Voerde/Kreis Wesel. Initiator Andre Stepper und seine Helfer brachten am Mittwoch gespendete Hilfsgüter aus Voerde und Umgebung nach Bad Neuenahr-Ahrweiler.

Die Betroffenheit ist Andre Stepper am Telefon deutlich anzumerken. Wenige Stunden zuvor hat er mit dem Hilfstransport, der am frühen Mittwochmorgen Friedrichsfeld in Richtung Süden verließ, Bad Neuenahr-Ahrweiler erreicht. Die Stadt im Norden von Rheinland-Pfalz wurde von der Flutkatastrophe besonders hart getroffen. „Was Wasser für eine Macht hat“, sagt Andre Stepper erschüttert. Das Bild der Verwüstung macht ihn fassungslos: Berge von Schlamm und Geröll, vor den Häusern stapeln sich die kaputten Gegenstände, die die Menschen aus den Häusern geholt haben.

Der Inhaber der Edeka-Märkte in Friedrichsfeld und Spellen hatte innerhalb weniger Tage eine Hilfsaktion für die Opfer der Flutkatastrophe auf die Beine gestellt und dafür einige Kollegen gewinnen können. Die Kunden hatten die Möglichkeit, bei den teilnehmenden Märkten Sachspenden abzugeben, und die Kaufleute wiederum stockten diese deutlich auf.

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Am Ende kamen so insgesamt 34 Euro-Paletten mit Hilfsgütern für die Menschen zusammen – 16 davon mit den Sachspenden der Kunden bestückt, berichtet Andre Stepper. Darunter Hygieneartikel, Konserven, Baby-Nahrung und -seife, Einwegteller und -besteck und vieles mehr. Oben auf die Paletten kamen noch zahlreiche Packungen Toilettenpapier. Vor allem auch Wasser wird in den Katastrophengebieten benötigt – davon hatte der Lastwagen ebenfalls reichlich an Bord. Zudem brachte Andre Stepper mit seinem Transporter Waren für den direkten Verzehr wie etwa Äpfel, Birnen oder Bananen mit.

Die Spedition Schneider mit Sitz in Friedrichsfeld stellte den Lkw zur Verfügung, mit dem die riesige Ladung mit Hilfsgütern zum Ziel gebracht wurde. Christian Haltenhof steuert den Lastwagen an diesem Mittwoch ehrenamtlich. Für ihn ist es die dritte Fahrt in einen von dem verheerenden Hochwasser betroffenen Ort. Die ersten beiden Touren führten Christian Haltenhof nach Würselen bei Aachen.

Unterstützung gab es außerdem von der Firma Bosserhoff und Mercedes Herbrand, die unter anderem Schaufeln, Besen, Eimer, Gummistiefel und Notstromaggregate organisierten.

Stefan Simon am Eingang zu seinem Versicherungsbüro, in dem die Wassermassen einen „Totatschaden“ anrichteten.
Stefan Simon am Eingang zu seinem Versicherungsbüro, in dem die Wassermassen einen „Totatschaden“ anrichteten. © PR | Privat

Bei der von ihm initiierten Spendenaktion stand Andre Stepper in dem Bemühen, im Krisengebiet Kontakte zu knüpfen, im engen Austausch mit dem hiesigen DRK-Kreisverband Dinslaken-Voerde-Hünxe. Das Deutsche Rote Kreuz habe eruiert, „wo es Bedarf gibt“. Am Ende kam die Verbindung nach Bad Neuenahr-Ahrweiler über einen persönlichen Kontakt zustande: Georg Schneider von der gleichnamigen Spedition griff zum Telefonhörer und bot Stefan Simon Hilfe an.

Der hatte lange Zeit am Niederrhein gelebt, war in Friedrichsfeld mit einem Versicherungsbüro ansässig. Als seine Frau nach 21 Jahren das Heimweh packte, ging es zurück nach Bad Neuenahr-Ahrweiler, woher Stefan Simon gebürtig stammt. Sein Versicherungsbüro, das durch die Flutkatastrophe einen Totalschaden erlitten hat, ist nun eine der vielen Ausgabestellen in der Stadt für Sachspenden.

