Dinslaken. Petra Eggert-Höfel, Geschäftsführerin der Wohnbau Dinslaken, spricht über eine angespannte Lage, Wohnungsnot und steigende Kosten für Mieter.

Im vergangenen Jahr hatte der Aufsichtsrat der Wohnbau Dinslaken entschieden, dass Petra Eggert-Höfel Nachfolgerin des langjährigen Geschäftsführers Wilhelm Krechter werden soll. Im Interview mit Michael Turek, Leiter der NRZ-Lokalredaktion, beschreibt sie die aktuelle Lage auf dem Wohnungsmarkt und erklärt, dass für das Solar-Quartier in Lohberg bald die Bauarbeiten beginnen werden.

Sie sind seit August 2023 Geschäftsführerin der Wohnbau Dinslaken. Wie bewerten Sie nach dieser Zeit hier in Dinslaken die Lage auf dem Wohnungsmarkt?

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist, wie in vielen anderen Kommunen auch, angespannt. Zu wenig Fluktuation, zu wenig Möglichkeiten für Menschen, eine neue Wohnung, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Es ist auch in Dinslaken schwierig, Wohnraum zu finden, der den eigenen Wünschen an ein neues Zuhause entspricht.

Zu wenig Fluktuation, heißt das, die Leute bleiben einfach zu lange in ihrer Wohnung?

Zu lange ist natürlich aus Vermieter-Sicht immer relativ. Wir haben das natürlich sehr gerne, wenn Menschen lange in ihrer Wohnung bleiben. Aber es ist so, dass es einfach schwierig ist, bei veränderten Lebenssituationen, egal, ob die Familie größer oder kleiner wird, den Wohnraum zu finden, der dann den neuen Bedürfnissen entspricht. Und das ist ja gerade die Besonderheit und eigentlich auch das Gute am Mietwohnungsbereich, dass man eben flexibel reagieren kann auf seine Wohnsituation und dementsprechend natürlich auch die finanzielle Situation. Und das ist eben nicht mehr möglich in Dinslaken. Wie in so vielen anderen Kommunen auch. Das macht es für die Menschen schwer und macht Wohnsituationen auch nicht einfacher. Entweder, weil die Wohnung zu groß und zu teuer ist, weil sie dem Bedürfnis nicht mehr entspricht oder weil sie vielleicht auch zu klein geworden ist. Wohnsituationen, die nicht passen, führen eben zu persönlicher Unzufriedenheit und letztendlich auch zu Spannungen.

Die Single-Haushalte nehmen einfach zu, sowohl bei jüngeren Menschen als auch im Seniorenbereich.
Petra Eggert-Höfel, - Geschäftsführerin der Wohnbau Dinslaken

Gibt es ausreichend Wohnungen in Dinslaken?

Von der Menge her mag das sein. Aber es heißt ja nicht umsonst Immobilie und nicht immer trifft ein vielleicht quantitativ ausreichendes Angebot auch auf eine entsprechende Nachfrage. Und die Nachfrage ist einfach sehr unterschiedlich. Mit den Veränderungen der letzten anderthalb, zwei Jahre, mit gestiegenen Baukosten, mit gestiegenen Zinsen verändern sich eben auch wieder die Nachfragegruppen. Und dementsprechend ist es dann schwierig, genau das Wohnangebot zu finden, das man sich vielleicht wünscht, das man bezahlen kann, in welcher Preiskategorie das auch immer liegen mag.

Es gab ja mal eine Zeit, wo besonders Wohnungen für Single-Haushalte gesucht worden sind. Ist das immer noch so oder gab es da eine Veränderung? Sind es jetzt Familien, die eine Wohnung suchen?

Die Familien sind wieder dazugekommen. Generell gibt es nach wie vor einen Mangel an kleinen, bezahlbaren, barrierefreien Wohnungen. Die Single-Haushalte nehmen einfach zu, sowohl bei jüngeren Menschen als auch im Seniorenbereich. Und das Wohnangebot gerade für Senioren, die ja dann auch auf eine barrierefreie Wohnung angewiesen sind, oder um ihren Wohnkomfort zu erhalten, fehlt auch weiterhin. Auch wir werden alle älter und es gibt ja Gott sei Dank die Möglichkeit, dass man sehr lange in der eigenen Wohnung wohnen kann, ohne in eine Pflegeeinrichtung umzuziehen. Jeder von uns möchte doch möglichst lange selbständig wohnen.

Aber es ist mittlerweile auch wieder so, dass Wohnungen für Familien wieder mehr gesucht werden. Weil eben durch diese Veränderung von Baukosten und der Zinsentwicklung viele Familien sich kein Eigenheim mehr leisten können oder erst sehr viel später im Leben. Und diese Menschen bleiben dann auch dem Mietwohnungsmarkt länger erhalten. Sie sorgen für eine weitere Nachfrage, auch nach größeren Wohnungen.

