Voerde. Die Stadt will beim Verkauf ihrer Bauflächen Vergabekriterien anwenden. Kinder sollen stärker ins Gewicht fallen als langjähriger Hauptwohnsitz.

Die Nachfrage nach städtischen Baugrundstücken ist auch in Voerde hoch: Die Liste der Bewerber wächst nach Angaben der Verwaltung stetig. Aktuell sind dort etwa 400 Interessenten vermerkt, wobei Doppel- beziehungsweise Mehrfachnennungen in anderen Kommunen nicht ausgeschlossen seien. Dies zeige, dass – auch in Anbetracht der allgemeinen Lage auf dem Immobilienmarkt – die Nachfrage nach städtischen Baugrundstücken auf absehbare Zeit größer sein werde als das kommunale Angebot. Daher hält es die Verwaltung auch nach wie vor für geboten, für die Vergabe der Flächen allgemeine Kriterien zu beschließen, um so eine „faire und transparente Vergabepraxis zu ermöglichen“.

Vor einem Jahr hatte die Politik über die von der Verwaltung vorgelegten Vergaberichtlinien bereits beraten. Der Stadtrat beschloss am Ende, aufgrund der Komplexität des Themas eine Entscheidung darüber auszusetzen und zunächst einige der Vergabekriterien nur für die Vermarktung von vier städtischen Baugrundstücken an der Handwerkerstraße in Spellen anzuwenden. Diese hätten sich als grundsätzlich zielführend erwiesen, bilanziert die Verwaltung.

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Dort griff die Regelung, einen Anteil von 50 Prozent der Flächen vorrangig an Bewerber zu vergeben, die ihren Hauptwohnsitz in Spellen haben. Dieser Ansatz sollte nach Ansicht der Verwaltung – jeweils angepasst an den Stadtteil – auch weiterhin beibehalten werden. Allerdings schlägt sie Änderungen vor, um etwa insbesondere dem Ziel, Familien mit Kindern eine Ansiedlung zu ermöglichen, gerecht zu werden. Die Stadt will durch attraktive Angebote für diesen Personenkreis „dem demografischen Trend der Überalterung“ entgegenwirken.

Bei der Vergabe von Baugrundstücken ist ein Punktesystem vorgesehen. Da spielen etwa die Wohnverhältnisse eine tragende Rolle: Ist kein Eigentum vorhanden, sondern wird zur Miete gewohnt, soll dies mit zehn Punkten in die Bewertung einfließen. Ein weiteres Kriterium ist, wie lange die betreffenden Personen ihren Hauptwohnsitz im Stadtgebiet haben oder hatten. Im Fall der Handwerkerstraße in Spellen konnten die Bewerber die maximale Punktzahl von 25 mit einem Hauptwohnsitz seit 25 Jahren oder einem ehemaligen Voerder Wohnsitz für 31 Jahre erreichen. Ein Drittel der Bewerber kam hier auf die Maximalpunktzahl.

Für die Verwaltung ist ein langjähriger Hauptwohnsitz in Voerde im Vergleich zu anderen Kriterien allerdings zu stark gewichtet. Sie verweist auf die Haushaltssituation, die bei der Bewertung ebenfalls stark ins Gewicht fällt. Für jedes nicht volljährige Kind werden jeweils zehn Punkte vergeben. Heißt mathematisch betrachtet: Die 25 Punkte, die maximal mit einem langjährigen Hauptwohnsitz zu erreichen sind, entsprechen der Punkteanzahl für zweieinhalb Kinder unter 18 Jahren.

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Dies könne beispielsweise dazu führen, dass „die zu bevorzugenden Familien mit jungen Kindern“, die keinen Hauptwohnsitz in Voerde haben oder hatten, bei ansonsten gleichen Rahmenbedingungen in der Regel weniger Punkte erhalten als kinderlose Ehepaare mit langjährigem Hauptwohnsitz im Stadtgebiet. Dieses Kriterium soll künftig auf nur noch zehn statt 25 Punkte begrenzt werden. Sind die Grundlagen ansonsten die gleichen, würde dies bedeuten, dass Familien schon mit einem Kind grundsätzlich mehr Punkte als kinderlose Partner bekommen, rechnet die Stadt vor.

Der Haupt- und Finanzausschuss hat sich einstimmig für die von der Verwaltung vorgelegten Vergabekriterien bei der Vermarktung von Baugrundstücken ausgesprochen. Die finale Entscheidung trifft der Stadtrat in der nächsten Woche.

Der Stadtrat tagt am Dienstag, 5. Oktober, ab 17 Uhr in der Aula des Gymnasiums. Für die Teilnahme an der Sitzung gilt die 3G-Regel.