kurzem Prozess“ sei schließlich nur gemeint, dass die Zeitdauer zwischen Festnahme und Verhandlung kurz ist. Und: „Ein Verfahren ist dann erfolgreich, wenn es rechtsstaatlich funktioniert. Ein Gericht misst Erfolge nicht an der Verurteilungsquote.“