Sind die Mieten in Dinslaken zu hoch?

Das kommt wahrscheinlich immer darauf an, wen sie fragen. Es gibt einen Mietspiegel, der auch regelmäßig fortgeschrieben wird. Es geht um Mieten von bis zu zehn Euro pro Quadratmeter. Das ist natürlich für viele nicht erschwinglich. Deswegen setzen wir auch darauf, dass wir bezahlbare Mieten erhalten, dass wir nur moderat Mieten anpassen und dass wir nach wie vor darauf setzen, öffentlich gefördert, also bezahlbar zu bauen. Und der Bedarf ist auf jeden Fall da, um eine große Zielgruppe anzusprechen. Und ja, es wird alles teurer, die Kosten steigen und das Budget, das man für die Miete hat, ist natürlich auch begrenzt. Deswegen ist es wichtig, dass wir in dem Segment öffentlich geförderter Wohnungsbau und bezahlbare Wohnungen eben weiter aktiv sind.

Wo früher Unterricht stattfand, sollen bald die ersten Mehrfamilienhäuser errichtet werden. Auf dem Gelände der ehemaligen Hauptschule entsteht das Solar-Quartier.
Wo früher Unterricht stattfand, sollen bald die ersten Mehrfamilienhäuser errichtet werden. Auf dem Gelände der ehemaligen Hauptschule entsteht das Solar-Quartier. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Was ist denn in diesem Bereich in diesem Jahr von der Wohnbau Dinslaken geplant? Es gab jetzt auch aktuell eine Studie, die besagt, dass Sozialwohnungen fehlen. Was unternimmt die Wohnbau Dinslaken?

Als Unternehmen ganz konkret, dass wir weiter in den Neubau investieren. Da sind wir aktiver als viele andere Unternehmen. Wir haben aber unsere Neubauprogramme auch auf diese veränderten Situationen angepasst. Ganz konkret zum Beispiel das Solar-Quartier in Lohberg. Da entstehen wieder öffentlich geförderte Wohnungen. Wir werden in diesem Jahr mit dem ersten Bauabschnitt beginnen. Mit dem Bau der ersten drei Häuser wird im Frühjahr begonnen. Von den 42 Wohnungen, die im ersten Bauabschnitt entstehen, sind 25 öffentlich gefördert. Davon 20 Wohnungen für die Einkommensgruppe A mit Quadratmeter-Mieten von 6,25 Euro und fünf Wohnungen für die Einkommensgruppe B mit einer Miete von 7,07 Euro je Quadratmeter. In diese Einkommensgruppen gehören Alleinstehende, junge Paare, Familien. Diesen werden wir damit ein Wohnangebot machen können. Insgesamt entstehen dort 69 Wohnungen in zwei Bauabschnitten. Für den ersten Bauabschnitt laufen jetzt die Ausschreibungen. Wir gehen davon aus, dass wir im Frühjahr damit beginnen werden. Wenn alles gut läuft, rechnen wir mit einer Bauzeit von rund 15 Monaten. Im Sommer des nächsten Jahres können dann hoffentlich die ersten Wohnungen übergeben werden.

Wie werden sich die Mieten für Wohnungen der Wohnbau Dinslaken in diesem Jahr entwickeln?

Wir werden sicherlich Mietsteigerungen haben, da führt gar kein Weg dran vorbei, auch wegen der allgemeinen Kostensituation. Gehälter steigen, weitere Kosten steigen. Um unsere wirtschaftliche Situation zu erhalten, müssen wir die Mieten anpassen. Aber wir passen moderat an und schöpfen nicht den gesamten Mieterhöhungsspielraum aus, den wir gesetzlich hätten. Wir setzen Mieterhöhungen im Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen um, das hat dann den positiven Effekt, gleichzeitig Energiekosten einzusparen. Wir haben unsere Wohnungen schon sehr genau im Blick und überziehen die Mietforderung ganz sicherlich nicht.

Bauland ist natürlich schwierig zu bekommen und teuer, gar keine Frage.
Petra Eggert-Höfel, - Geschäftsführerin der Wohnbau Dinslaken

In den vergangenen Jahren sind ja schon sehr viele Wohnungen saniert worden, stehen in diesem Jahr größere Sanierungsmaßnahmen an?

Wir haben in der letzten Sitzung des Aufsichtsrates ein sehr großes Modernisierungsprogramm beschlossen. Wir werden unser Modernisierungsvolumen in den nächsten fünf Jahren verdoppeln, weil wir die Notwendigkeit sehen, dass wir verstärkt energetisch sanieren, also in die Klimaneutralität unseres Wohnungsbestandes investieren. Die Wohnbau Dinslaken ist da schon extrem gut aufgestellt, hat sehr viel gemacht. Mit diesem eingeschlagenen Weg, mit den Investitionen in den nächsten Jahren werden wir es auch schaffen, die gesetzten Klimaziele zunächst bis 2033 auf jeden Fall zu erreichen.

