Voerde. Bei der Bürgeranhörung zum Vorhaben auf dem früheren Sportplatz an der Heidestraße in Friedrichsfeld gab es deutliche Worte in Richtung Stadt.

Der Plan der Stadt, auf dem ausgedienten Fußballplatz an der Heidestraße in Friedrichsfeld knapp 40 Wohnbaugrundstücke zu schaffen, stößt wegen des damit verbundenen Verlustes an Bäumen bei Anwohnern auf teils scharfe Kritik. Dies machte die Bürgeranhörung am Montag im Rathaus deutlich. Das Interesse an dem Vorhaben ist hoch: Mehr als 70 Zuhörerinnen und Zuhörer – darunter auch das eine oder andere Ratsmitglied – kamen in den großen Sitzungssaal, um sich über die Planungen zu informieren.

Fast zweieinviertel Stunden dauerte die Veranstaltung, während derer sich die Verwaltung deutliche Worte wegen der Inanspruchnahme von Waldflächen anhören musste. Es geht um 7000 Quadratmeter Wald, die überplant werden und für die nach Forderung des Regionalforstamtes Niederrhein eine Ersatzaufforstung im Verhältnis 1:1,5 erfolgen muss. Dies entspricht einer Fläche von 10.500 Quadratmetern.

Anwohner stoßen sich insbesondere daran, dass der alte, auf einem künstlich angelegten Wall stehende Baumbestand im südlichen Bereich des Geländes für Bauland weichen soll. Auf der etwa 2000 Quadratmeter großen Fläche stehen nach Angaben der Verwaltung Bergahorn, amerikanische Traubenkirsche und Weide. Als weitere Baum- und Straucharten kämen vor: Spitzahorn, Schwarzer Holunder, Birke, Stieleiche und Robinie.

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Ein Anwohner der Heidestraße wollte wissen, „wer auf die glorreiche Idee“ gekommen sei, die Versickerungsmulde just dorthin zu setzen, wo heute ein alter Baumbestand stehe. Mit Blick auf den Umweltschutz sei es doch „ein Wahnwitz“, alte Bäume zu fällen, um ein neues Wohngebiet entstehen zu lassen. Mit der Meinung stand der Anwohner bei weitem nicht alleine. Eine Bürgerin verwies auf dort nistende Fledermäuse, „die unter Artenschutz stehen“, und fragte, wo man mit dem Klimaschutz anfangen solle, wenn einfach alles vernichtet werde. Auch verwies sie darauf, dass das Regionalforstamt Bedenken gegen die Baumfällungen geäußert habe.

Christine Krüger von der Verwaltung konstatierte, dass es in der Natur dieser Behörde liege, sich gegen die Inanspruchnahme von Wald und für dessen Erhalt zu positionieren. Die Mitarbeiterin des städtischen Fachdienstes Stadtentwicklung, Umwelt- und Klimaschutz führte einen weiteren Grund für die Baumfällungen ins Feld. Sie wies auf im Sommer 2021 vorgenommene Bodenuntersuchungen unter anderem der ehemaligen Laufbahn der Sportanlage und des im südlichen Bereich aufgeschütteten Walls hin. Letzterer sollte wegen des erhöhten Schadstoff-Vorkommens – die Rede ist von PAK (Polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen) – entsorgt werden, sagte Krüger.

Als weiterer Kritikpunkt aus den Reihen der Bürgerschaft wurde angebracht, dass die jahrzehntealten Bäume durch „kleine Pflänzchen“ ersetzt werden, die erst in weiter Zukunft ihre wichtige Funktion auch für das Stadtklima erfüllen würden. Ein Anwohner des Siedlerweges argumentierte mit dem geringen Waldanteil im Voerder Stadtgebiet: Der liegt bei nur neun Prozent. „Muss man die Häuser da bauen, wo Wald ist?“, lautete die rhetorische Frage des Bürgers.

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Ein anderer wollte wissen: „Braucht die Stadt wirklich jemanden, der ihr sagt, dass man Waldbestand nicht beseitigen sollte?“ Das müsse einem doch der klare Menschenverstand sagen. Der Bürger plädierte dafür, statt der geplanten etwa 38 Baugrundstücke nur noch 25 bis 28 vorzusehen, um die Baumfällungen zu vermeiden. Eine Bürgerin stellte die Frage in den Raum, warum die Baugrundstücke für die Einzelhäuser am Waldrand mindestens 500 Quadratmeter groß sein müssen: „Reichen nicht auch 400 Quadratmeter?“

Die Erste und Technische Beigeordnete der Stadt, Nicole Johann, stellte für Verwaltung und Politik fest, dass ihnen der Erhalt von Grün ganz wichtig sei. Wenig später führte sie an, dass es sich bei dem Gelände des 2019 aufgegebenen Fußballplatzes und den angrenzenden Flächen an der Heidestraße um einen Bereich mit der Möglichkeit handele, dort ein Wohngebiet für die Bevölkerung, für junge Familien zu entwickeln. Die Nachfrage nach Baugrundstücken sei in Voerde hoch – zuletzt hatte die Stadt von etwa 400 Interessenten allein auf ihrer Warteliste gesprochen. Daraufhin meldete sich in der Bürgeranhörung ein junger Mann zu Wort, der davon berichtete, seit etlichen Jahren in Voerde nach einem Baugrundstück zu suchen.

Stadt strebt Ausgleichsmaßnahmen vor Ort an

Er wandte sich an einen der vehementen Gegner der Baumfällungen, erklärte, dass er gerne Wohnraum für seine Familie hätte. Der Bürger verwies auf die Ersatzpflanzungen, die auf einer landwirtschaftlich genutzten Freifläche rund 800 Meter östlich des zukünftigen Wohngebietes realisiert werden sollen. „Wir sind sehr dafür, dass der Ausgleich vor Ort stattfindet“, erklärte Manfred Müser, Leiter des Fachbereichs Stadtentwicklung und Baurecht.

Nach den vorgetragenen Anregungen und Bedenken aus der Zuhörerschaft etwa auch bezüglich der Zufahrt zum Wohngebiet oder der Oberflächenentwässerung betonte Ulrich Neßbach, der als Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses die Bürgeranhörung leitete, dass das, was vorgestellt wurde, „nicht in Stein gemeißelt“ sei.

>>Info: Hintergrund

Aussagen zu der exakten Anzahl der Bäume, die für das neue Wohngebiet weichen müssen, sind von der Stadt auf Nachfrage nicht zu bekommen. Diese könne nicht ermittelt werden, erklärte deren Sprecherin Miriam Gruschka. Gleiches gelte für das genaue Alter der Bäume.

Der Wall im südlichen Bereich des Geländes bestehe aus einem Schluff-Sand-Gemenge mit meist aus Humus bestehenden Spuren und zum Teil Beimengen von Bauschutt, wie Gruschka erklärt. Im Sommer dieses Jahres würden weitere Untersuchungen der Anlage erforderlich, um zu ermitteln, welcher Umfang des PAK-haltigen Materials und Bauschutts entsorgt werden muss.

Die Bäume auf dem Wall seien als Eingrünung und Lärmschutz der Tennisanlage und des alten Sportplatzes entstanden.