Voerde. Investor stellt geänderte Planung im Ausschuss vor. Kurz vorher gibt es ein nichtöffentliches Treffen von Politik und Verwaltung mit der Firma.
Eine geplante Gesprächsrunde von Politik und Verwaltung mit der Firma Greenfield, die in der Nachbarschaft zu Trimet in Emmelsum auf einer rund 18 Hektar großen Fläche einen Logistikpark realisieren will, stößt bei den Gegnern des Vorhabens auf scharfe Kritik: Das Treffen findet wenige Tage vor der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 22. November statt, während der das Düsseldorfer Unternehmen seine aktualisierten Planungen zu dem hochumstrittenen Großprojekt im öffentlichen Teil ohnehin vorstellen wird. Bei der Gesprächsrunde am 17. November bleiben Politik, Verwaltung und Investor unter sich. Die Veranstaltung, die auf schriftliche Bitte von SPD-Fraktionschef Uwe Goemann an Bürgermeister Dirk Haarmann anberaumt wurde und zu der auch die anderen Fraktionen eingeladen sind, ist nichtöffentlich.
Gegner reagieren mit Unmut
Goemann verweist in dem Schreiben auf die aus seiner Sicht „sehr guten Erfahrungen“, die man aktuell beim RWE-Projekt zur Entwicklung des brachliegenden Kraftwerksgeländes in Möllen „mit dem Austausch im Vorfeld öffentlicher Debatten gemacht“ habe. „Des weiteren möchten wir als Fraktion die Möglichkeit haben, mit dem Investor unabhängig von Kommentierungen und sonstigen Bekundungen durch die Öffentlichkeit in einen Austausch zu kommen, um wichtige Fragen zu klären“, sagt Goemann. Das Vorgehen und die Formulierung lösen bei den Gegnern des Logistikparks Unverständnis und Unmut aus.
Die Initiative „Emmelsum-Biotop-Retten!“ empfindet es als „äußerst problematisch, wenn Politik unser bürgerschaftliches Engagement für Natur und Heimat mit negativen Zuschreibungen diskreditiert und Fragen in Einwohnerfragestunden im Rahmen der Gemeindeordnung NRW mit den Begriffen ,Bekundungen und Kommentare’ öffentlich negativ belegt!“ Es gehe ihnen „um die Bewahrung des letzten Stückes Natur in Emmelsum“. Es sei in den vergangenen Jahren „unglaublich viel niederrheinische Kulturlandschaft durch brachiale Industrieansiedlung zerstört“ worden.
„Uns geht es nicht um Politik. Wir sind politisch auch nicht gebunden. Wir können allerdings nicht verstehen, dass Teile der Voerder Politik trotz des drastischen Klimawandels und Artensterbens einfach bei einer Haltung bleiben, die den Erfordernissen der heutigen Zeit nicht gerecht wird. Wir würden uns sehr freuen, wenn diese Menschen die Chancen der Erhaltung von 18 Hektar Niederrhein-Natur für Voerde sehen könnten“, sagt Johannes Hansen von der Initiative, die sich wie die BIG Spellen vehement gegen die Umsetzung des Vorhabens stemmt.
Die Fokussierung auf industrielle Interessen stehe derzeit bei einigen Entscheiderinnen und Entscheidern leider noch im Vordergrund. „Wir hoffen, dass sich das noch ändert!“, sagt Hansen. Sein Kollege Frank Parting stellt hinsichtlich der geplanten Gesprächsrunde von Politik und Verwaltung mit der Firma Greenfield die Frage, „warum die Öffentlichkeit in einem demokratischen Entscheidungsverfahren als hinderlich angesehen wird“. Parting erklärt weiter: „Wir sehen die geplante Veranstaltung als Sonderbehandlung für die Firma Greenfield Development mit einer für uns nicht tragbaren weiteren Fokussierung auf Industrie zum Nachteil von Natur und Heimat!“
CDU-Fraktion nimmt nicht teil
In die gleiche Richtung argumentiert Ingo Hülser, Chef der CDU-Fraktion. Die Christdemokraten werden an dem Treffen ihm zufolge nicht teilnehmen. Dies hat er dem Bürgermeister schriftlich mitgeteilt. Man wolle vermeiden, „dass der Eindruck von ,Hinterzimmer-Politik’ entsteht, wenn die Stadt zusätzlich zu der vorgesehenen Projektvorstellung durch das Unternehmen Greenfield im öffentlich tagenden Stadtentwicklungsausschuss“ auf Wunsch der SPD-Fraktion zu einer „inhaltlich gleichen Veranstaltung drei Werktage vorher mit der antragsgemäßen Zielrichtung einlädt, um ,Kommentierungen und sonstige Bekundungen durch die Öffentlichkeit’ auszuschließen“. Vor dem Hintergrund der von der Öffentlichkeit erwarteten Transparenz bei politischen Entscheidungen hält die CDU-Fraktion das Vorgehen nach eigener Aussage dafür geeignet, „das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Stadtrat infrage zu stellen“ und angesichts der „umfangreichen Bürgerproteste gegen das geplante Vorhaben zur weiteren allgemeinen Politikverdrossenheit beizutragen“.
Uwe Goemann räumt ein, dass die Formulierung in dem Schreiben etwas unglücklich sei, meint aber auch: „Wenn man darin etwas Negatives erkennen will, kann man sie negativ lesen.“ Goemann verweist auf eine andere Art der Diskussion: In einer Gesprächsrunde ohne Bürgerschaft seien weniger Emotionen im Spiel. Und: „Man stellt sich nicht ins Schaufenster, muss sich nicht profilieren.“ Bei dem erbetenen Austausch mit dem Investor handele es sich um einen ganz normalen Vorgang, wie auch schon bei anderen Großprojekten praktiziert. Die SPD-Fraktion möchte vom Investor wissen, wie seine geänderten Planungen aussehen. Bei dem Termin handele es sich um eine Infoveranstaltung, es werde keine Abstimmung geben. „Das hat nichts damit zu tun, dass hinter verschlossenen Türen etwas gemauschelt wird“, sagt Goemann, der sich gegen den Vorwurf wehrt, es werde Hinterzimmer-Politik betrieben.
Bürgermeister Haarmann zeigt sich irritiert darüber, dass „da so ein Druck aufgebaut wird“. Er appelliert, „verbal abzurüsten“. Bei dem nichtöffentlichen Treffen im Vorfeld der Ausschusssitzung gehe es nicht darum, Entscheidungen zu treffen, sondern darum, „im geschützten Raum Fragen stellen zu können“. Die Phase der „Meinungsbildung ist noch lange nicht abgeschlossen, wir sind ganz am Anfang des Verfahrens“. Auch am 22. November, dem Tag der Ausschusssitzung, sei man „nicht in einer Entscheidungssituation“. Haarmann hat nach eigenem Bekunden „hohes Verständnis“ für die Interessen der Initiative, dafür, dass alle Schritte der Politik „akribisch beobachtet werden“. Der Verwaltungschef mahnt aber, „nicht vorzuverurteilen“. Man müsse zulassen, dass jemand Gesprächsbedarf anmelde.
>>Info: Gremium tagt am 22. November
Am Tag, an dem der Stadtentwicklungsausschuss stattfindet, wollen die Gegner des Logistikpark-Vorhabens in Emmelsum im Vorfeld auf dem Rathausplatz präsent sein und über ihr Anliegen informieren. Auch werden sie während der Sitzung des Gremiums vertreten sein.
Der Stadtentwicklungsausschuss tagt am Dienstag, 22. November, ab 17 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses (Raum 101).