Voerde. Bei der CDU Voerde haben Männer das Sagen. Nur eine Frau sitzt für sie im Rat. Nicht nur mit diesem Manko muss sich Henning Stemmer befassen.
Mit der Staffelstabübergabe an Henning Stemmer hat sich vor einem Vierteljahr an der Parteispitze der Voerder CDU ein Generationenwechsel vollzogen. Ein völliger Neuling war der 38-Jährige in den eigenen Reihen zwar nicht, die kurze Zeitspanne jedoch, in der ihm der Sprung dorthin gelang, ist nicht alltäglich. Nach nur vier Jahren Mitgliedschaft im Vorstand – zuletzt als Stellvertreter – lenkt Stemmer nun die Geschicke des etwa 170 Mitglieder zählenden CDU-Stadtverbandes. Und auch innerhalb der Fraktion übernahm er binnen kurzer Frist einen verantwortlichen Posten: 2020 erstmals in den Stadtrat gewählt, wurde er im Jahr darauf bereits deren Geschäftsführer.
Der Diplom-Wirtschaftsjurist, der als kaufmännischer Leiter für eine im Bereich des nachhaltigen, klimagerechten Stadtumbaus tätige Gesellschaft arbeitet, ist in Voerde tief verwurzelt. In der Stadt hat er seine Kindheit und Jugend verbracht, bevor es ihn zum Fachhochschulstudium und danach drei weitere Jahre von dort wegzog. Der 38-Jährige lebt mit Frau und Kindern in Voerde-Mitte. Sein Schwiegervater ist übrigens der frühere Voerder Bürgermeister und ehemalige Bundestagsabgeordnete Dr. Hans-Ulrich Krüger (SPD). Konfliktpotenzial birgt dies offenbar nicht: „Die beiden bürgerlichen Parteien sind Gott sei Dank nicht zu weit auseinander“, sagt Stemmer schmunzelnd.
Voerdes neuer CDU-Chef sieht sich als „konservativ vorwärtsgewandt“
Der Weg zur CDU war ihm auch ein Stückweit durch den Vater in die Wiege gelegt: Für den Sohn war das „C“ im Namen ein entscheidender Faktor, sich den Christdemokraten anzuschließen – zunächst engagierte sich Henning Stemmer in der Jungen Union, der er von 2006 bis 2019 angehörte und deren Vorsitzender er in dieser Zeit zweimal war. Er beschreibt sich als „konservativ vorwärtsgewandt“ – was für ihn keinen Widerspruch bedeutet. Stemmer spricht von einer gewissen Kontinuität, die aber nicht in dem Sinne gemeint ist, um jeden Preis bei einer Haltung zu bleiben, sondern nur dann, wenn sie gut ist.
Außerdem hat den Voerder das wirtschaftliche Interesse seine politische Heimat bei der CDU finden lassen. Da gebe es vielleicht noch die FDP, doch die lässt seiner Ansicht nach zu sehr „das Soziale außer Acht“. Ein „Herzensthema“ sei für ihn auch die Umwelt. Den zweifachen Familienvater treibt der Klimawandel um. Der sei nicht zu leugnen und durch ihn „werden es die Kinder ohnehin schwerer haben“, sagt der 38-Jährige, der Sprecher seiner Fraktion im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz ist.
CDU Voerde: Basis soll intensiver beteiligt werden
Innerhalb des CDU-Stadtverbandes möchte Henning Stemmer, dass möglichst frühzeitig auf das Wahlprogramm für die nächste Kommunalwahl in 2025 hingearbeitet wird. Die Meinung der Mitglieder und auch interessierter Bürger soll eine zentrale Rolle dabei spielen, „die Themen zu identifizieren, die wichtig sind“. Dieser Prozess soll „nicht von oben herab, sondern durch die Beteiligung möglichst vieler Menschen erfolgen“, betont der neue CDU-Chef. Bei der Aufbereitung des Wahlausgangs 2020, seien Stimmen laut geworden, dass man sich nicht mitgenommen fühle. Auch wurde Stemmer zufolge eine zu starke Konzentration auf die sozialen Medien bei Veröffentlichungen moniert. 60 Prozent der Mitglieder seien älter als 60, 70 Jahre. Mit ihnen müsse man anders umgehen als mit jungen Leuten, betont Stemmer. Eine weitere Botschaft während der Wahlnachlese: Die Partei solle – auf den nächsten Wahlkampf bezogen – mehr Emotionen reinbringen, die SPD schaffe es, die Menschen mit ihren Themen anzusprechen.
Während die CDU nicht nur mit der Wahl von Henning Stemmer zum neuen Vorsitzenden Schritte in Richtung der von ihr angekündigten Verjüngung bereits gegangen ist, liegt bei dem auch formulierten Ziel, mehr Frauen in die aktive Politik zu bringen, noch ein weiter Weg vor ihr. Aktuell hat die 13-köpfige christdemokratische Fraktion ein weibliches Ratsmitglied in ihren Reihen. Und: Von den zwölf sachkundigen Bürgern sind nur drei Frauen. Männerdominiert sind auch die Spitzenpositionen sowohl innerhalb der Partei als auch in der Fraktion. „Da sträubt sich keiner, Frauen im Vorstand zu haben“, sagt Henning Stemmer. Es würden sich keine bewerben.
Der CDU-Chef räumt gleichwohl ein: „Wir müssen für Frauen attraktiver werden.“ Zum anderen glaubt er aber auch, dass familiäre Gründe ein Motiv dafür sind, von einem Engagement abzusehen. Er wisse von mindestens einer Frau, die deshalb andere Prioritäten setze. Dass es an den Themen liege, glaubt er indes nicht. Eine Quote, wie sie die Grünen bei der Besetzung der Wahlbezirke leben, findet er schwierig. Der Voerder CDU-Chef hofft, dass die Frauen Union, die zurzeit ohne Vorsitz ist, künftig wieder in organisiertem Maße da sein könne und die Partei über diesen Weg die Chance hat, Frauen für die aktive Politik zu gewinnen. Auch verweist er auf die Person, die sich um eine wichtige Aufgabe kümmert und darüber womöglich weibliche Verstärkung rekrutieren kann: „Eine Frau hat bei uns den Posten der Mitgliederbeauftragten.“
Für sich selbst hat er folgendes Ziel ausgerufen: „Ich hoffe, dass ich als relativ junger Mensch möglichst positiv darauf hinwirken kann, dass wir uns hinsichtlich der Mitgliederzahlen und auch thematisch weiterentwickeln können.“