Dinslaken/Voerde. 18 Schulen in Dinslaken und die Gesamtschule Voerde sollen ab Januar mit Luftfiltern ausgestattet werden. Aber es könnten Lieferengpässe drohen.

Im Januar sollen die ersten Schulen in Dinslaken sowie die Gesamtschule Voerde mit Luftfiltergeräten ausgestattet werden. Dinslaken hat nach langem Hin und Her die Ausschreibung für die 244 vom Stadtrat beschlossenen Luftfilter veröffentlicht. Der Text basiert auf dem Test von 18 bereits gekauften Luftreinigern der Firma Trox aus Neukirchen-Vluyn. Diese aber wird sich wohl an der Ausschreibung nicht beteiligen, signalisiert Vertriebsleiter Thorsten Dittrich. Grund sind die Vergabekriterien der Stadt. Nach den Ausschreibungsunterlagen erhalten die preiswertesten bzw. schnellsten Anbieter den Zuschlag. In die Wertung geht der Gesamtangebotspreis mit 80 Prozent, der Lieferzeitraum mit 20 Prozent ein.

Warum Trox Probleme mit der Ausschreibung hat

Als Grundlage für die Ausschreibung dient die technische Ausstattung der getesteten Trox-Filter. Damit konnte die Virenlast bei dem am Theodor-Heuss-Gymnasium durchgeführten Test bei gleichzeitigem Stoßlüften alle 20 Minuten um 36 Prozent gegenüber dem alleinigen Lüften verringert werden. Die Geräte, mit denen in Neukirchen-Vluyn alle Schulen ausgestattet sind, kosten 5100 Euro pro Stück. Fördergelder bekommt Dinslaken nicht. Weil Trox aufgrund des hohen Preises bei der Vergabe wohl nicht berücksichtigt werde, werde sich seine Firma wohl nicht um den Auftrag bewerben, so Thorsten Dittrich.

Preiswerte Geräte aber würden mitunter eine „falsche Sicherheit vorgaukeln“, weil sie bei einer Verschmutzung der Filter nicht automatisch nachregeln, sagt er. Dadurch werde die empfohlene Luftwechselrate nicht erreicht. Die Elternvertreter der Schulen betonen vor diesem Hintergrund, dass die Stadt mit ihnen zwar die technischen Merkmale der Ausschreibung, nicht aber die Vergabekriterien abgestimmt hat.

Darum könnten Lieferengpässe drohen

Durch das Kriterium der schnellen Lieferzeit will die Stadt Dinslaken den Bietern einen Anreiz geben, schnell zu liefern, ohne einen konkreten Zeitraum vorzugeben. Damit sollen eventuell auftretende Kapazitätsprobleme bei den Bietern abgefedert werden, teilte die Stadt den Elternvertretern mit.

Dass diese zu befürchten sind, bestätigen große Anbieter von Luftfiltergeräten auf NRZ-Anfrage. Weil sich andere Bundesländer – wie Bayern – erheblich schneller zu einer Förderung durchringen konnten als NRW, haben viele Kommunen schon im Sommer Luftfiltergeräte ausgeschrieben. Auch in NRW waren einige Städte wie Köln – das mehrere tausend Luftfilter ausgeschrieben hat – oder auch Duisburg schneller.

Die Folge könnten Kapazitätsprobleme bei Zubehörteilen für Luftfilteranlagen sein. Große Firmen greifen dabei zum Teil schon jetzt auf Lagerbestände zurück. Die Nachfrage sei „weiterhin hoch“, sagt Franz Carsten Weidner, Director of Marketing Europe bei AAF International, einem Schwesterunternehmen von Daikin, nach eigener Aussage weltweit führender Hersteller von Lüftungssystemen mit Sitz in Unterhaching. Ein Nadelöhr seien zugekaufte Komponenten – wie das Gebläse oder die Steuerungseinheit. „Wir leben hier derzeit von unserem aufgebauten Lagerbestand und den vereinbarten Nachbestellmengen bei unseren Lieferanten. Wenn es auf Seiten unserer Lieferanten zu einem Engpass hinsichtlich der Produktionskapazität kommen sollte, steigt auch unsere Lieferzeit. Das ist abzusehen, wenn Kommunen sich jetzt in Gänze und relativ zeitgleich zu einer Bestellung durchringen“, so Franz Carsten Weidner.

Sollte eine Ausschreibung also eine „sehr große Menge innerhalb eines unrealistischen Zeitrahmens enthalten, werden wir hier wahrscheinlich nicht teilnehmen können. Unserer Ansicht nach wird es anderen Herstellern ähnlich gehen“, so Weidner. Thorsten Dittrich, Vertriebsleiter von Trox, bestätigt: Seine Firma habe derzeit ebenfalls nur wenige Wochen Lieferzeit – nehme aber auch nur Aufträge an, die sicher bedient werden können.

Stadt Dinslaken kann nicht mehr als 65 Geräte pro Woche aufstellen

Die Stadt Dinslaken sieht eine Lieferung ab Januar an den 18 Schulen mit Kindern unter zwölf Jahren – das sind alle Grundschulen, Gymnasien, Gesamtschulen, Real- und Sekundarschule – vor. Allerdings können aus „organisatorischen Gründen nicht mehr als 65 Geräte pro Woche geliefert und aufgestellt werden“, so die Stadt Dinslaken. Zum Teil müssen noch die baulicher Voraussetzungen für die Aufstellung der Anlagen geschaffen werden, sagte Bürgermeisterin Michaela Eislöffel bei der jüngsten Ratssitzung.

Der Rat soll am 14. Dezember über die Anschaffung entscheiden. Weil die Inbetriebnahme laut Ausschreibung spätestens neun Wochen nach erfolgtem Zuschlag vorgesehen ist, sollten spätestens Mitte Februar alle Geräte laufen.

Voerde hat auf eine Ausschreibung verzichtet

Anders als Dinslaken, das die 244 Luftreinigungsgeräte aufgrund der erwarteten Auftragssumme in Höhe von mehr als einer Million Euro europaweit ausgeschrieben hat, hat die Stadt Voerde die erforderlichen 25 Geräte für den früheren Neubau der Comenius-Gesamtschule ohne Ausschreibung auf den Weg gebracht. Diese habe deshalb nicht vorgenommen werden müssen, weil in der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) geregelt sei, dass Leistungen „im Wege der Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb“ vergeben werden können, wenn sie aufgrund unvorhersehbarer Umstände, „besonders dringlich“ seien und die Gründe dafür nicht dem Verhalten des Auftraggebers zuzurechnen seien, erklärt Stadtsprecherin Miriam Gruschka. Das treffe auch auf die „Beschaffung von Leistungen zur Eindämmung der Ausbreitung des Corona-Virus“ zu, habe das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Anfang 2020 mitgeteilt.

Die Gesamtkosten für die 25 Luftfilter an der Gesamtschule beziffert Voerde auf etwa 95.000 Euro. Diese würden zu 100 Prozent über die Förderrichtlinie gedeckt.