Voerde. Rüdiger Kunst stand der Voerder Politik zur vorgesehenen Umstrukturierung im Kreis Wesel Rede und Antwort: Alle Streifen bleiben erhalten.

In der Stadtmitte entsteht das neue Polizeidienstgebäude, das schon in naher Zukunft den alten Standort an der Frankfurter Straße ablösen wird. Der entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen. Die Planungen der Kreispolizeibehörde Wesel, die Wache in Voerde zu einer Dienststelle herabzustufen und diese nicht rund um die Uhr zu besetzen, lassen jedoch in der Bevölkerung die Frage nach dem Sinn der Baumaßnahme aufkommen. Und: „Da ist das Gefühl, ,wir werden hier so langsam abgekoppelt’“, konstatierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Uwe Goemann im Haupt- und Finanzausschuss. Dort hatte die lokale Politik die Gelegenheit, auch die Sorgen der Bürger direkt Richtung Verantwortliche zu kommunizieren: Der Leitende Polizeidirektor Rüdiger Kunst stand in dem Gremium – auf Initiative von CDU, FDP und WGV – zu dem Thema Rede und Antwort. Die Politik werde gefragt, ob bei den Plänen „zwischen wichtigeren und unwichtigeren“ Kommunen unterschieden werde, erklärte FDP-Fraktionschef Bernd Benninghoff.

Vier zentrale Standorte

Polizeichef Rüdiger Kunst hatte zuvor in einem Vortrag die Gründe für die vorgesehene Umstrukturierung innerhalb der Kreispolizeibehörde dargelegt, in deren Zuge fünf der derzeit insgesamt zehn Polizeiwachen im Kreisgebiet – nur zwei Polizeibehörden in NRW hätten mehr – zu Dienststellen degradiert werden: Verbleiben werden vier Wachbereiche mit Standort in Moers (Süd), Wesel (Nord), Dinslaken (Ost) und Kamp-Lintfort (West), die weiterhin Tag und Nacht besetzt sind. Xanten kommt eine Sonderrolle zu. Die Wache bleibt als Dependance von Kamp-Lintfort mit einem durchlaufenden Wachdienst erhalten.

Kunst begründete die geplante Umstrukturierung damit, dass die aktuelle Aufbauorganisation in einigen Bereichen eine optimale Aufgabenbewältigung behindere. Ziel sei die personelle Stärkung des Wachdienstes und „die Fokussierung von Kräften zur Bewältigung“ polizeilicher Schwerpunktaufgaben sowie der Kriminalitätsbekämpfung. In sechs Wachen würden die zwingenden Vorgaben des Organisationserlasses aktuell nicht erfüllt. Dazu gehört auch der Standort in Voerde, der künftig dem Bereich Ost zugeordnet sein wird. In Dinslaken ist der zentrale Standort – mit Voerde und Hünxe/Schermbeck als Streifenbezirke. Neben der Reduzierung der Öffnungszeiten für den Publikumsverkehr in der Dienststelle an der neuen Adresse (Friedrichsfelder Straße) auf 8 bis 16 Uhr stößt auch die künftig fehlende Wachleitung auf Kritik. Die Stadt fürchtet den Wegfall eines „wichtigen Ansprechpartners auf dem schnellen Dienstweg“. Kunst verwies auf den Chef der Dinslakener Wache, der diese Aufgabe übernehme.

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Seit 2014 habe die Kreispolizeibehörde Wesel mehr als 50 Polizeibeamte verloren, sagte Rüdiger Kunst. Der Fraktionschef der Wählergemeinschaft Voerde (WGV), Christian Garden, fragte mit Verweis auf Berichte über Neueinstellungen bei der NRW-Polizei, ob dies womöglich der Ausrichtung des Landes geschuldet sei. Garden sprach die im Fokus des NRW-Innenministers stehende Bekämpfung der Clankriminalität an: „Das bindet viele Kräfte.“ Polizeichef Kunst verneinte Gardens Frage und erklärte, das Verfahren zur Verteilung der Kräfte sei „absolut belastungsbezogen“.

Kunst legte die Zahlen für das vergangene Jahr zur Kriminalitätsentwicklung im Kreis Wesel für den rechtsrheinischen Teil vor: In Voerde gab es 1475 angezeigte Straftaten. Da die absoluten Zahlen aufgrund der unterschiedlichen Größe der sechs rechtsrheinischen Kommunen nicht verglichen werden können, wird die „Häufigkeitszahl“ herangezogen. Diese bildet die angezeigten Straftaten bezogen auf 100.000 Einwohner ab. Danach ist die Kriminalitätsgefährdung in Wesel am größten und in Schermbeck am geringsten – gefolgt von Hamminkeln und Voerde. „Sie leben in Voerde in einem sehr behüteten Bereich. Und in Zukunft wird sich das nicht verschlechtern für Sie“, versicherte Kunst. Alle Streifen/Streifenbereiche blieben erhalten. Die Streifenwagenbesatzungen für Voerde beginnen und beenden künftig in Dinslaken ihren Dienst. Für CDU-Fraktionschef Ingo Hülser zeigen die präsentierten Zahlen, „dass die bestehenden Strukturen funktionieren“ und nicht geändert werden sollten.

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Ziel sei es, etwas für die „objektive“ Sicherheit zu tun – das passiere jedoch nicht dadurch, dass jemand in einem Dienstgebäude sitze. Es gehe darum, die Kräfte draußen zu verstärken, sagte Kunst zur Kritik an den eingeschränkten Öffnungszeiten. Wer nach 16 Uhr zur Polizei gehen wolle, könne dies unter anderem in Dinslaken und Wesel tun. Ist zu dem Zeitpunkt noch jemand im Dienstgebäude in Voerde, werde dem, der die Klingel mit Gegensprechanlage betätigt, geöffnet. Ansonsten wird derjenige über Telefon mit der Polizeiwache in Dinslaken verbunden. „Wer war von Ihnen nachts auf der Polizeiwache“, fragte Kunst, „da ruft man doch eher die 110 an.“ Der Leitende Polizeidirektor will einen Hinweis von CDU-Fraktionschef Hülser mitnehmen. Er hatte einen „langen Donnerstag“ mit Öffnungszeiten von 10/11 bis 19/20 Uhr vorgeschlagen. Kunst könnte sich als Option die Einrichtung einer Sprechstunde vorstellen.

>>Info: Standort in Voerde wird zur Polizeisonderdienststelle

Im neuen Gebäude an der Friedrichsfelder Straße werden weiterhin die vier im Stadtgebiet eingesetzten Bezirksdienstbeamten – auch „Dorfsheriffs“ genannt – ihr Büro haben. Zudem werden dort Motorradpolizisten und Hundeführer sowie Kräfte des Schwerpunktdienstes angesiedelt sein, der rechtsrheinisch bei kleineren Veranstaltungslagen, Bombenentschärfungen etc. eingesetzt ist. Dies sei mit „einer deutlich spürbaren Präsenz“ verbunden, sagte der Leitende Polizeidirektor Rüdiger Kunst. Auch das Verkehrskommissariat 2 wird dort seinen Standort haben.