Dinslaken. Ende einer Dienstzeit: Hans-Ulrich Wangerin war 30 Jahre an der Ernst-Barlach-Gesamtschule. So zieht er Bilanz - nicht ohne Kritik.
Nicht nur für die Abiturienten endet in diesem Sommer die Schulzeit. Auch für Hans-Ulrich Wangerin ist nun Schluss, nach 41 Jahren. 1982 hatte er seinen ersten Tag als Lehrer, auf 30 Jahre in verantwortlicher Position kann er zurückblicken. An der Ernst-Barlach-Gesamtschule (EBGS) in Dinslaken war er Abteilungsleiter, stellvertretender Schulleiter und zuletzt zehn Jahre Schulleiter. Die Sommerferien gönnt ihm sein Arbeitgeber, gegen Ende der Ferien, am 31. Juli, scheidet er aus.
Es hat eine Verlängerung gegeben
Als Schulleiter hat er sich immer wieder zu Wort gemeldet, hat sich eingemischt. Entscheidungen wurden nicht einfach abgenickt. Und das Wort Ruhestand, das bei solchen Anlässen gerne verwendet wird, mag er gar nicht. Das passe nicht zu ihm, nicht zu seiner Einstellung. Denn er wird weiter aktiv sein, weiter an der Gesamtschule sich einbringen. „Ich werde mit einer halben Stelle in den Ganztagsverein wechseln“, sagt er im Gespräch mit der NRZ. Acht Stunden sind für das Inklusionsprojekt vorgesehen.
In diesem Sommer ist wirklich Schluss als Leiter der EBGS. Im November wird Wangerin 68. Eigentlich wollte er schon im vergangenen Jahr seine Dienstzeit an der Schule beenden. Doch die Nachfolge konnte nicht geregelt werden. Deshalb hängte er ein Jahr dran. Einen Nachfolger wurde aber auch während dieser Verlängerung nicht gefunden. Nach den Ferien muss die Gesamtschule ohne Schulleiter auskommen.
Auf eigenem Wunsch wechselte er nach Dinslaken
Hans-Ulrich Wangerin war Lehrer an einem Gymnasium in Korschenbroich. Fünf Jahre war er dort Studienrat und wechselte dann auf eigenem Wunsch nach Dinslaken an die gerade im Aufbau befindliche Gesamtschule. Die Schulform gefiel ihm, gefällt ihm heute noch. Und er wollte eine räumliche Nähe zwischen Wohnort und Arbeitsstelle haben. „Ich hatte den Wunsch, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren“, sagt Wangerin, der damals schon in Hünxe wohnte. Er wollte nicht mehr täglich nach Korschenbroich fahren. Ein Auto habe er in dieser Zeit komplett durchgehabt. Und ganz viel Lebensqualität sei bei den täglichen Fahrten verloren gegangen.
Gymnasium, Gesamtschule, Sekundarschule, Realschule oder Hauptschule: Er habe nie etwas von den Diskussionen über Schulformen gehalten. Schulen würden sich mit der Zeit verändern. Das Gymnasium hat sich verändert. Die Gesamtschule wolle eine Bildungsstätte für alle sein, verfüge über ein starkes integratives Element. Kinder würden recht früh durch Selektion geprägt. Wer besucht welche weiterführende Schule entscheide sich nach vier Jahren Grundschule. Was nicht unbedingt gut sei, so Wangerin.
Herkunft spielt eine besondere Rolle
70 bis 80 Prozent der EBGS-Abiturienten hätten am Ende der vierten Klasse keine Empfehlung für das Gymnasium gehabt. In dem sie gefordert und gefördert wurden, konnten sie ihr Abitur an der Gesamtschule machen. Auch im aktuellen Abiturjahrgang sei es so. Was wäre aus diesen Kindern geworden, wenn es nicht die Gesamtschule gäbe, fragt Wangerin.
In den 41 Jahren, die er als Lehrer tätig war, haben sich die Rahmenbedingungen extrem verändert. „Die Herkunft der Schüler ist immer bedeutsamer für den Schulabschluss geworden.“ Dabei müsse es die Aufgabe von Schule sein, die Schüler zu den bestmöglichen Abschlüssen zu führen. Die Herkunft dürfe dabei keine Rolle spielen, meint der scheidende Schulleiter.
Die Herausforderungen sind größer geworden. Der Anteil von Erziehung ist größer geworden, der Schwerpunkt der Arbeit eines Lehrer hat sich in den Bereich Erziehung verlagert. Einen Grund sieht der Pädagoge darin, dass sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändert haben. Die beruflichen Anforderungen haben sich so verändert, dass Eltern „immer weniger Zeit für die Erziehung haben“. Ideal wäre aus Sicht von Wangerin, wenn die Erziehung in der Schule eine Ergänzung zum Elternhaus sei.