Hünxe. Nach 42 Jahren im Schuldienst, 22 davon als Gründungsleiter der Gesamtschule Hünxe, geht Klaus Ginter nun in den Ruhestand – mit etwas Wehmut.

42 Jahre. So lange ist Klaus Ginter nun, wie er es ausdrückt, „in Schule“ gewesen. Mehr als die Hälfte davon – und zwar 22 Jahre lang – in Hünxe. Seit der Gründung der Gesamtschule im Jahr 1998 ist der 66-Jährige deren Leiter gewesen. Am letzten Tag dieses Schuljahres war auch Ginters letzter offizieller Schultag. Und auf den blickte der Essener wenige Tage zuvor im Gespräch mit der NRZ „durchaus ambivalent“. „Es ist natürlich schön, mit 66 Jahren aufzuhören und auf die Dinge zu blicken, die nun kommen“, sagt Ginter. „Aber es ist auch viel Wehmut dabei.“

Die ist ihm auch anzumerken, als er über seine offizielle Entlassfeier am Vortag spricht. Mit der Titelmelodie von „Mission Impossible“ („Mission unmöglich“) sei diese eingeleitet worden und habe mit der Übergabe eines Finisher-T-Shirts mit dem Aufdruck „Mission Accomplished“ („Mission erfüllt“) geendet. Das ist in mehrerlei Hinsicht passend. Einmal, weil Ginter vor Jahren schon mal so ein Shirt erhielt, als er den London-Marathon lief. Und auch, weil er mit dem Aufbau der Gesamtschule Hünxe Ende der 90er-Jahre eben vor eine große Mission gestellt wurde. „Anfangs gab es große politische Schwierigkeiten“, erinnert der scheidende Schulleiter sich zurück.

Kontroverse politische Diskussion vor Start der Gesamtschule Hünxe

Er erzählt von der Sondersitzung des Hünxer Rates am Freitagabend, 7. August 1998. Diese wird er wohl nicht vergessen. Denn damals wurde kontrovers diskutiert und schließlich mit lediglich einer Ein-Stimmen-Mehrheit entschieden, dass die Schule auch wirklich an den Start geht – und das nur fünf Tage später, am 12. August 1998. „Neun Lehrerinnen und Lehrer und 92 Schülerinnen und Schüler waren wir da. Es war alles deutlich kleiner, ich hatte meine Kammer, wir hatten das B-Gebäude und den Parallelgang. Der Rest existierte noch nicht“, erinnert sich Ginter. Nun seien es 85 Lehrkräfte, gut 1000 Kinder und Jugendliche und weitaus mehr Räumlichkeiten.

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„Es ist schon schön zu sehen, was hier im Laufe der Jahre passiert ist", sagt Ginter. „Es hat sich innerhalb der Schule so eine gegenseitige Wertschätzung entwickelt. Eine besondere Atmosphäre, die nicht gespielt ist.“ Und es sei schön, dass „wir über all die Jahre durchaus unsere Pläne mit einbringen konnten“. Die Zusammenarbeit mit der Gemeindeverwaltung sei insgesamt „ausgesprochen positiv“ gewesen, ebenso wie die Arbeit mit den vielen Menschen und Organisationen in Hünxe. Insofern habe er seine „Mission impossible“ auch gar nicht als so unmöglich empfunden. „Weil ich schon ein Stück weit dieses berühmte ‘Erfahrungswissen’ hatte. Und weil ich wusste, was ich wollte. Und auch, was ich auf keinen Fall wollte.“

Schreikrampf beim ersten Blick in sein Büro

Das umzusetzen hat meistens geklappt. In einem Fall aber nicht, erzählt Klaus Ginter, lacht und zeigt auf eine der Wände in seinem Büro. Rot – und zwar durchaus knallig – ist diese damals gestrichen worden. „Da wollte der Architekt sich wohl ein Denkmal setzen. Ich hatte kein Mitspracherecht und habe erst mal einen Schreikrampf gekriegt." Ob er auch deshalb gerne sagte, „ich gehe mich mal für zwei Stunden erholen“, ehe er sich vom Schulleiterbüro aus in den Unterricht verabschiedete? Ginter lacht. Nein, an der Wandfarbe habe das nicht gelegen. „Es war aber einfach schön, in die Klassen zu gehen, die Schülerinnen und Schüler zu sehen und sie zu unterrichten.“

Klaus Ginter steht im Foyer der Gesamtschule Hünxe. Im Hintergrund ist das Bild zu sehen, das er zum Abschied geschenkt bekam: Es zeigt Segelboote. Denn Segeln ist eines von Ginters Hobbys.
Klaus Ginter steht im Foyer der Gesamtschule Hünxe. Im Hintergrund ist das Bild zu sehen, das er zum Abschied geschenkt bekam: Es zeigt Segelboote. Denn Segeln ist eines von Ginters Hobbys. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Das alles fällt ab sofort weg. Langeweile dürfte bei dem scheidenden Schulleiter deshalb aber nicht aufkommen: Er plant, wieder mehr zu segeln. Und er möchte an viele exotische Orte reisen, nach Bali oder Kuba zum Beispiel. „Wenn denn das dann möglich ist.“ Auch für seine Familie will Ginter sich wieder mehr Zeit nehmen, könnte sich außerdem „eine Schmalspurbetätigung“ in Form eines Ehrenamts vorstellen. „Mich nur zwischen Wohn- und Esszimmertisch zu bewegen, das ist nicht meins“, sagt er. „Von daher wird auch da irgendwas an Betätigung kommen.“

Seine Segelleidenschaft war während der offiziellen Entlassfeier übrigens auch Thema. In Form eines weiteren Abschiedsgeschenks: Einem Leinwandbild mit Segelbooten (siehe Foto). Dies hängt nun im Foyer der Gesamtschule Hünxe und wird dauerhaft an den Gründungsschulleiter erinnern.

>> ZUR PERSON

  • Klaus Ginter ist in Essen geboren und aufgewachsen. Zwischenzeitlich lebte er in Oberhausen, aktuell aber wohnt er wieder in Essen.
  • Der 66-Jährige studierte Geografie und Sport. Im Anschluss an sein Studium absolvierte er das Referendariat am Helmholtz-Gymnasium in Essen und arbeitete dort schließlich noch weitere sieben Jahre. Dann wechselte Ginter an die Gustav-Heinemann-Gesamtschule Essen: Er war dort neuneinhalb Jahre und unter anderem mit der Koordination der Oberstufe betraut.
  • Mit diesem „Erfahrungswissen“ ausgestattet, folgte 1998 der Wechsel an die da neu an den Start gehende Gesamtschule Hünxe. Hier unterrichtete Ginter neben seinen beiden Fächern unter anderem auch im wirtschaftswissenschaftlichen und philosophischen Bereich.