Dinslaken. Viele Bürger protestierten beim Planungsausschuss gegen eine Bebauung des Ackers an der Flurstraße. Wie der Beschluss begründet wurde.

Sie hatten Protestplakate in der Hand und Wut im Bauch, die Bürger, die am Montagabend zur Sitzung des Planungsausschusses in Dinslaken kamen. Obwohl mit dem Bebauungsplan Flurstraße ein populäres Thema auf der Tagesordnung stand, schien die Stadtverwaltung mit weniger Interesse gerechnet zu haben – sonst hätte die Sitzung wohl nicht im Multifunktionsraum der ansonsten dunklen Kathrin-Türks-Halle stattgefunden. Der Raum war schon vor der Sitzung so überfüllt, dass die Security den Einlass stoppte, um mehr Stühle zu organisieren.

Bürger stellten Fragen

Als Stefan Buchmann (CDU) die Sitzung einläutete, war der Raum bis auf den letzten Stehplatz gefüllt. Eine halbe Stunde räumte er satzungsgemäß den Bürgern ein, um Fragen zu stellen, weil das in der Fragestunde für Bürgerinnen und Bürger so vorgesehen ist und ein Dialog ausdrücklich nicht gewünscht war. Mancher hatte danach Mühe, seinen Unmut in Frageform zu gießen, anderen brannten die Fragen auf den Lippen: Wie die Stadtverwaltung den Verkehr ins geplante Wohngebiet abwickeln wolle, wo die Flurstraße doch nur 3,75 statt der vorgeschriebenen 4,25 Meter breit und durch Privatgrundstücke begrenzt sei, wollte eine Anwohnerin wissen.

Ob der Stadtverwaltung bewusst sei, dass das Bundesumweltamt den Paragrafen 13 des Baugesetzbuches, der dem beschleunigten Verfahren an der Flurstraße zugrunde liegt, wegen des „ungesteuerten Wachstum der Ortsränder auch auf ökologisch sensiblen Standorten“ kritisiert habe, fragte ein Bürger.

Und Hella Tobias von der Bürgerinitiative BIGG wollte wissen, warum die Stadt nicht die Fertigstellung des Masterplans Grün abwarte, bevor sie mit der geplanten Bebauung an der Flurstraße Fakten schaffe. „Es wird noch nicht kriegsentscheidend sein, ob die 40 Einfamilienhäuser da ein Jahr eher oder später stehen.“

Verwaltung: Lange Warteliste für Einfamilienhäuser

Die Verwaltung, so antwortete Planungsdezernent Dominik Bulinski, könne „ja nicht die Arbeit komplett lahmlegen und auf den Masterplan warten“. Dieser sei in Arbeit und auch bei der dem Aufstellungsbeschluss folgenden Konkretisierung der Pläne für die Flurstraße immer im „Hinterkopf“. Die Bürger hätten auf der Basis eines konkretisierten Planentwurfs im Rahmen des Verfahrens noch zweimal die Gelegenheit, ihre Bedenken und Anregungen einzubringen.

Dominik Erbelding, Geschäftsführer der Dinslakener Flächenentwicklungsgesellschaft DinFleg, wunderte sich über die aktuellen Proteste. Das Handlungskonzept Wohnen, auf dem die Bebauungspläne für die Flurstraße und weitere 42 Hektar in Eppinghoven beruhen, sei bereits 2019 verabschiedet worden: Die Bürger hätten schon damals davon ausgehen müssen, „dass da irgendwann mal etwas passiert“. Es gebe eine „sehr lange Interessentenliste für Einfamilienhäuser“ auch von Bürgern aus anderen Kommunen. An der Stelle habe die Stadt, so Bulinski, die Chance, für „die Bürgerinnen und Bürger Wohnraum zu schaffen, die vielleicht nicht das Glück haben, wie wir es haben, ein Eigenheim zu besitzen.“

Stimmen aus der Politik

Kerstin Engel (Grüne) sah „keinen Grund zur Eile“. Es gebe in Dinslaken „sehr viele Planungsvorhaben, die wir angehen können“, gleichzeitig Personalengpässe bei der Stadtverwaltung. Diese komme „sicher nicht in die Not, Däumchen drehen zu müssen.“

Gerd Baßfeld, Fraktionsvorsitzender der Linken, räumte ein, dass Dinslaken bezahlbaren Wohnungsraum brauche. Aber bezahlbarer Wohnraum in Eppinghoven – das sei „sehr schwierig“, meinte er und prognostizierte Kaufpreise von bis zu 700.000 Euro für Einfamilienhäuser an der Stelle.

Selbst wenn das so sei, merkte Thomas Beerwerth (CDU), an, „haben wir den Bedarf in Dinslaken für Einfamilienhäuser genauso wie für kleine Wohnungen.“ Die Wohnbedarfe hätten sich geändert, erklärte auch Sezgin Özen (SPD), die Menschen wollten „größer wohnen“, es gebe Bedarf an Single-Wohnungen, viele Bürger suchten Wohn-Eigentum. Es gebe viele berufstätige Menschen, die nach Dinslaken ziehen wollen, „wir haben aber nicht die Kapazität.“ Ob das bedeuten solle, dass Dinslaken „nicht mehr wachsen“ dürfe?

„Wenn wir so etwas blockieren, braucht die DinFleg mit Eigentümern keine Gespräche mehr führen“, so Özen. Die Bundesregierung wolle 300.000 bis 400.000 Wohnungen schaffen, ergänzte Gerald Schädlich, Fraktionsvorsitzender der FDP, und fragte: „Wie soll das funktionieren, wenn überall, wo Baugebiete ausgewiesen werden, sich Leute dagegen wehren?“ Durch Wohnbebauung an der Flurstraße könne man „etwas Druck“ vom Wohnungsmarkt nehmen, bekräftigte Beerwerth. Abschließend wurde der Bebauungsplan mit den Stimmen von SPD, CDU, UBV und FDP aufgestellt.

Unterschriften übergeben

Die Bürgerinitiative „Grüne Lunge Eppinghoven“ hat 1275 Unterschriften gegen die Bebauung an der Flurstraße gesammelt. Susanne Nasfi hat die Unterschriften im Planungsausschuss übergeben. Sie bittet Bürgermeisterin und Planungsdezernenten um Stellungnahme dazu. Der BUND fordere ein Hitzeschutzkonzept für Dinslaken, der Bereich Flurstraße befinde sich in einer von sechs Frischluftschneisen für die Innenstadt. Zudem fungiere der Bereich als „Naherholungsgebiet und Rad- und Wanderstrecke durch Natur und Landwirtschaftszonen“.

Zur Petition:www.openpetition.de/petition/online/erhalt-der-gruen-und-ackerflaechen-an-der-flurstrasse-dinslaken-eppinghoven-bebauung-verhindern.