Dinslaken. Vor KTH-Eröffnung hatten Rat und Verwaltung im großen Saal Premiere. Gezeigt wurde das Stück: Alle wollen das Beste für Kinder und Jugendliche.

Wo sich schon bald Tragödien abspielen und Komödien für Lacher sorgen werden, durfte der Rat am Dienstagabend Premiere feiern: Nach vielen Sitzungen im Tribünenhaus der Trabrennbahn fand die Sondersitzung im großen Saal der fast fertig sanierten Kathrin-Türks-Halle (KTH) in Dinslaken statt. Gezeigt wurde das Stück: Alle wollen das Beste für Kinder und Jugendliche in Dinslaken. Ein Drama in fünf Akten (siehe unten) – mindestens, denn eine Fortsetzung ist sicherlich nicht auszuschließen. Doch ob es eher eine Komödie oder am Ende eine Tragödie wird, stellte sich erst nach rund zwei Stunden voller Wortbeiträge heraus.

Die Premiere in der Stadthalle hat mit wenigen Minuten Verzögerung begonnen. Bürgermeisterin Michaela Eislöffel tritt auf die Bühne. Sie setzt sich in die Mitte ihres Ensembles, zwischen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, begrüßt die Politik und das Publikum und betont in einem kurzen Monolog: „Wir haben heute ein ganz wichtiges Thema auf der Tagesordnung, ein Thema, was uns umtreibt und was uns umtreiben muss. Wir entscheiden hier heute etwas für unsere Kinder.“ Vor ihr, im Publikumsraum, der bei der Sondersitzung als zweite Bühne fungiert, sitzen die Ratsmitglieder. Das Publikum – es sind vor allem Eltern, Lehrkräfte und Schüler – blickt vom hinteren Podest auf das Geschehen. Es hat klare Vorstellungen für den Ausgang der Vorstellung: Es will Luftfilter an allen Schulen und auch Kitas in Dinslaken.

Der erste Akt

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„Wir fordern die umgehende Beschaffung von geeigneten Luftfiltergeräten für alle Räume an Schulen, Aulen, Turnhallen und Kitas in Dinslaken“, sagt die Politik, die die Ratssondersitzung zu den Luftfiltern beantragt und so die Rolle des Protagonisten eingenommen hat. Ihr Antagonist – also Gegenspieler – ist bei der Vorstellung die Stadtverwaltung.

Sie ist gegen den Vorschlag, verweist auf den geringen zusätzlichen Nutzen und die hohen Kosten. Als Alternative schlägt sie Fensterventilatoren vor. „Auch für uns steht das Wohl aller an erster Stelle. Wir sind nur nicht restlos überzeugt von den Luftfiltern. Sonst würden wir sie auch vorschlagen“, erklärt Schuldezernentin Christa Jahnke-Horstmann. Sie betont: „Im Ergebnis wollen wir das gleiche.“ Und auch Kämmerer Thomas Palotz sagt: „Die Entscheidung hängt nicht am Geld.“

Der zweite Akt

Nachdem das Publikum mit teils sehr emotionalen Redebeiträgen zur Vorstellung beitragen durfte, („Fragestunde für Einwohnerinnen und Einwohner“), tritt die Bürgermeisterin in den Dialog: „Ich möchte, dass Ihnen klar wird: Wir haben uns mit der Thematik auseinandergesetzt“, sagt sie. „Wir haben eine Studie in Auftrag gegeben, wir haben Geräte angeschafft, die erprobt wurden. Wir alle wissen, das hat lange gedauert, denn wir wollten das unter Bedingungen machen, wenn Schülerinnen und Schüler im Klassenraum sitzen.“

Sie betont: „Wir haben die Vorlage nach bestem Wissen und Gewissen erstellen lassen, auch mit sehr viel Aufwand in der Stadtverwaltung, denn die Kolleginnen und Kollegen waren mit diesem Thema bis zu diesem Zeitpunkt nicht vertraut.“ Und sie schiebt hinterher: „Wir fühlen uns als Verwaltung und ich auch als Bürgermeisterin ziemlich allein gelassen vom Land und vom Bund.“

Der dritte Akt

Zum Beginn des dritten Aktes, dem Höhepunkt eines jeden klassischen Dramas, ergreift die Politik erneut das Wort. „Wir haben eine Verantwortung, nicht nur den Schülerinnen und Schülern gegenüber, sondern auch den Lehrkräften“, betont der FDP-Vorsitzende Gerald Schädlich.

