Dinslaken. Die Emscher, einstige „Kloake des Ruhrgebiets“, ist zum ersten Mal seit rund 170 Jahren wieder sauber. Damit endet auch eine Ära in Dinslaken.

Uli Paetzel verkündete die frohe Neujahrsbotschaft persönlich auf Facebook: „Es ist geschafft! Wir haben unser Versprechen gehalten“, schreibt der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft im sozialen Netzwerk. „Die Emscher ist komplett abwasserfrei!“

Es sind wenige Worte, die Historisches beschreiben: 170 Jahre lang diente die Emscher dem nördlichen Ruhrgebiet als Kloake, bis sich die Emschergenossenschaft vor nunmehr drei Jahrzehnten auf den Weg machte den Fluss von Abwasser zu befreien. Die stinkende Brühe verschwindet nun in einem riesigen Abwasserkanal, den die Emschergenossenschaft in den vergangenen Jahren 51 Kilometer weit von Dortmund bis Dinslaken durchs Erdreich getrieben hat.

Ära der Kläranlage Emscher-Mündung als Flusskläranlage endet

Damit endet auch die 1974 begonnene Ära der Kläranlage Emscher-Mündung (KLEM) als Flusskläranlage. Das Klärwerk im Städtedreieck Dinslaken, Oberhausen und Duisburg wird nun komplett durch den unterirdischen Abwasserkanal Emscher (AKE) beschickt – der oberirdische Emscher-Fluss fließt nun nur noch an der Anlage vorbei.

Die Betriebsabteilung Westliche Emscher bei der Emschergenossenschaft hat in dieser Woche in enger Abstimmung mit der Bezirksregierung Düsseldorf den Zulauf zur KLEM emscherseitig abgesperrt. Um dies zu ermöglichen, wurde die Kläranlage in den vergangenen Jahren aufwändig umgebaut. Eine Teilinbetriebnahme der „neuen“ KLEM fand bekanntlich Ende April 2019 statt.

Der Umbau des Klärwerks, ein Großprojekt für sich, wurde seinerzeit bei laufendem Betrieb durchgeführt. Unter anderem entstand eine komplett neue Vorklärstufe (Einlaufbauwerk, Rechenanlage, Sandfang, Vorklärbecken) und es wurden im Bereich der biologischen Reinigung insgesamt 24.192 Belüfterelemente ausgetauscht.

Rund 145 Millionen Euro investiert

Die Emschergenossenschaft investierte in den Umbau der Kläranlage rund 145 Millionen Euro. Mit der Maßnahme passte sie ihre Anlage eigenen Aussagen zufolge damals bereits an das nun neue Emscher-System an. Erhielt das Klärwerk bis Ende 2021 über den Emscher-Fluss eine hohe Wassermenge mit relativ niedriger Konzentration an Abwasser, verringert sich seit Inkrafttreten der Abwasserfreiheit im Fluss zwar die Wassermenge – allerdings fällt die nun durch den unterirdischen Kanal ankommende Abwasserkonzentration höher aus. Die nun saubere Emscher fließt dagegen nur noch an der Anlage vorbei.

Die jetzt erreichte Abwasserfreiheit kommt der Artenvielfalt im Emscher-Gebiet zugute und natürlich auch den Menschen in der Region: Entstanden sind vier Großkläranlagen, die heute zu den modernsten des Landes zählen. Mehr als 430 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen sind verlegt worden – das entspricht der Distanz zwischen Essen und Paris. Parallel zum Kanalbau sind zudem bereits rund 150 Kilometer an Gewässern renaturiert worden und bieten heute ein neues Zuhause für Eisvögel, Libellen, Stelzen und Groppen. Die Artenvielfalt an der Emscher hat sich in den vergangenen drei Jahrzehnten durch den Emscher-Umbau verdreifacht.

Mehr Informationen zum Projekt und der Emschergenossenschaft selbst gibt’s online auf www.eglv.de.