Dinslaken. Schulpflegschaften drängen auf Maßnahmen für einen corona-sicheren Unterricht. Die Bürgermeisterin sieht dazu „derzeit keinen Gesprächsbedarf“.

Bürgermeisterin Michaela Eislöffel hat mit einem Schreiben die Schulpflegschaften mehrerer weiterführender Schulen gegen sich aufgebracht. Die drei Gymnasien und zwei Gesamtschulen hatten der Stadt im April – durch Wissenschaftler aus den eigenen Reihen unterstützte – Zusammenarbeit mit dem Ziel eines „sicheren Präsenzunterrichts“ an den Schulen angeboten. Nun, kurz vor der Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts für alle Schüler, kam die Antwort der Bürgermeisterin: Es bestehe „derzeit kein Gesprächsbedarf.“

Das schreibt die Bürgermeisterin

Die Stadt Dinslaken habe sich seit Beginn der Pandemie „vollumfänglich mit Präventionsmaßnahmen in den Schulen auseinandergesetzt und viele Maßnahmen gemeinsam im engen Austausch mit den Schulleitungen auf den Weg gebracht.“ Dazu hätten Vor-Ort-Termine und zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung der Lüftungssituation in Schulen gehört. „Auch die Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen sowie der Einsatz von sogenannten Luftfilteranlagen wurde geprüft“ so Michaela Eislöffel. Es seien Luftreinigungsgeräte angeschafft worden (eines für jede Schule). Zum Einsatz der gerade aus der Elternschaft der EBGS geforderten UVC-Filtergeräte lägen keine neuen Erkenntnisse vor, begründet die Bürgermeisterin ihre Absage.

Das sagen Schulpflegschaftsvertreter

Die Eltern sind entrüstet. „Die zeitliche Verschleppung von Maßnahmen für einen pandemiesicheren und auch dauerhaft erkältungs- und ansteckungssicheren Schulbesuch unserer Kinder wird hier von der Stadtverwaltung auf die Spitze getrieben,“ ärgert sich Richard Pennings, Schulpflegschaftsvorsitzender der EBGS. „Im letzten halben Jahr ist nichts passiert, um die Klassen sicherer zu machen.“ Am Theodor-Heuss-Gymnasium sei zwar ein Lüftungskonzept erstellt worden – „allerdings war das eine Initiative der Eltern“, stellt Guido Stammer, Vorsitzender der THG-Schulpflegschaft klar. Es sei nicht als dauerhafte, alleinige Maßnahme gedacht gewesen. Zudem hätten sich die Rahmenbedingungen geändert: Es seien Virusmutanten im Umlauf und es gebe neue Luftfiltergeräte, die nicht nur die Aerosole aus der Luft filtern sondern auch für Frischluftzufuhr sorgen.

Der Stadtrat hat im November beschlossen, dass die Stadt „nach einer entsprechenden Eignungsprüfung“ mobile Luftfilteranlagen für die Räume und Klassen vorhalten solle, „in denen optimiertes Lüften mit der Hilfe von CO2-Messgeräten nicht möglich ist“. Diese Prüfung soll mit einem Gerät mit Hepa-Filter am THG erfolgen. Weil aber wegen des Wechselunterrichts keine Klasse in voller Stärke vor Ort gewesen sei, sei der Test erst für Juni angesetzt, berichtet Guido Stammer. „Das Ergebnis wird sein, dass die Geräte funktionieren“, prognostiziert Stammer – an Schulen in Neukirchen-Vluyn sowie im Corona-Impfzentrum in Wesel seien sie längst im Einsatz. Nach dem Test in Dinslaken folge die Ausschreibungs- und Beschaffungszeit. Bis die Geräte da seien, sei der nächste Winter vorbei, schätzt er.

Tim Hülser bezeichnet die Antwort der Bürgermeisterin als „Frechheit“. Er ist stellvertretender Schulpflegschaftsvorsitzender des THG und Mitglied der Gesellschaft für Aerosolforschung, deren Präsident Dr. Christof Asbach im April in einem offenen Brief an die Kanzlerin auf die Corona-Gefahren innerhalb von Räumen aufmerksam gemacht hat. Das Unternehmen, bei dem er arbeitet, führt zudem die Testung am THG durch.

Erst durch sein Engagement seien Informationen zu den Themen Lüftung und Filtration an die Stadt herangetragen worden, so Hülser. Deren Vertreter hätten sich „als Pool der Ahnungslosen“ hinsichtlich Aerosol- und Strömungsmechanik präsentiert und Hülser bezweifelt, dass sich dies nachhaltig geändert habe.

Joachim Leuker, Vorsitzender der Schulpflegschaft des Otto-Hahn-Gymnasiums, macht darauf aufmerksam, dass das Gesprächsangebot der Schulpflegschaften „keinen Hinweis auf eine Fokussierung des angestrebten Zusammenwirkens auf Luftreinigungsgeräte“ beinhalte, „die Antwort jedoch ausschließlich.“ Man solle doch „wenigstens eine Gesprächsrunde führen“, so Leuker. Er selbst befürworte den Einsatz von Lüftungsgeräten in Klassenräumen nicht. Aber es gelte, auch weitere Möglichkeiten wie Schutzmasken und Trennwände zu diskutieren.

>>Hintergrund

In einer Abfrage der Stadt haben sich von 18 Schulen zehn Schulen für die Anschaffung weiterer Luftfilter, vier dagegen und drei Schulen neutral geäußert. Die vier Schulen, die keine weiteren Geräte wünschen, sind Grundschulen. Insgesamt würde sich die gewünschte Anzahl an zu beschaffenen Geräten auf 244 Stück belaufen, so die Stadt.