Reinhard Wolf schlägt für die SPD vier neue Punkte zur Abstimmung vor: Die Sozialdemokraten fordern, dass in einem ersten Schritt die laut Verwaltung erforderlichen 244 Geräte für Schulen umgehend beschafft werden. Die SPD schlägt auch vor, dass diese 244 Geräte vorrangig an die Schulen mit Kindern im Alter unter zwölf Jahren ausgeteilt werden. Und dass bei der Beschaffung die Expertise der Schulen genutzt wird. Außerdem fordert sie von der Verwaltung gegen Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres einen Stand über das Vergabe- und Beschaffungsverfahren. Und einen Zeitplan zur Beschlussfassung, wie die weitere Ausstattung von Schulen und Kindergärten erfolgen kann. „Die Grünen befürworten den gerade gestellten Antrag der SPD sehr“, sagt Andreas Kalthoff. Sie hätten ihn ja eigentlich auch gemeinsam erarbeitet, das habe er nur vergessen zu erwähnen, fügt Wolf entschuldigend hinzu. Die CDU bitte um eine kurze Sitzungsunterbrechung zwecks Absprache. Der Höhepunkt ist jetzt erreicht.

Der vierte Akt

„Nach Beratung der CDU-Fraktion darf ich erklären, dass wir den SPD-Vorschlag unterstützen werden“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Heinz Wansing. Gerald Schädlich äußert den Vorbehalt, dass bei den nun geäußerten Punkten nur von 244 Geräten die Rede ist. „Wir haben aber alleine über 600 Räume an den Schulen in Dinslaken“, sagt er. Dieter Holthaus, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken, bittet deshalb um einen Grundsatzbeschluss, dass auch wirklich Geräte für alle angeschafft werden. Er wird als Präambel, als Einleitung also, dem Antrag vorausgestellt.

Frank Spieker von der Partei „Die Partei“ möchte den Zusatz ergänzt wissen, dass die Verwaltung prüft, „inwieweit Dinslaken durch die Beschaffung der Luftfilter Modellstadt werden kann – auch in Bezug darauf, Schulschließungen zu vermeiden. Dann können wir der SPD zustimmen.“ Er wird ergänzt.

Der fünfte Akt

Die Ratsmitglieder stimmen über die gemeinsam formulierten fünf Punkte ab. Es gibt keine Gegenstimmen und eine Enthaltung aus den Reihen der UBV. Als die Abstimmung beendet und damit die umgehende Anschaffung von Luftfiltern beschlossen ist, applaudiert das Publikum. Dann stehen die Eltern, Schüler und Lehrkräfte geschlossen auf und verlassen den Saal. Aus ihrer Sicht war die Premiere in der KTH eine gelungene.

>> DER AUFBAU DES KLASSISCHEN DRAMAS

  • Das klassische Drama besteht aus fünf Akten. 1. Akt: Exposition: Das Drama beginnt mit einer Einführung des Zuschauers in die Ausgangssituation. Häufig deutet sich hier der tragende Konflikt bereits an. 2. Akt: Erregendes Moment (Katastase): Die Katastase baut den Konflikt auf, steigert ihn und erzeugt Spannung. 3. Akt: Peripetie (Klimax, Höhepunkt): Die Peripetie ist der entscheidende Wendepunkt des Stücks. 4. Akt: Retardierendes Moment: Es folgt das retardierende, also verzögernde Moment. Es sorgt für Spannung, indem es den Schluss hinauszögert. 5. Akt: Lösung oder Katastrophe: Zum Schluss wird der dramatische Konflikt entweder aufgelöst oder er endet in einer Katastrophe.