Dinslaken. Der „Blitzer ohne Personal“ könnte den alten Radarwagen in Dinslaken ersetzen. Allerdings werden die Geräte immer wieder mutwillig zerstört.
Die Stadt Dinslaken erwägt die Anschaffung eines mobilen Blitzers. Die sogenannten Blitzer ohne Personal (BoP), im Fachjargon „Enforcement Trailer Semistation“, stehen auf einem Anhänger und können so flexibel im Stadtgebiet eingesetzt werden und Temposünder überführen. Der Kreis Wesel hat bereits vier solcher Geräte, auch die Stadt Moers hat zu Jahresbeginn eines angeschafft.
Anlass: Grüne wollen gegen Raser vorgehen
Anlass der städtischen Überlegungen ist eine Anfrage der Grünen. Die Fraktion hat ein abendliches und nächtliches Raserproblem auf der Hans-Böckler-Straße zwischen Hünxer Straße und Douvermannstraße ausgemacht und vorgeschlagen, in dem Bereich eine stationäre Geschwindigkeitsüberwachungsanlage und Rotlichtblitzer zu installieren.
Messung: 152 Stundenkilometer auf der Hans-Böckler-Straße
Die Stadt kontrollierte daraufhin die Geschwindigkeit in dem Bereich – und stellte zumindest für den Abschnitt zwischen Wiesen- und Julius-Kalle-Straße eine „Problematik in den Randzeiten hinsichtlich der gefahrenen Geschwindigkeit“ fest. Vor allem in den Abend- und Nachstunden drückten hier Autofahrer kräftig aufs Gas: Die schnellsten hatten je nach Fahrtrichtung 101 beziehungsweise 152 Stundenkilometer auf dem Tacho.
In den Jahren 2019 und 2020 gab es dort 65 Unfälle, Ursache sei meist eine Kombination mehrerer Verstöße gewesen – wie Handy am Steuer, rote Ampel ignoriert, zu schnell gefahren. Ein Stück weiter, am Pollenkamp, erwischte die Polizei innerhalb der beiden Jahre 70 Raser und fünf Rotlichtsünder.
Das sind die Vorteile
Von einem stationären Blitzer rät die Stadt allerdings ab – nicht nur wegen der Anschaffungskosten in Höhe von knapp 50.000 Euro, sondern auch, weil die Standorte nach einer gewissen Zeit bekannt seien. Angesichts der „Anzahl und Höhe“ der zuletzt gemessenen Verstöße lohnt sich die Anschaffung wohl nicht. Das gelte auch für eine 120.000 Euro teure kombinierte stationäre Rotlichtüberwachung.
Die Stadt Dinslaken hat vor zehn Jahren zur mobilen Geschwindigkeitsüberwachung ein Fahrzeug mit Radarmesstechnik zuerst gemietet, dann gekauft. 2017 folgte ein weiteres Fahrzeug mit Lasermesstechnik. Allerdings ist ein „Auslaufen der Radartechnik aus personellen und wirtschaftlichen Gründen mittelfristig vorgesehen“, so die Stadt. Der Wagen könnte dann durch einen mobilen Blitzer ersetzt werden, schlägt die Verwaltung vor. Dieser biete „vielfache Einsatzmöglichkeiten im Stadtgebiet mit dem mehr als 300 Kilometer umfassenden Straßennetz“, so dass man vor allem Bürgerwünschen nach längerfristiger Überwachung auch über Nacht entgegen kommen könnte, so Stadtsprecher Marcel Sturm.
Das sind Nachteile
Nachteil: Die Blitzer ohne Personal lassen sich nicht überall aufstellen. Die Hans-Böckler-Straße wäre etwa ein ungeeigneter Standort, weil dort nicht genügend Platz zwischen Fahrbahn und Radweg ist und es auch keine Seitenstreifen oder Parkbuchten gibt – das erschwert allerdings auch den Einsatz des Radar-Messfahrzeuges.
Und dort, wo die mobilen Blitzer stehen, ziehen sie gerne den Unmut von Bürgern auf sich. Die Stadt verweist diesbezüglich auf „negative Erfahrungen des Kreises Wesel im Dinslakener Stadtgebiet“. So wurden die Blitzer mit Farbe beschmiert, „absichtlich zugeparkt“ – oder das Glas eingeschlagen wie in Voerde. Dagegen hilft auch nicht, dass die 160.000 Euro teuren „BoP“ von Werk aus nette Namen tragen: Der Moerser Blitzer heißt Anton, sein Pendant in Bielefeld heißt Bernhard – wurde aber trotzdem schon mit der Spitzhacke angegriffen. Kreisweit gesehen allerdings seien die Schäden durch Vandalismus in Dinslaken „eher gering“, so die Stadt.
Das sind die Einnahmen
Dafür sind die Blitzer recht effektiv: Innerhalb von rund drei Monaten wurden damit kreisweit 13.600 Raser ertappt – somit wurden rund 200.000 Euro Bußgelder fällig. Dinslaken nimmt im Jahr etwa 365.000 Euro Bußfelder aus der Geschwindigkeitsüberwachung ein (abzüglich Kosten für Personal, Fahrzeuge etc), in den ersten sieben Monaten des Jahres waren es 210.000 Euro.
Darum werden die Standorte derzeit nicht angekündigt
Wo die Radarfallen der Kreispolizei und der Stadt stehen, wurde früher immer angekündigt. Per Pressemitteilung oder in Facebook-Posts der Kreis Weseler Polizei, die so witzig waren, dass sie schnell Kultstatus erlangten. Seit geraumer Zeit geben aber Kommune und Polizei die Standorte der Blitzer nicht mehr bekannt.
Grund ist eine Leitlinie des NRW-Innenministeriums, nach der Kontrollen unangekündigt erfolgen sollten. Dies ist zwar nicht bindend – aber die Kreispolizei hat sich dafür entschieden, um „notorische Raser“ zu erwischen und durch Sanktionen zum Umdenken bewegen zu können, so Polizeisprecher Timm Wandel.
Die Stadt Dinslaken kann „die Standorte nicht mehr so zuverlässig mit einer Woche Vorlauf ankündigen wie vor Corona, weil nicht zwangsläufig jeder der pro Tag angedachten Standorte auch wirklich immer am geplanten Tag angefahren wird“, so Stadtsprecher Marcel Sturm. Das soll sich aber bald wieder ändern.