Dinslaken/Voerde/Hünxe. Steigende Ausgaben, weniger Einnahmen: Der große Kita-Träger Kinderwelt in Dinslaken steht vor radikalen Maßnahmen. Das müssen Eltern wissen.
Es werden dringend Kindergartenplätze benötigt. Allein in Dinslaken können viele Kinder nicht betreut werden. Auch die Suche nach passendem Fachpersonal ist schwierig. Es ist nicht einfach, für die Träger von Kindergärten. Und dann flatterte im Mai die Tariferhöhung um durchschnittlich zwölf Prozent ins Haus. Nimmt man die gestiegenen Energiepreise hinzu, steht für Reimund Schulz, Geschäftsführer der Evangelischen Kinderwelt, fest: Die Finanzierung der Betreuung von kleinen Kindern steht auf der Kippe. Und vom Land gab es keine Einladung zu einem Gespräch mit einem Minister. Viele Schreiben wurden an den Ministerpräsidenten, an Mitglieder des Landtages geschickt. „Es gibt keine Reaktion“, so Schulz, der gemeinsam mit Superintendent David Bongartz gegenüber der NRZ erläuterte, wie die Kinderwelt auf die finanzielle Schieflage reagieren muss.
Die Kinderwelt ist ein Verbund von 20 Kindertageseinrichtungen. Sie sind in Dinslaken, Voerde, Hünxe, Schermbeck, Dorsten und Walsum. Dort werden 1500 Mädchen und Jungen betreut, 350 Mitarbeiter sind beschäftigt.
Die Tariferhöhung verpufft
Der Fehler, der zur aktuellen finanziellen Schieflage geführt hat, liegt im System, wie Geschäftsführer Schulz erklärt. Im Dezember 2022 wurden die Kinderpauschalen festgelegt, die die Träger im Kindergartenjahr 2023/24 erhalten. Das Kindergartenjahr beginnt am 1. August und endet am 31. Juli des folgenden Jahres.
Für die Festlegung werde auf das vorherige Jahr geschaut. Unterm Strich wurde im Dezember festgelegt, dass die Pauschalen um 3,6 Prozent steigen werden. Doch dann gab es im Mai den Tarifabschluss. Und diese Lücke sorgt nun für die finanzielle Schieflage, von der nicht nur die Evangelische Kinderwelt, sondern alle Träger von Kindergärten betroffen sind.
Dabei wollte man mit der Tariferhöhung dem Fachkräftemangel entgegenwirken, dem Personal zeigen, dass man seinen Einsatz schätzt. Doch erreicht wurde das Gegenteil, wie Schulz sagt: Durch Anpassungen, die die Träger vornehmen müssen, kommt es zu einer Mehrbelastung der Mitarbeiter.
Änderungen gehen zu Lasten der Eltern
Die Kosten für die Betreuung der Kinder teilen sich Land, Kommune und Träger. Die Evangelische Kirchengemeinde bringt pro Jahr eine Millionen Euro aus dem eigenen Haushalt für die Kinderwelt auf. Deren Jahresetat liegt bei rund 17 Millionen Euro. Die nicht gegenfinanzierte Tariferhöhung führe dazu, dass die Ausgaben sich auf zwei Millionen Euro verdoppeln würden. Das sei dauerhaft nicht zu leisten. Es müsse geschaut werden, wo man Geld herbekommt, wo gespart werden könne. Mit den Gemeinden müssen deshalb Gespräche geführt werden, so der Superintendent.
In den Kindertagesstätten werden die Betreuungszeiten angepasst. Ebenso der Betreuungsschlüssel. Das führt aber dazu, dass, wenn Personal ausfällt und die Vorgabe beim Betreuungspersonal nicht eingehalten werden kann, Notgruppen gebildet werden müssen. Dort dürfen dann nur Kinder hingebracht werden, für die es keine andere Betreuungsmöglichkeit gibt. Das gehe dann zu Lasten der Eltern, so Schulz. „Wir machen es nicht, um Geld zu verdienen, wir arbeiten stets am Anschlag. Nun wird das System überstrapaziert“, betont Bongartz. Zudem würden Überstunden aufgebaut, Stellen, die frei werden, nicht wieder besetzt. Und die 20 Auszubildenden würden nun – anders als bislang – in die Personalstunden eingerechnet.
Im Oktober wird vor dem Landtag demonstriert
„Wir haben gehofft, dass ein Gesprächsangebot kommt“, sagt Schulz. Kam es aber nicht. Man könne den Eindruck gewinnen, die schwarz-grüne Landesregierung wolle das Problem aussitzen. Um den vorhandenen Unmut deutlich zu machen, werde am 19. Oktober vor dem Düsseldorfer Landtag demonstriert. Die Wohlfahrtsverbände haben zur Teilnahme aufgerufen. Auch die Eltern sollen sich daran beteiligen.
Und was passiert, wenn die freien Träger die Kindergärten nicht mehr finanzieren können? Ohne sie stehen die Kommunen in der Pflicht, die Betreuung der Kinder zu organisieren und sicherzustellen. Denn es gibt ja den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz.
Vor 13 Jahren gegründet
Die Kinderwelt ist im November 2010 gegründet worden. Seit fünf Jahren ist Reimund Schulz der Geschäftsführer des Verbundes. Zu diesem Verbund gehören in Dinslaken sieben Kitas, in Voerde fünf Kindergärten, in Duisburg-Walsum vier, in Hünxe zwei, in Schermbeck und Dorsten jeweils eine Kindertagesstätte. Seit 2016 ist sie Träger des Bundesprogrammes „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“.