Dinslaken. Bei der Pfarrversammlung am Sonntag wurde das Handlungskonzept vorgestellt, mit dem die Kirche zukunftsfähig gemacht werden soll.
Nach dem Schlusssegen blieben die Gläubigen am Sonntagvormittag in der Kirche St. Vincentius noch sitzen und dafür gab es einen Grund: die Pfarrversammlung, die die Gläubigen darüber informierte, wie in den kommenden Monaten der Prozess gestaltet werden soll, die katholische Kirche in Dinslaken zukunftsfähig zu machen – und zwar gemeinsam. „Wir kümmern uns“ lautet das Motto von Seelsorgern, Pfarreirat und Kirchenvorstand. Sie waren auch am Sonntag da, um den Gläubigen zuzuhören und Anregungen mitzunehmen.
Signal: Entscheidungen sollen nicht im stillen Kämmerlein getroffen werden
Doch zunächst stellte Pastoralreferent Franz-Josef Roth anhand einer Präsentation die Gründe für die notwendigen Veränderungen vor und skizzierte die weiteren Schritte. Ein wichtiges Signal dabei: Entscheidungen sollen nicht im stillen Kämmerlein getroffen werden, alle sind eingeladen, sich einzubringen, der Prozess soll transparent gestaltet werden. An dessen Ende soll ein Konzept stehen, das den Menschen dient, heißt es in der Präsentation. Die nahm auch die harten Fakten in den Blick, die „wehtun, aber die man nicht ausblenden darf“, sagte Roth.
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Dazu gehört, dass die Zahl der Katholiken in Dinslaken sich im Zeitraum von 2012 bis 2022 von knapp 23000 auf etwa 19350 verringert hat – die Prognose für 2030 liegt bei 14000 Katholiken in der Stadt. Im gleichen Zeitraum stieg die Anzahl der Kirchenaustritte von 88 (2012) auf 531 (2022) an. Schon im ersten Quartal dieses Jahres seien es über hundert, rechnete Roth vor. Die Zahl der Menschen, die den Gottesdienst mitfeiern, ist in den letzten zehn Jahren ebenfalls rückläufig: Waren es 2012 noch 1958, so kamen im vergangenen Jahr noch 462 Gläubige in den Gottesdienst.
Auch die Anzahl der zur Verfügung stehenden Seelsorger hat im Laufe der Zeit abgenommen. Aktuell sind in der Gemeinde St. Vincentius vier Priester tätig, ab Sommer wird es aber eine halbe Stelle weniger sein, da Thomas Berger die Pfarrverwaltung in Hünxe übernehmen wird – Dinslaken, Voerde, Hünxe und Duisburg-Walsum bilden dann einen pastoralen Raum, dessen Ziel eine engere Zusammenarbeit der jeweiligen Pfarreien ist.
Nicht nur das Personal wird knapper, auch die finanziellen Mittel – ohne Handeln würde der Verwaltungshaushalt der Kirchengemeinde ab diesem Jahr defizitär, es müsste auf Rücklagen zurückgegriffen werden, die perspektivisch in fünf Jahren aufgebraucht wären. Eine Haushaltssicherung würde das selbstbestimmte Handeln einschränken. Die Gebäude, so heißt es in der Präsentation, seien grundsätzlich in einem guten Zustand, aber es gelte: Notwendiges muss gemacht werden, Wünschenswertes wird nicht mehr finanzierbar sein.
Welche kirchlichen Gebäude auf absehbare Zeit weiter finanziert werden können, ist noch unklar – die Erarbeitung eines Immobilienkonzepts steht erst am Ende des Prozesses. Dass es Einschränkungen und Verluste geben werde, darauf bereitete Roth die Gemeinde vor, aber er betonte, dass die Entscheidung hierüber gemeinsam getragen werden soll. Wichtig ist den Verantwortlichen, dass das wertvolle Engagement der Gruppen und in den Ortsgemeinden weitergeht und dass die Kirche auch in Zukunft vor Ort erfahrbar bleibt.
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Die Frage „Was brauchen die Menschen?“ ist daher zentral. Um das herauszufinden, konnten sich die Gläubigen bei der Pfarrversammlung mit den Seelsorgern und den Mitgliedern der Gremien austauschen. Sie nutzten diese Möglichkeit auch, wie das rege Stimmengewirr zeigte. Pfarrer Barthel Kalscheur sprach mit älteren Gemeindemitgliedern darüber, dass die älteren Menschen diejenigen seien, die am meisten in den Gottesdienst kämen, aber aus Mobilitätsgründen auch am meisten bei Einschränkungen betroffen wären. „Es gibt kreative Möglichkeiten“, sagt Kalscheur und er meint nicht nur Fahrdienste, sondern auch die vielseitige Nutzung von Kirchen für Gottesdienste und Soziales. Außerdem könne man Wortgottesdienste auch ohne Priester feiern.
Dinslakener Diakon: Seelsorge ist für die Menschen am wichtigsten
Diakon Michael van Meerbeck hat aus den Gesprächen mitgenommen, dass die Seelsorge für die Menschen am wichtigsten sei. „Wir müssen auch weiterhin eine Kirche vor Ort sein, die sich den Menschen zuwendet.“ Einige hätten auch den Abriss damals von Heilig Blut angesprochen, daher gehe es auch um die Frage, wie man die sieben Orte in der Gemeinde erhalten kann – vielleicht in veränderter Form.
Wie die Zukunft der Kirchengemeinde gestaltet wird, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Auch, wenn noch viele Fragen offen sind – ein Anfang ist gemacht und eines ist jetzt schon gewiss: Es wird anders.
>>Info: Das sind die nächsten Schritte
Bis Oktober läuft eine Sozialraumanalyse: Was brauchen die Menschen in den Stadtteilen für Glauben und Leben? Von Juli bis Oktober soll eine Pastoralstrategie entwickelt und die Ausgestaltung der Kirche vor Ort erarbeitet werden.
Bei der Sozialraumanalyse und der Ausgestaltung der Kirche vor Ort können sich die Gemeindemitglieder aktiv beteiligen. Erst im letzten Quartal steht die Erarbeitung eines Immobilienkonzepts auf dem Plan. Abschließende Beratungen und ein Beschluss sind für den Zeitraum Januar bis April 2024 vorgesehen.
Das Bischöfliche Generalvikariat Münster begleitet den Prozess. Einer der Begleiter ist Pastoralreferent Christoph Speicher von der Fachstelle kirchliche Organisationsberatung, der die Pfarrversammlung am Sonntag moderierte.