Dinslaken/Hünxe. Die RAG will die Grubenwassertrasse entlang des Lohberger Entwässerungsgrabens führen. Die Gemeinde Hünxe ist dafür, die Stadt Dinslaken dagegen.
Die Kommunen Dinslaken und Hünxe sind ohnehin schon wegen der Trassenführung der L4n – der Verbindungsstraße zwischen Bruckhausen und der B8 Richtung Voerde – entzweit. Mit der Grubenwasserleitung der RAG, die von der Zeche Lohberg zum Rhein führen soll, scheint ein weiterer Dauerkonfliktpunkt im selben Bereich hinzu gekommen zu sein. Die RAG würde die Druckleitung nach aktuellem Stand am liebsten entlang des Lohberger Entwässerungsgrabens bauen. Die entsprechende planerische Mitteilung – also der erste Schritt im Verlauf des Planfeststellungsverfahrens – ist den betroffenen Kommunen zugegangen. Ergebnis: Hünxe ist dafür – Dinslaken ist dagegen.
Die Stadt Dinslaken, so heißt es in der offiziellen, von der Politik verabschiedeten Stellungnahme, lehnt die Vorzugstrasse für die Grubenwasserleitung entlang des Lohberger Entwässerungsgrabens ab. Begründet wird das mit „der besonderen Schutzwürdigkeit bestehender Siedlungsgebiete, wichtiger Erholungsräume und wertvoller Naturflächen“ sowie dem „Schutz der Wohnbevölkerung“.
Das ist der Standpunkt der RAG
Zwei 7,6 Kilometer lange Rohrleitungen sollen die Grubenwässer des mittleren Ruhrreviers, die in Lohberg zusammengeführt und gehoben werden, in den Rhein leiten – etwa 33 Millionen Liter jährlich. Die Streckenführung am Entwässerungsgraben (Variante 2Oa) entlang (die Alternative 2Ob verläuft zwischen den Tenderingsseen) ist nach Auffassung der RAG die „umweltverträglichste Leitungstrasse“, weil hier Gehölze auf einer Strecke von 740 Metern gerodet werden müssten. Bei der Alternative wären 1610 Meter Gehölze betroffen. Was die Auswirkungen auf die Erholungsfunktion und Menschen („Nähe zur Bebauung“) betrifft, bewertet die RAG beide Varianten gleich.
Das fürchtet die Initiative „Stop L4n“
Das hatten schon die Vertreter der Bürgerinitiative „Stop L4n“ in der Sitzung des städtischen Planungsausschusses Anfang November in Zweifel gezogen und von den Vertretern der RAG Erklärungen gefordert – vergeblich, wie sich zeigte: Die Vertreter der RAG bezogen sich jeweils auf Fachgutachten, die aber zu diesem Zeitpunkt nicht weiter ausgeführt werden konnten. Zwar hat die RAG mehrfach gesagt, dass der Verlauf der L4n auf derselben Trasse wie die Wasserleitung nicht gut möglich sei – unter anderem wegen der schlechteren Erreichbarkeit der Druckleitungen bei Problemen. Die Bürgerinitiative „Stop L4n“ fürchtet aber, dass am Ende doch Grubenwasserleitung und L4n auf derselben Trasse gebaut werden, um den Eingriff in die Natur zu minimieren.
Das kritisiert die Stadt Dinslaken
Auch die Stadt Dinslaken äußert in ihrer – nach dem Planungsausschuss im November auf Geheiß der Politik – überarbeiteten Stellungnahme nun Zweifel an den Untersuchungskriterien. So sei etwa der Untersuchungsraum, in dem Auswirkungen der Trasse und ihres Baus beurteilt werden, zu klein. Die Grenze verlaufe über Grabenstraße, Claudiastraße und im Westen über den Fuß- und Radweg parallel des Lohberger Entwässerungsgrabens. Um die Auswirkungen der Grubenwasserleitung bewerten zu können, müssten nach Ansicht der Stadt Dinslaken aber auch die Wohngebiete im Bruch und in Lohberg berücksichtigt werden.
Auch hält die Stadt beim Kriterium „Nähe zur Bebauung“ die Definition der RAG von „Nähe“ für „unrealistisch“, so Marcus Beck vom städtischen Fachbereich Stadtentwicklung in der jüngsten Sitzung des Planungsausschusses. Denn weil „im Wesentlichen bauzeitliche Beeinträchtigungen“ zu erwarten seien, gilt für die RAG neben der „unmittelbaren Nachbarschaft der Trasse zu bebauten Grundstücken“ ein Abstand von maximal 50 Metern als „Nähe zur Bebauung“, sofern „zur Bebauung keine Abschirmung (etwa durch Gehölzbestände) vorhanden“ sei. Diese Parameter hält Dinslaken für „nicht nachvollziehbar“, denn sie würden in der Planerischen Mitteilung „nicht begründet“ – etwa indem mögliche baubedingte Emissionen und deren Ausbreitung dargelegt würden. Zudem gebe die Nähe in Metern zur Wohnbebauung die Betroffenheit des Wohnumfeldes nicht korrekt wieder: Statt dessen müsste die RAG die Anzahl der betroffenen Einwohner sowie „besonders schutzwürdiger sozialer Nutzungen“ wie Kindergärten und Spielplätze vergleichen, so die Stadt. In Dinslaken seien nämlich viel mehr Menschen betroffen.
Ähnlich wie beim Menschen würden auch bei den Auswirkungen auf die Natur der Baumbestand in Metern gemessen – dabei müssten nach Ansicht der Stadt aber auch die „unterschiedlichen Qualitäten“ etwa älterer Gehölze berücksichtigt werden. Auch müssten bei Auswirkungen auf die Erholungsfunktion neben den Tenderingsseen auch die Kleingartenanlage Fischerbusch und die Freizeitanlage Lohberg berücksichtigt werden – ebenso seien die im Lärmaktionsplan festgelegten „ruhigen Gebiete“ wie das Wegesystem entlang des Entwässerungsgrabens betroffen.
„Gestolpert“ sei die Stadt auch über die Aussage der RAG, auf der Trasse zwischen den Tenderingsseen könnte es eher zu einem Konflikt mit der künftigen L4n kommen – denn deren Trasse stehe schließlich ebenfalls noch nicht fest.
So geht es weiter
Nach der „planerischen Mitteilung“ muss die RAG nun Planfeststellungsunterlagen erarbeiten, in deren Rahmen auch die Umweltbelange geprüft werden müssen. Am Ende muss eine flurstückscharfe Trasse beantragt werden. Die Planfeststellungsunterlagen werden offengelegt. Bürger und Träger öffentlicher Belange können ihre Stellungnahmen dazu abgeben, die dann im Rahmen eines Erörterungstermins diskutiert werden. Die Entscheidung über den Trassenverlauf fällt am Ende die Bezirksregierung Arnsberg.
Den Korridor für die L4n legt Straßen NRW fest.