Dinslaken. Kaum jemand in Dinslaken hat die partielle Sonnenfinsternis am Donnerstag bemerkt. Die Amateur-Astronomen haben das Phänomen im „nd“ beobachtet.
Wissen Sie noch, wo Sie die Sonnenfinsternis 1999 erlebt haben? Und wissen Sie auch, dass Sie am heutigen Donnerstag, 10. Juni, eine Sonnenfinsternis verpasst haben? Gegen 11.20 Uhr hat sich der Mond im Zeitlupentempo vor die Sonne geschoben – eine Stunde später sah sie aus, als hätte jemand oben ein Stück abgebissen. Nur beobachten konnte das fast niemand: Der Mond hat die Sonne nur zum Teil verdeckt. Hinschauen nicht möglich, es war viel zu hell – und zu gefährlich.
Es gab kaum SoFi-Brillen
Der Mond hat sich in Dinslaken zu etwa 13 Prozent vor die Sonne geschoben. Eine partielle Sonnenfinsternis also, keine totale wie 1999. Zwei Kunden hätten bei ihr nach Schutzbrillen gefragt, berichtet Sarah Kullik von Optik Gockel. Aber bei partiellen Sonnenfinsternissen haben die meisten Optiker keine SoFi-Brillen. Dennoch warnt die Optikerin: Bei größeren Bedeckungsgraden der Sonne fällt die Schutzfunktion des Auges weg – die Gefahr durch das helle Licht bleibt aber bestehen: „Also besser nicht hinschauen“, mahnt sie.
Das befolgen die meisten Menschen in der Innenstadt ganz unbewusst. Die Fußgängerzone ist recht voll am Mittag, Passanten schauen in die Auslagen der Geschäfte, Jugendliche starren auf ihr Handy, niemand sieht nach oben. Auch die Schulen haben nichts geplant. Im Stadtpark sitzt zwar eine Klasse im Schatten – aber es geht um Konfliktbewältigung, nicht um Sterne. Selbst die Stadtbibliothek, die gerne zu aktuellen Ereignissen informiert, ist diesmal außen vor.
Großer Hype im Jahr 2015
Vor sechs Jahren, bei der letzten partiellen Sonnenfinsternis gab es einen Run auf die Schutzbrillen, Schulen haben ihre Pausen nach dem Naturschauspiel ausgerichtet, die Amateur Astronomen luden zum Public Viewing in den Stadtpark – und sahen nichts. Denn pünktlich zum Naturereignis war damals dichter Nebel aufgezogen.
Amateur-Astronomen in der „nd“-Sternwarte
Dafür war die Sicht am Donnerstag umso besser – mit der entsprechenden Ausrüstung. Die Kuppel der Sternwarte des nd-Jugendheims ist geöffnet, die Teleskope, die die Astronomen im Garten aufgebaut haben, haben spezielle Filter, die das Naturschauspiel nicht nur sichtbar machen, sondern auch Gasexplosionen auf der Sonne zeigen. „Im Moment ist da aber nicht viel los“, sagt Jörg Müller. Dafür ist ganz deutlich die angeknabberte Sonne auf dem Bildschirm zu sehen. Müllers Handy piept. Er kontrolliert schnell die ans Teleskop angeschlossene Kamera. Sie macht alle paar Minuten ein Bild. Hintereinander gestellt ergeben sie die Sonnenfinsternis mit Daumenkino-Effekt. Das oben stehende Foto hat er uns zur Verfügung gestellt.
„Es ist einfach ergreifend“
Die ältesten Mitglieder der Amateur Astronomen fahren schon seit fast 50 Jahren den Sonnenfinsternissen hinterher -- rund um den Erdball. Dirk Martinek hat eine totale Sonnenfinsternis 2006 in der Türkei erlebt. Er erinnert sich, wie er von einer Anhöhe aus aufs Meer schauen konnte und der riesige Schatten, den die totale Finsternis verursacht, immer näher rückte. Wie die Temperatur schlagartig von 26 auf 14 Grad fiel, wie die Vögel, die ganze Natur erstummte und die ringförmige Sonne sich in tausend Schatten unter einem Baum abzeichnete „Es ist einfach ergreifend“, schwärmt er.
Zur SoFi auf die Färöer Inseln
Jörg Müller konnte dieses Schauspiel sogar 2015 erleben. Als die Sonnenfinsternis in Dinslaken im Nebel versank, war er auf den Färöer Inseln. Nach „horizontalem Regen“ habe das Wetter plötzlich gewechselt – er zeigt die fotografische Ausbeute: ein wunderschönes Bild des Diamantrings, als die Sonne durch das letzte Gebirgstal des Mondes blinzelte. Ein „atemberaubender Augenblick“, schwärmt er.
Das sind die nächsten Termine
Wem es bis zur nächsten totalen Sonnenfinsternis in Deutschland am 3. September 2081 zu lange dauert, der hat vielleicht am 22. Oktober 2022 Glück - und kann die nächste partielle Sonnenfinsternis in Dinslaken beobachten.
>>Hintergrund
Die Sternwarte im nd-Jugendheim gibt es schon seit 1963. 2009 erhielt sie mithilfe der Bürgerstiftung der Sparkasse ein neues Teleskop. Die Dinslakener Amateur Astronomen (DAA) betreiben die Sternwarte seit mehr als 35 Jahren. Wegen der Pandemie finden die Treffen der DAA derzeit online statt, Der Link und viele Infos sind auf der Homepage zu finden: sternwarte-dinslaken.de.