Voerde. Nach drei Dürrejahren müssen Landwirte wie Hendrik Mömken und Familie Hülser 2021 mit viel Regen umgehen. Sie seien „glimpflich“ davongekommen.
Die Bilder könnten gegensätzlicher nicht sein. August 2020: Die Limousin-Rinder von Ingo Hülser stehen auf der Weide neben seinem Hof auf staubtrockenem Boden – die Wiesen sind verdörrt. Fünf Wochen in Folge ohne Regen haben ihren Tribut gezollt. Knapp ein Jahr später – Mitte Juli 2021: Ingo Hülser und sein Nachbar Hendrik Mömken müssen ihre Tiere von den Weiden im Rhein- oder Lippevorland holen. Die lang anhaltenden Niederschläge und am Ende der Starkregen haben Hochwasser gebracht, das sich auf den Flächen ausbreitet.
Landwirte wie Hendrik Mömken und Ingo Hülser aus Ork am Rhein spüren die Folgen der zunehmenden Wetterextreme, die Forscher dem Klimawandel zuschreiben, in ihrem Arbeitsfeld hautnah. Sie beide kamen beim jüngsten Unwetter anders als ihre Kollegen in den Katastrophengebieten in NRW und im nördlichen Rheinland „glimpflich“ davon, betonen sie – „geschockt“ von den Ereignissen dort.
Zum Teil seien durch die Flut ganze Höfe und Tiere weggeschwemmt worden, sagt Ingo Hülsers Tochter Luisa, die nach Abschluss ihres Agrarwirtschaftsstudiums auf dem elterlichen Hof im Nebenerwerb tätig sein möchte. Gegen all das, was in den überfluteten Gebieten passiert ist, stellten sich die Folgen des jüngsten Unwetters für Ingo Hülser und seinen Nachbarn Hendrik Mömken als händelbar dar.
Die zunehmenden Wetterextreme mit drei Dürreperioden in Folge und einem bis jetzt eher nassen Jahr, das zuletzt zu einem im Sommer ungewöhnlichen Hochwasser führte, zwingt die Landwirte, flexibel zu reagieren, erklärt Hendrik Mömken. Ingo Hülser kann sich an derartige Wetterschwankungen innerhalb so kurzer Zeit wie in den vergangenen zehn Jahren nicht erinnern. Anders als im Sommer 2020 nach langer Trockenperiode schauen sie auf das laufende Jahr entspannter – auch wenn der viele Regen nicht folgenlos blieb: Zu dieser Jahreszeit stehen die Kühe und das Jungvieh von Hendrik Mömken normalerweise draußen auf der Weide und nicht – wegen Hochwassers – im Stall.
Auf den überfluteten Flächen in Rheinufernähe bietet sich für seine Tiere aktuell nichts zu fressen. Einen Monat müsse man warten, bis sie dort wieder weiden können, erklärt Ingo Hülser. Obendrein sind Mömkens Kühe Feinschmecker. „Das riecht nach Wattenmeer. Das mögen die nicht“, sagt der Landwirt schmunzelnd. Aus diesen Gründen wird das Gras auf den Weiden im Rhein- und im Lippevorland abgemäht. „Jetzt muss wieder Winterfutter zugefüttert werden“, erklärt Mömken eine Konsequenz des Hochwassers.
Landwirtschaft: 2020 war das Wetter von extremer Dürre geprägt
Dies, berichtet Ingo Hülser, sei aber nicht ganz so schlimm: Zum Glück haben wir bereits Futter geerntet. Wir versuchen, alles an Vorrat zu schaffen, was geht“, sagt der Landwirt im Nebenerwerb auch mit Blick auf künftige Dürreperioden. Hendrik Mömken hat einen Tag vor dem Hochwasser das Futter auf den Weiden im Rheinvorland vor Spellen („Am Schied“) zum großen Teil retten können – es quasi vor dem ansteigenden Wasser weggehäckselt.
Den ersten Grasschnitt in diesem Jahr machte er Ende Mai/Anfang Juni – normalerweise ist dafür Ende April/Anfang Mai die Zeit. Da aber der Mai „so regenreich“ war und es keine drei aufeinander folgenden trockenen Tage gegeben hatte, die für die Grassilage erforderlich sind, verschob sich die Ernte um einige Wochen nach hinten. Für den Heuschnitt sind mindestens fünf trockene Tage am Stück notwendig, wie Ingo Hülser erklärt.
Mit Blick auf 2021 und das von extremer Dürre geprägte Vorjahr spricht Tochter Luisa von insgesamt besseren Wachstumsbedingungen und mithin einem besseren Ertrag. Vater Ingo zitiert eine Weisheit: „Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun und Fass.“ 2020 hatte die anhaltende Trockenheit das Anpflanzen von Futtermitteln für das gehaltene Vieh für die Landwirte schwierig gemacht. Zwei komplette Grasschnitte fehlten den Hülsers und ihrem Nachbarn bis Mitte August. Waren es sonst im Jahr vier bis fünf, seien es höchstens drei, berichteten sie damals. Auch mussten sie Futter zukaufen, um ihre Tiere satt zu bekommen. Das wird in diesem Jahr nicht nötig sein.
Augenfällig ist, wie hoch der Mais aufgrund des vielen Regens jetzt bereits steht: Bis zu drei Meter misst er schon. 2020 war er zum gleichen Zeitpunkt „etwa halb so hoch“, erinnert sich Luisa Hülser. Anfang August wurde der Mais seinerzeit gehäckselt. Teils habe es gar keinen Ertrag gegeben. Die Ernteaussichten für dieses Jahr sind da deutlich rosiger: „Der Mais wächst bombig“, sagt Ingo Hülser. Bis zu der Mitte/Ende September anstehenden Ernte brauchen die Pflanzen aber noch Wasser, betont sein Kollege Hendrik Mömken. Er hofft, dass es hin und wieder in Maßen regnet – und kein Sturm und Hagel kommen. Vor einigen Jahren hatte ein solches Unwetter seinen Mais umgeknickt, so dass nur die Hälfte geerntet werden konnte.