Den riesigen Lastwagen mit einem Auflieger von mehr als 16 Metern Länge in das Zentrum von Bad Neuenahr-Ahrweiler zu lenken – daran ist nicht zu denken. Also müssen die Helfer vom Niederrhein die Sachspenden in einen kleineren Lkw umladen. In der Stadt befinden sich mehrere Ausgabestellen, an denen sich die Menschen Lebensmittel und andere Dinge abholen können, berichtet Andre Stepper. So kämen sie auf kürzerem Weg dorthin. Anlaufstelle für ihn und seine Unterstützer ist das Versicherungsbüro von Stefan Simon. Dort haben die Wassermassen einen Totalschaden angerichtet. Sein Elternhaus wurde zerstört.

Stefan Simon selbst lebt im höher gelegenen Gimmigen. In dem Dorf hatten sie an jenem Tag Sandsäcke gefüllt, um diese im Fall des Falles vor Fenster und Türen zu legen. Sie trieb die große Sorge um, der Stadtteil könnte, wie 2016 geschehen, erneut überflutet werden. Am Ende gab es für Gimmigen Entwarnung. Doch dann bekam Stefan Simon ein Video: Darauf ist zu sehen, wie Autos und Mülltonnen – mitgerissen von der Flut – an seinem Büro vorbeischwimmen. Die Ahr habe innerhalb von drei Stunden sechs bis sieben Meter an Wasser gewonnen. „Von 28 Brücken sind 26 weg“, berichtet Stefan Simon. Alles sei zerstört.

Autos wurden durch die Wassermassen mitgerissen.
Autos wurden durch die Wassermassen mitgerissen. © PR | Privat

Den Menschen dort sei von jetzt auf gleich alles genommen worden, ihr Zuhause, ihr Job, sagt Andre Stepper. Die Bilder ließen ihn vor der Fahrt das Ausmaß der Zerstörung zwar erahnen – aber „selbst vor Ort zu sein, das packt einen menschlich. Die Emotionen kommen, wenn man die Menschen sieht.“ Stepper berichtet, gehört zu haben, dass jeder zweite, dritte Ladeninhaber wegen der fehlenden Versicherung wohl nicht wieder aufmachen werde. Durch den Einsatz vor Ort könne er nunmehr abschätzen, wie lange der Wiederaufbau dauern werde.

Eine erste Station des von ihm initiierten Hilfstransportes nach Bad Neuenahr-Ahrweiler ist ein Wohnhaus. Die älteren Leute, die dort leben, können es nicht verlassen, da sie nicht mehr mobil sind. Ihnen bringen die Helfer vom Niederrhein eines der gespendeten Notstromaggregate und Lebensmittel.

Das Schicksal der von der Flutkatastrophe getroffenen Menschen geht Andre Stepper sehr nahe: „Wir fahren in unser Leben zurück.“ Es sei ein Wahnsinn, „welches Glück wir gehabt haben“. Voerde und Umgebung waren beim Starkregenereignis vor einer Woche glimpflich davon gekommen. Die Eindrücke in Bad Neuenahr-Ahrweiler machten dankbarer und demütiger, sagt Andre Stepper.

Massen an Spermüll liegen vor den Häusern.
Massen an Spermüll liegen vor den Häusern. © PR | privat

Schließlich packen er und seine Helfer noch selbst mit an. In einem Wohnhaus wenige Meter von Stefan Simons Büro entfernt helfen sie kurzerhand dabei, Dinge aus dem mit Schlamm vollgelaufenen Keller zu bergen. Sie bilden eine Kette und bringen sie mit Hilfe der mitgebrachten Obst- und Gemüsekisten nach draußen.

>>Info: Teilnehmer der Hilfsaktion

Für die Aktion konnte Andre Stepper auch die Inhaber der Edeka-Märkte in Voerde (Wendorf) und Möllen (Dröschel), in Drevenack (Kirsch) und Bruckhausen (Uttrodt) sowie die drei Edeka-Märkte Komp in Wesel, Edeka Lurvink (zwei Mal in Xanten und einmal in Wesel), Edeka Büscher in Oberhausen sowie den Marktkauf in Voerde gewinnen.