Dinslaken. Die Stadt könnte bald zur Hanse gehören. Wenn sie das will. Vor dem Ratsbeschluss diskutierten Vertreter der Politik und lokaler Vereine darüber.

Wird Dinslaken Mitglied der Neuen Hanse? Die entsprechende Urkunde könnte die Bürgermeisterin bereits Ende Mai im Rahmen des Internationalen Hansetags in Neuss in Empfang nehmen. Die historischen Bedingungen sind gegeben, das Hansebüro in Lübeck hat sein Einverständnis signalisiert. Dinslaken kann seine Rolle einnehmen im 1980 wiederbelebten, ins Mittelalter zurückreichenden Städte- und Handelsbund, der den Wirtschaftsraum Europa verband, lange bevor sich die Territorialstaaten verfestigt haben, die heute die Europäische Union bilden.

In der neuen Hanse mischen sich die europäische Idee und ein demokratisches Grundverständnis mit dem Selbstbewusstsein Jahrhunderte alter Städte, die ihre Vergangenheit für ihr modernes, auch touristisch geprägtes Image zu nutzen wissen. Dinslaken kann in dieser die Grenzen von Ost und West überschreitenden Städtepartnerschaft dabei sein. Wenn es denn will.

Am Montag luden der Vorsitzende des Kultur-Partner- und Europaausschusses Ronny Schneider und der Fachdienst Kultur zum Onlinetreffen, in dem die Chancen der Hanse für Dinslaken zwischen Politik,Verwaltung und Vereinen diskutiert wurde. „Bei Hanse habe ich früher immer an Meer gedacht“, gestand Ronny Schneider zu Beginn. Der Vorstoß, Dinslakens Mitgliedschaft in die Neue Hanse zu beantragen, kam vom Shanty Chor Dinslaken, denn auch heute ist die Hanse ein verschworener Bund und es ist für Außenstehende schwierig, bei den Festivals der Hansestädte aufzutreten. Wie es mit der Hanse hier am Niederrhein steht, zeigt ein Blick nach Wesel. Hansefest in der Innenstadt, Hanse-Radweg zwischen Neuss und Zwolle, die Hanse als Baustein im historischen Gedächtnis der Stadt.

Die Hanse einte (mal mehr, mal weniger in ihrer Geschichte) Kaufmannstädte zwischen Köln (wegen der Verbindung nach London) und Dortmund mit den Zentren an der Nord- und Ostsee, ein bürgerlich-städtischer Zusammenschluss, der den freien Handel gewährleistete. Deshalb agierte man auch regional. Die Hansestädte reihten sich wie Perlen entlang des Rheins und der IJssel. Dinslaken ist mehrfach urkundlich erwähnt, die Belege finden sich vor allem im Stadtarchiv Wesel. Im 15. und 16. Jahrhundert sprach Vesalia hospitalis, die heutige Kreisstadt, bei den Hansetreffen für das kleine Dinslaken mit. Beistadt nannte man eine solche Kleinstadt, sie galt aber als vollwertiges, wenn auch entsprechend weniger zahlendes Mitglied. Und so ist es auch heute.

Städtepartnerschaftsverein ist dafür

Statt eine weitere Partnerstadt hinzuzugewinnen, gleich 196 auf einen Schlag: Renate Seidel zeigte sich als Vorsitzende des Städtepartnerschaftsvereins von dieser Vorstellung begeistert, Niklas Graf brachte Bedenken vor. Die Grünen möchten an ihrer Idee einer weiteren Städtepartnerschaft festhalten, sehen diese von der Hanse bedroht. Graf deutete eine vage Vorstellung vom historischen Städtebund in seiner Fraktion zwischen finsterem Mittelalter und Handelsfreibeuterei an, ob die moderne Hanse denn die Vergangenheit aufarbeitete? Darauf gab die Runde am Montag keine Antwort.

Stattdessen verwies Dieter Seidel vom Shanty Chor auf die Schirmherrschaft über das Internationale Hansefest in Neuss von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die Entscheidung fällt am 14. März im Hauptausschuss. „Wenn, muss man das dann aber auch richtig machen“, betonte der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege Land Dinslaken Dr. Thomas Becker. Bedeutet, es gibt viel Historisches für Dinslaken über die Hanse im Großen und hier im Kleinen in der Region zwischen dem rheinischen Köln und Kampen in den Niederlanden zu erforschen – dass es Informationsbedarf über dieses Stück europäischer, deutscher und lokaler Geschichte gibt, zeigte sich bereits in der Online-Runde.

Kontakte müssen geknüpft und gepflegt werden, am besten hoch angesiedelt in der Verwaltung. Fair Trade Town ist Dinslaken bereits, damit rennt man bei der Hanse offene Türen ein. Feste und Veranstaltungen seien möglich, so DIN-Event-Geschäftsführer Alexander Krößner, die Tourismus-Vermarktung könnte die Hanse-Zugehörigkeit stärken, befürwortet Gesa Scholten.

Nicht nur für lokale Musikgruppen, sondern auch für den Kulturkreis bietet die Hanse Chancen. Für den Jugendaustausch der Youth Hanse ist auch bürgerschaftliches Engagement gefragt. Der Shanty-Chor, der bislang von allen in Dinslaken den engsten Kontakt mit Hansevertretern hatte, ist jedenfalls Feuer und Flamme für die Fülle der Möglichkeiten und Begegnungen über Landesgrenzen hinweg. Und das der Zeitpunkt jetzt genau richtig ist, darüber war man sich bei dem Online-Meeting auch einig. Schließlich wird 2023 Historisches hoffentlich mit ganz vielen Impulsen für die Gegenwart und Zukunft gefeiert: 725 Jahre Stadt Dinslaken. Hansestadt Dinslaken, könnte es dann heißen.