Voerde. Ein Banner auf einer Weide in Voerde zeigt Aufnahmen von getöteten Schafen. Betroffene Züchter fordern die aktive Jagd auf den Wolf.
Ein stiller, aber angesichts der gezeigten Bilder eindringlicher Protest gegen den Umgang der Politik mit den Wolfsrissen in der Region zeigt sich auf einer Weide an der Friedrichsfelder Straße in Voerde. Für das Schafzüchter-Ehepaar Ute und Ludger Sprock, das Mitte März mehrere tragende Tiere sehr wahrscheinlich durch eine Attacke dieses Raubtiers auf einer Wiese an der Rönskenstraße im unmittelbaren Siedlungsbereich verloren hat – die Bestätigung durch das Landesumweltamt (Lanuv) steht noch aus – geht die Waagschale bei der Beurteilung der Problematik nur in eine Richtung: „Wolf wird geschützt – Landschaftspfleger nicht!“ steht auf dem Banner.
Kritik der Schafhalterin aus Voerde: Argumente verhallen
Unter dem Schriftzug sind Fotos von den gerissenen Schafen zu sehen, die alle einen Namen hatten: Thalke, Wini, Sandra und Rieke. An jenem Tag, an dem die Aufnahme von dem Plakat auf der Wiese an der Friedrichsfelder Straße entsteht, weiden dort friedlich Schafe und Lämmer. Idylle auf der einen Seite, Bilder des Grauens auf der anderen.
Mit dem Banner will das Schafzüchter-Ehepaar „aufrütteln“. Es sei doch nicht zu fassen, „dass die meisten Menschen in Voerde den Wolfsübergriff maximal zur Kenntnis nehmen und dann zur Tagesordnung übergehen. Dabei fand das Ganze ca. 200 Meter vom nächsten Kindergarten statt“, sagt Sprock.
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Ihrer Ansicht nach genießt der Wolf Schutz „auf Kosten aller anderen Arten“. Dieser dürfe Dinge, wie auf den Fotos des Banners abgebildet, anrichten und komme davon. Wölfe hätten gelernt, dass ihnen nichts passiert, dass sie keine Angst haben müssten, es geschehe ihnen ja nichts. „So werden sie immer weiter vordringen, und es werden jährlich mit einer Quote von ca. 30 Prozent mehr“, sagt Ute Sprock. In den Wäldern gebe es nicht mehr ausreichend Wild, also würden die „Weidetiere massakriert“. Deren Halter würden es seit Jahren mit Argumenten versuchen, „leider nur mit mittlerem Erfolg“. Wenn das alles nicht helfe, „dann tun es hoffentlich Bilder von gerissenen Schafen.“
Über die Fotos auf dem Banner entspann sich unlängst in einer Voerder Facebook-Gruppe eine kontroverse Debatte darüber, ob sie angesichts der zu sehenden Gräuel öffentlich gezeigt werden sollten, kämen an der Stelle doch Eltern mit ihren Kindern vorbei. Ute Sprock hält dagegen, dass sie „ausgesprochen viel positive Rückmeldung erhalten hätten“. Mit Blick auf die Äußerungen auf Facebook erklärt sie, dass es „auch dort nur vereinzelte Stimmen“ mit der Auffassung gewesen seien, die Darstellung sei für Kinder nicht geeignet.
„Auf Zigarettenpackungen gibt es wirklich drastische Bilder mit erkrankten Lungen etc. – sind diese besser für Kinder geeignet? Ich bin irritiert“, sagt die Schafhalterin. Sie meint, Kinder halten es „bei entsprechender Begleitung durch ihre Eltern“ aus, die Folgen eines Wolfsrisses zu sehen. Es sei sicher gut, sie „endlich einmal damit vertraut zu machen, dass Wölfe gefährlich sind“. Immerhin lernten sie dann, dass es sich nicht um Kuschel-, sondern um Raubtiere handele. „Wir halten es für ausgesprochen verwerflich, Kindern dies nicht zu vermitteln“, sagt Sprock. Wer sich über die Bilder aufrege, solle sich einmal in Erinnerung rufen, wo der Riss stattgefunden habe.
Das Plakat auf der Weide hänge dort jedoch für die Erwachsenen: Damit verbindet Sprock die Hoffnung, „dass endlich der eine oder die andere versteht, dass es sehr sehr ernst wird mit der Wolfspopulation in unserem Land!“ Deutschland habe in Europa die höchste Wolfsdichte, „und das als eines der am dichtesten besiedelten Länder“. In anderen „mit wesentlich mehr potenziellem Lebensraum“ werde der Bestand aktiv reguliert, erklärt Sprock: „Und das soll hier nicht möglich sein?“
Für sie ist es „höchste Zeit“, den Wolf in das Jagdrecht aufzunehmen. Werde nicht kurzfristig etwas unternommen und steige die Anzahl dieser Raubtiere weiterhin so an, komme es zu sehr großen Problemen: „Dann trifft es nicht nur ein paar Schafe! Schon jetzt laufen Wölfe durch Wohngebiete“, diese würden immer weiter heranrücken, Begegnungen würden häufiger.
Für die Schafhalterin ist es eine Frage der Zeit, „wann auch Menschen zu Schaden kommen“. Sie verweist in dem Zusammenhang auf den 2021 verstorbenen kanadischen Wissenschaftler Valerius Geist. Der Wolfsforscher widersprach dem in seinen Augen entstandenen „Mythos vom harmlosen“ Raubtier, das keine Menschen angreife. Der Biologe erklärte in einem 2007 veröffentlichten Beitrag bei Nennung von Vorfällen, dass der Wolf unter bestimmten Umständen Menschen überaus gefährlich werden könne.
Ute Sprock ist überzeugt, dass die Halter ihre Weidetiere „nicht vor dem Wolf schützen“ können: „Es ist nicht möglich! Nein, auch höhere Zäune und Herdenschutzhunde lösen das Problem nicht.“ Für sie ist die Regulierung des Wolfsbestandes durch aktive Jagd das einzig geeignete Mittel. Dabei betont sie, dass es nicht darum gehe, den Wolf wieder auszurotten. Vielmehr sei das Ziel eine Regulierung. „Das ist tatsächlich auch mit der jetzigen Gesetzeslage möglich, nur leider verweigert unsere Regierung dies auf ganzer Breite“, kritisiert Ute Sprock.
Mahnende Worte: Immer mehr Weidetierhalter geben auf
Sie verweist auf die Wichtigkeit von Weidetieren: „Für die Bewältigung des Klimawandels, die Bekämpfung des Artensterbens, die Pflege unserer Naturschutzgebiete und der Deiche brauchen wir dringend Landschaftspfleger auf vier Beinen.“ Auch sie hätten Schutz verdient und seien durch monetäre Entschädigungen nicht zu ersetzen. Sprock mahnt: „Bereits seit geraumer Zeit geben immer mehr Weidetierhalter auf, weil sie die emotionale Belastung nicht aushalten.“