Düsseldorf. Eine kleine Gruppe Rechtsradikaler legt in Düsseldorf jeden Montag weite Teile der Landeshauptstadt lahm. Das Verwaltungsgericht gibt dafür immer wieder grünes Licht. Rechtsexperten sehen das kritisch.
Die Polizei muss nach Ansicht von Jura-Professoren nicht dulden, dass Rechtsradikale regelmäßig weite Teile des Verkehrs in Düsseldorf lahmlegen. Zwar gelte auch für Dügida die Versammlungsfreiheit, es gebe aber "auch die Grundrechte der Geschäftsleute und Bahnreisenden", sagte Janbernd Oebbecke, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Münster, der Deutschen Presse-Agentur.
Die Dügida-Demos mit zuletzt kaum noch 100 Teilnehmern sorgen seit Wochen für massive Behinderungen. Nach Angaben des Nahverkehrsunternehmens Rheinbahn sind jeden Montag rund 125.000 Menschen durch die Verkehrsstörungen betroffen, weil Dügida am Hauptbahnhof demonstriert.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit seinen Beschlüssen schon mehrmals dafür gesorgt, dass die rechtsextreme Demo dort stattfinden darf. Ein Gerichtssprecher verteidigte diesen Kurs.
"Es gibt eine Grenze für alle Beteiligten"
Oebbecke hingegen betonte: "Man darf seine Grundrechte nur so ausüben, dass dadurch nicht die Grundrechte anderer aufgehoben werden." So dürften Demonstranten beispielsweise auch keine Autobahnen blockieren.
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"Es gibt eine Grenze für alle Beteiligten. Die ist nicht immer leicht zu finden, aber notfalls muss das mal ausgefochten werden bis vor das Bundesverwaltungsgericht", sagte der Rechtswissenschaftler.
Ähnlich äußerte sich Prof. Bodo Pieroth, Experte für Versammlungsrecht an der Uni Münster: "Die müssen demonstrieren dürfen an einem Platz, wo sie wahrgenommen werden. Das muss aber nicht der Vorplatz des Hauptbahnhofs sein. Der Platz vor dem Landtag wäre für das Anliegen ebenso geeignet", sagte der Jurist.
Gute Chancen auf Versammlungsverbot am Hauptbahnhof
"Die Polizei hätte aus meiner Sicht gute Chancen, den Bereich des Hauptbahnhofs als Versammlungsort zu verbieten, weil dies mit gleichwertigen Interessen einer großen Zahl von Menschen kollidiert, nämlich mit ihrer grundgesetzlich geschützten Bewegungsfreiheit", sagte Pieroth.
Dügida, Pegida: Langsam reicht es! - von Götz Middeldorf
Da verbietet die Polizei der islamfeindlichen „Dügida“, mit ihrem provokanten Demonstrationszug an einer Moschee vorbeizuziehen. Und was passierte? In letzter Minute entschied Montagabend das Verwaltungsgericht, dass es „Dügida“ doch tun darf.
Da beschließt Oberbürgermeister Thomas Geisel anlässlich einer „Dügida“-Demo, aus Protest im Düsseldorfer Rathaus das Licht auszuknipsen. Und was passierte? Das Verwaltungsgericht hatte ihm das verboten, erst das Oberverwaltungsgericht erlaubte das abendliche Lichtausknipsen in nächster Instanz.
Da wird der „Dügida“ von der Polizei ein kürzerer Demonstrationsweg vorgegeben als beantragt. Und was passierte? Das Verwaltungsgericht kassierte diese Anweisung wieder ein.
Da wird der „Dügida“ für ihre Demonstration das Gebiet hinter dem Hauptbahnhof zugewiesen. Und was passierte? Auch hier zog das Verwaltungsgericht die Anweisung zurück und genehmigte den Rechten ihre Demos vor dem Hauptbahnhof in der Innenstadt.
Langsam reicht es! Demonstrations- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Es kann aber nicht sein, dass ein paar rechte Wirrköpfe Montag für Montag (und jetzt auch noch mittwochs) die Düsseldorfer Innenstadt lahm legen, die Rheinbahn für Stunden stoppen, verantwortlich sind für lange Staus, Umsätze von Einzelhändlern praktisch auf Null sinken lassen und Polizeieinsätze erforderlich machen, deren Kosten inzwischen in den sechsstelligen Bereich gehen dürften.
Hier ist die Verhältnismäßigkeit nicht mehr gewahrt. Das müssten auch die Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf erkennen, vor dem es bereits vergangene Woche eine Demo wegen der kaum nachvollziehbaren Entscheidungen gab.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf verteidigte dagegen seine Beschlüsse zugunsten der rechtsextremen Dügida-Demonstranten. Die deutsche Rechtsordnung gewähre selbst "Feinden der Freiheit" das Recht auf freie Meinungsäußerung, sagte Gerichtssprecher Gerd Ulrich Kapteina der "Westdeutschen Zeitung". "Das Versammlungsrecht umfasst auch das Recht auf Provokation, weil diese ein typisches Mittel ist, um auf den eigenen Standpunkt aufmerksam zu machen."
Demos legen regelmäßig den Verkehr lahm
Das Gericht hatte mehrmals dafür gesorgt, dass Dügida mit seiner Montags-Kundgebung am Hauptbahnhof den Verkehr im Düsseldorfer Stadtzentrum massiv beeinträchtigen konnte. Außerdem durfte die Gruppe, die nach Angaben des Verfassungsschutzes von Rechtsextremen gesteuert wird, an einer Moschee vorbeimarschieren.
"Da fragt man sich: Muss das alles sein?", gab Kapteina zu. "Aber dies wird uns von der Demokratie zugemutet." Der Schutz von Minderheiten sei in Deutschland besonders wichtig. Das gelte auch für Dügida. "Es dürfte schwierig sein, einer Gruppierung vorzuwerfen, dass sie eine Minderheit ist."
Allerdings bedeute das nicht, dass das Gericht auch in Zukunft zugunsten der Dügida-Demonstranten entscheiden werde. "Klar ist aber, dass das, was bisher entschieden wurde, keine Jahreskarte für alle zukünftigen Aufmärsche bedeutet." (dpa)