Dinslaken. Ende 2021 wird der Fluss zum ersten Mal seit mehr als 170 Jahren von der Abwasserfracht befreit sein. Das Generationenprojekt liegt im Zeitplan.

„Wasser wertschätzen“ lautet das Motto des Weltwassertages, zu dem die Vereinten Nationen am 22. März aufrufen. Die Emschergenossenschaft gibt zum Weltwassertag den Fahrplan für die Abwasserfreiheit in der Emscher bekannt: Bis Ende 2021 soll der zentrale Fluss im Ruhrgebiet komplett von seiner Schmutzwasserfracht befreit sein. Erstmalig seit mehr als 170 Jahren. Im Zuge des Strukturwandels im Revier nahm seit 1992 sein symbolträchtigstes Vorhaben Fahrt auf: das Generationenprojekt Emscher-Umbau. 30 Jahre, versprach die Emschergenossenschaft beim Beschluss des Vorhabens Ende 1991, würde diese Mammutaufgabe in Anspruch nehmen. „Wir sind voll im Zeitplan: Genau drei Jahrzehnte nach der visionären Entscheidung für dieses Jahrhundertprojekt wird Ende 2021 kein Tropfen Abwasser mehr in die Emscher eingeleitet werden“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.

Der Fahrplan für 2021

Die künftige abwassertechnische Hauptschlagader der Region ist der unterirdische Abwasserkanal Emscher (AKE), der 51 Kilometer weit von Dortmund bis Dinslaken reicht. Er ist bereits auf ganzer Länge verlegt. Im 35 Kilometer langen Abschnitt zwischen Dortmund und Bottrop ist der AKE in Betrieb. Die Emscher führe dadurch bereits deutlich weniger Abwasser als zuvor. Zahlreiche weitere Einleitstellen sind anschlussbereit.

Damit die „abwassertechnische Hauptschlagader“ auf der Gesamtstrecke bis Dinslaken geflutet werden kann, ist ein sprichwörtliches Herzstück notwendig: das Pumpwerk Oberhausen. „Gemeinsam mit dem AKE wird es ab diesem Sommer die Emscher zu neuem Leben erwecken“, so Paetzel. Deutschlands künftig größtes Schmutzwasserpumpwerk in Oberhausen-Biefang befindet sich in der Fertigstellung. Das Gebäude ist bereits errichtet. Aktuell wird die Maschinen- und Elektrotechnik installiert. „Ab dem Frühjahr werden wir das Pumpwerk auf Herz und Nieren testen, bevor es im Sommer in den Vollbetrieb gehen kann: Insgesamt sind zehn mächtige Pumpen nötig, um künftig das Abwasser aus einer Tiefe von rund 40 Metern zu heben – mit einer Maximalleistung von 16.500 Litern pro Sekunde“, sagt Dr. Emanuel Grün, Technischer Vorstand bei der Emschergenossenschaft.

Wichtigster Meilenstein

Die vollständige Inbetriebnahme des Pumpwerks Oberhausen plant die Emschergenossenschaft für August – es wird der größte und wichtigste Meilenstein in der Geschichte des Emscher-Umbaus sein. Sobald das Pumpwerk läuft, können sukzessive bis Ende 2021 alle noch verbliebenen Abwassereinleitungen in die Emscher an den unterirdischen AKE angebunden werden. Dann endlich wird sauberes Fluss- und Regenwasser offen in und durch die Emscher fließen, das Abwasser dagegen unterirdisch durch Kanäle in Richtung der Kläranlagen transportiert.

Damit endet nach rund drei Jahrzehnten das Generationenprojekt Emscher-Umbau, in den die Emschergenossenschaft mehr als fünf Milliarden Euro investiert haben wird. „Der Umbau der Emscher steht symbolisch für die nachhaltige Transformation des Ruhrgebietes und bildet den Auftakt für weitere Veränderungen in unserer Region! Der Strukturwandel muss weitergedacht werden. Die Zukunft des Ruhrgebietes beginnt gerade erst“, sagt Uli Paetzel. Zahlreiche Chancen und Potenziale habe das wasserwirtschaftliche Projekt bereits aufgedeckt, wie beispielsweise der Bau des Phoenix Sees mit seinem Weinanbaugebiet, die inzwischen stark frequentierten Radwege, die auf 130 Kilometer die neue grün-blaue Infrastruktur an der Emscher soll erleb- und erfahrbar machen.

„Mehrwert-Effekte für Natur und Menschen“

Den vermutlich größten Einfluss hat der Emscher-Umbau auf die Anpassung der Region an die Folgen des Klimawandels gehabt. Bereits zu Beginn des Jahrtausends mahnte die Emschergenossenschaft einen nachhaltigen Umgang mit Regenwasser an. Einerseits, um Überflutungen nach Starkregenereignissen zu vermeiden – andererseits, um bereits renaturierte Gewässer in Hitzephasen vor dem Austrocknen zu bewahren. Zahlreiche bereits abwasserfreie Abschnitte – an der Emscher, aber auch an den Nebenläufen – sind renaturiert worden. Idyllische Flusslandschaften entstanden vielerorts. Im Zuge der Renaturierung hat sich die Artenvielfalt in und an den Gewässern seit Anfang der 1990er-Jahre (rund 170 Arten) nahezu verdreifacht – heute sind es rund 500 Arten, die ins Emscher-Gebiet zurückgekehrt sind. „Die Emscher ist der Fluss mit Plus: Ihr Umbau bietet Mehrwert-Effekte für Natur und Menschen“, so Uli Paetzel.