Können Sie auch schon Quartiere nennen, wo Sie aktiv werden wollen?

Das würde ich ungern machen. Auch wenn wir die in der Planung konkret drin haben, sind sie noch nicht mit den Mietenden kommuniziert. Und wenn wir jetzt sagen würden, in welchen Beständen wir aktiv werden, würde das eher für Unruhe sorgen. Aber ich kann sagen, dass es sich auf jeden Fall auf den Bestand gut verteilt. Wir versuchen es, auf die einzelnen Stadtgebiete und Ortsteile zu verteilen. Und dass wir das so kalkulieren, dass die Mieter sich das auch weiterhin leisten können werden.

Welche Probleme sehen Sie? Gibt es ausreichend Bauland? Die Preise, die gestiegen sind, haben Sie ja schon angesprochen.

Bauland ist natürlich schwierig zu bekommen und teuer, gar keine Frage. Da setzen wir aber sehr auf unsere bisherige gute Zusammenarbeit mit den Kommunen, auch mit vielen Kirchengemeinden zum Beispiel mittels Erbpacht zu realisierbaren Konditionen zu kommen. Das hilft natürlich sehr. Und unsere eigenen Wohnquartiere haben auch vielfach Potenzial zur Nachverdichtung. Das ist bei einigen Wohnquartieren schon umgesetzt worden. Ermöglicht durch die wirklich großzügigen Grundstücke aus den 50er und 60er Jahren. Diese Potenziale prüfen wir und werden das weiter nutzen.

Denn das ist auch, was sich unsere Mietenden von uns wünschen: In ihrem angestammten Wohnquartier zu bleiben und dann vielleicht innerhalb eines Straßenzuges in eine kleinere, barrierefreie Wohnung umziehen zu können. Wir sind schon sehr daran interessiert, eine gute Durchmischung weiterhin zu erhalten.

Welche Projekte der Wohnbau stehen in diesem Jahr vor dem Abschluss?

Vor dem Abschluss steht ganz konkret hier Dinslaken: die vier Einfamilienhäuser in der Uhlandstraße. Zwei davon sind kurz vor Weihnachten übergeben worden, und die anderen beiden werden wir jetzt im Frühjahr übergeben. Dort werden Familien einziehen mit Kindern, also ein wirklich sehr schönes Wohnangebot. Das Seniorenheim in Voerde wird in diesem Jahr abgeschlossen. Die Modernisierungsmaßnahmen, die wir jetzt beginnen werden, werden natürlich auch in diesem Jahr dann direkt abgeschlossen werden.

Sie haben die Einfamilienhäuser angesprochen. Plant die Wohnbau, weitere Einfamilienhäuser zu errichten und sie dann zu vermieten?

Das haben wir durchaus wieder in der Planung mit einkalkuliert. Die geänderten Rahmenbedingungen, insbesondere die Zinssituation, haben dazu geführt, dass sich viele Familien doch kein Eigenheim mehr leisten können. Da werden wir sicherlich wieder aktiv werden, um Wohnraum für kinderreiche Familien zu schaffen. Das kann, wenn es die Grundstückssituation zulässt, durchaus auch ein Eigenheim sein, vielleicht kein frei stehendes Haus, sondern eine Reihenhausbebauung. Aber da gibt es auch mit den Fördermitteln des Landes Nordrhein-Westfalen sehr gute Möglichkeiten, Wohnraum zu schaffen, der für Familien sehr gut geeignet ist.

Wie sind Ihre ersten Monate als Geschäftsführerin Wohnbau Dinslaken verlaufen? Was haben Sie in dieser Zeit über Dinslaken gelernt?

Ja, die ersten sechs Monate sind um, und ich kann nur sagen, sie sind sehr schnell vergangen. Es war nicht einen Tag langweilig. Ich habe ein sehr tolles Team hier vorgefunden, ein sehr aktives Unternehmen. Es macht Spaß zu gestalten und die Perspektiven für die nächsten Jahre sind gut. Die Wohnbau Dinslaken ist extrem gut aufgestellt und wir werden auf jeden Fall unseren Beitrag leisten, in der Region weiter für guten Wohnraum zu sorgen. Und was habe ich über Dinslaken gelernt? Ich habe Dinslaken als sehr freundlich und angenehm empfunden. Ich finde, dass man hier sehr gut wohnen kann, dass es eine gute Mischung aus städtischen und ländlichen Bereichen gibt. Was mich sehr beeindruckt hat, ist das ehrenamtliche Engagement, z.B. die vielen Veranstaltungen hier in der Region.