Voerde. Andre Stepper, Kaufmann in Voerde, setzt sich sehr für andere ein. Vor 15 Jahren erlebt er selbst einen Schicksalsschlag und erfährt viel Hilfe.
Deutschland Ende März 2020: Der erste Corona-Lockdown tritt in Kraft – die meisten Geschäfte und die Gastronomie müssen erstmals in Folge der Pandemie ihre Türen schließen. Nur Läden, die lebenswichtige Waren anbieten, bleiben geöffnet – zudem Banken und Tankstellen. Andre Stepper gehört zu jenen, die weiterhin ihrer Arbeit nachgehen können und denen in der Krise eine elementare Rolle zukommt. Für den Inhaber der beiden Edeka-Märkte in Friedrichsfeld und Spellen ist es ein „extremes Glück“, dass er seine Geschäfte offen lassen kann. Und es ist zugleich ein klarer Auftrag: „Wir haben jetzt Verantwortung, müssen jeden Tag an der Front stehen“, sagt er sich, ist dabei zupackend und kreativ, setzt sich über das übliche Maß hinaus ein.
Als im Frühjahr 2020 wegen der Hamsterkäufe das Toilettenpapier zur Mangelware wird, organisiert er über Beziehungen kurzerhand eine Extra-Lieferung aus Albanien. 9000 Pakete mit 90.000 Rollen bringt der Lkw an diesem Tag im April nach Friedrichsfeld. Auch lässt der Kaufmann über die Bäckerei Ernsting Mehl in großen Säcken und Hefe in Blöcken liefern, die seine Mitarbeiter in kleinere Portionen abpacken. Andre Stepper ist erleichtert, vor allem auch die älteren Kunden, die nicht mehr mobil sind, versorgen zu können: „Wir haben die Sorgen der Menschen jeden Tag live gesehen.“
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Not macht den 37-Jährigen nicht nur erfinderisch, sie weckt bei ihm nicht selten den Wunsch zu helfen. Dabei hat er die Menschen im Auge, die ohne ihr Zutun vor große Probleme gestellt werden – etwa in Folge der Pandemie: Andre Stepper kauft 2020 in den Restaurants in Friedrichsfeld und Spellen Gutscheine im Wert von insgesamt 2500 Euro, die er an die Kunden verlost. Sein außergewöhnliches Engagement zieht bis nach Berlin Kreise: Eines Tages meldet sich das Bundespräsidialamt am Handy und er erhält eine Einladung zu einem Gespräch mit Frank-Walter Steinmeier. Der Bundespräsident trifft sich mit ihm und drei weiteren Bürgern, die sich in der Corona-Krise besonders eingesetzt haben, in Münster zum Kaffeetrinken. Ohne sein Team könnte er sich nicht in der Form engagieren, sagt Andre Stepper dankbar.
Auch abseits der Pandemie leistet der Dinslakener spontan Hilfe: Als er erfährt, dass Unbekannte das in der Weseler Innenstadt stehende Kinderkarussell von Klaus Skornia niedergebrannt haben, ist für ihn sofort klar, dass er etwas für den Friedrichsfelder Schausteller tun möchte. Andre Stepper initiiert in seinen Edeka-Märkten eine Spendenaktion in Form von Pfandbons.
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Sehr nah geht dem Kaufmann auch das Schicksal der Menschen, die nach der Flutkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz vor dem Nichts stehen. Als Kunden auf ihn zukommen und sagen, dass sie gern bei ihm Sechser-Träger Wasser kaufen würden, die das DRK dann in das betroffene Gebiet liefern könnte, nimmt Stepper das Zepter selbst in die Hand und mobilisiert innerhalb weniger Tage einige seiner Kollegen, um mit Hilfe der Kunden, deren Sachspenden sie großzügig aufstocken, einen Lkw zu beladen. Die Hilfsgüter werden nach Bad Neuenahr-Ahrweiler gebracht. Das Bild der Verwüstung macht Stepper, der mitfährt, fassungslos: „Selbst vor Ort zu sein, das packt einen menschlich“, sagt er an diesem Tag.
Auch er selbst hat erlebt, wie sich das Leben durch einen schweren Schicksalsschlag von jetzt auf gleich verändern kann: Mit 22 Jahren bekommt er die niederschmetternde Diagnose „Krebs“. Zu dieser Zeit ist Stepper, der die Realschule Voerde besuchte und am Berufskolleg Dinslaken das Wirtschaftsabitur baute, bei Edeka im zweiten Lehrjahr zum Einzelhandelskaufmann. Vier Tage nach der Nachricht, die ihm den Boden unter den Füßen wegzieht, wird er operiert, es folgen prophylaktisch drei Chemo-Therapien. Zum Glück hat der Krebs nicht gestreut.
Ausbilder ist für Andre Stepper eine große Stütze
Andre Stepper stellt sich die Frage nach der Zukunft: „Kannst du noch das erreichen, was du dir vorgenommen hast?“ Seinen Traum, selbstständiger Kaufmann zu werden, gibt er nicht auf. Ein Dreivierteljahr kann er nicht arbeiten. Zuhause und im Krankenhaus lernt er, wenn er die Kraft dazu hat. Neben der Familie ist ihm sein Ausbilder Wolfgang Pohl, damaliger Leiter des Edeka-Marktes in Duisburg-Buchholz, eine große Stütze. „Er hat mich extrem gefördert“, erinnert sich Stepper. Wenige Monate vor Ende des zweiten Lehrjahres kehrt er in den Beruf zurück, schließt das dritte mit der Prüfung sehr gut ab.
Dann geht es Schlag auf Schlag: Der Dinslakener darf am Junioren-Aufstiegsprogramm von Edeka teilnehmen, arbeitet in dieser Zeit im E-Center in Hamborn. Im Anschluss folgt der nächste Schritt: Er wird stellvertretender Leiter des Edeka-Marktes in Kaarst, bevor der Kreis sich in Voerde schließt. Andre Stepper wird dort Leiter von Marktkauf und trifft wieder auf einen wichtigen Menschen: Peter Bartels, damals wie heute stellvertretender Geschäftsleiter, ist für ihn menschlich und fachlich eine große Stütze.
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Dann endlich erfüllt sich sein größter Traum: Der damals 33-Jährige erhält den Anruf, ob er den Edeka-Markt in Friedrichsfeld übernehmen will. Ein paar Tage muss er ob der Herausforderung überlegen. Nach zwei Jahren folgt der Markt in Spellen. „Mein Wunsch war immer, meine Selbstständigkeit in der Region realisieren zu können. Ich bin sehr heimatverbunden“, sagt er. Viele Menschen hätten ihm die Chance gegeben, sich seinen Traum zu erfüllen. Andre Stepper möchte ein Stück zurückgeben, indem er Menschen unterstützt, die „etwas mit Leidenschaft tun“ und unverschuldet in Schwierigkeiten geraten sind. Ihn macht es traurig, wenn jemand durch Corona „Knüppel zwischen die Beine geworfen bekommt, wofür er nichts kann“. Nah am Kunden, nah am Menschen und Ansprechpartner vor Ort zu sein – die Philosophie, die er sich als Kaufmann gesetzt hat, lebt Andre Stepper auch.