Dinslaken. Nach der Verbrennung der israelischen Flagge und dem Israel-feindlichen Graffito in Dinslaken gibt es nun einen Aufruf zu einer Demo.

Die Israel-Flagge, die als Zeichen der Verbundenheit mit der israelischen Partnerstadt Arad vor dem Dinslakener Rathaus gehisst worden war, wurde verbrannt. Das teilte die Polizei mit. Die Fahne wurde – wie berichtet – vom dem Mast vor dem Rathaus gestohlen und anschließend offenbar von drei Jugendlichen auf dem Johannesplatz in Lohberg angezündet. Einen der mutmaßlichen Täter, einen 20-jährigen Dinslakener, nahm die Polizei fest.

Das Fehlen der Flagge fiel Freitagfrüh auf. Dem Staatsschutz in Duisburg wurde Freitagabend ein Video zugespielt, das auf Snapchat geteilt worden sein soll. Es zeigt die drei Jugendlichen vor dem Rathaus und die brennende Flagge auf dem Johannesplatz in Lohberg. Ermittlungen führten die Polizisten zu einem 20-jährigen Mann aus Dinslaken. Er muss sich nun mit einem Strafverfahren wegen des Verdachts der Verletzung von Flaggen ausländischer Staaten auseinandersetzen. Die beiden anderen Jugendlichen werden noch gesucht.

„Aufgeheizte“ Stimmung in Dinslaken-Lohberg

Ebenfalls am Freitag ist – wie berichtet – ein Anti-Israel-Graffito an der Wand am Fischerbusch aufgetaucht. Jugendliche aus Lohberg haben es gemeinsam mit dem Kinderschutzbund noch am selben Abend entfernt und übermalt. Auch die Rückstände des Feuers auf dem Lohberger Johannesplatz hat der Regen mittlerweile weggewaschen.

Die Stimmung im Stadtteil sei aber „aufgeheizt“ so die Wahrnehmung von Volker Grans, Geschäftsführer des Kinderschutzbundes, der seine Räume direkt am Johannesplatz hat. Zum Graffito am Fischerbusch etwa gab es auch positive Kommentare „Hier steht nichts zum jüdischen Glauben! Hier wird nur der Staat als möglicher Terrorstaat angeprangert,“ schrieb etwa Ali Acabuga, Vereinspräsident von Rot-Weiß Selimiyespor Lohberg öffentlich auf Facebook. Die „drei abrahamitischen Religionen“ hätten „ein göttliches Fundament“, meinte er und und fragte, „ob man den Staat Israel „in Deutschland nicht an den Pranger stellen“ dürfe. Dafür erhielt er viele Likes.

Gleichzeitig macht im Internet ein Aufruf zur Demo am Samstag in Lohberg die Runde. „Wer aus Lohberg kommt, soll das hier teilen. Jede Stimme zählt gegen Unterdrückung und Tyrannei – für Palästina“ heißt es dort mit entsprechender Zeitangabe. Angemeldet sei die Demo bislang nicht, erklärt Timm Wandel, Sprecher der Kreispolizeibehörde in Wesel, aber das sei ja zeitlich noch möglich. Der Staatsschutz sei bereits informiert.

Das sagt Bürgermeisterin Michaela Eislöffel

„Toleranz, Solidarität und ein gemeinsames Miteinander sind uns in unserer Stadt sehr wichtig. Das gilt unabhängig von Herkunft oder Religion. Gewalt lehnen wir strikt ab“, so kommentiert Bürgermeisterin Michaela Eislöffel die Flaggenverbrennung. Dabei handele es sich um einen klaren Straftatbestand. „Wir warten nun die weiteren Ermittlungen der Polizei ab.“

Das sagt Vize-Bürgermeister Eyüp Yildiz (SPD)

Die Verbrennung der israelischen Flagge sei ein „Akt der Respektlosigkeit gegenüber einem Staat“, der in Deutschland nichts zu suchen habe, findet Eyüp Yildiz, stellvertretender Bürgermeister der SPD: „Nicht in unserem Land, wo die Würde, Religion, Identität und die Fahnen der Menschen respektiert und geschützt werden“, so Yildiz. Den israelischen Regierungschef Netanjahu und die Hamas „sollte man kritisieren, denn sie sind letztendlich auch für den Tod und das unendliche Leid der Menschen verantwortlich,“ findet Yildiz.

Auch interessant

Solange die „Indoktrination der Jugendlichen von faschistoiden, homophoben und Grundrechtsverachtenden Bürgern“ nicht unterbunden werde, „wird sich der Kreis des Hasses immer wiederholen“. Präventionsprogramme würden das Problem nur „verwalten“, Aufklärung die einzige Lösung. „Kindern kann man schon beibringen, dass hier jeder gleichberechtigt sein muss. Egal ob er Christ, Moslem, Jude oder Atheist ist. Das gleiche gilt für die sexuelle Orientierung. Wenn wir in 30 Jahren in einem aufgeklärtem Staat aufwachen wollen, dann reicht die symbolpolitische Verwaltung der aktuellen Probleme nicht aus. Wir müssen die Erwachsenen von morgen heute aufklären.“

Das sagt Vize-Bürgermeisterin Stefanie Weyland (Grüne)

Stefanie Weyland, stellvertretende Bürgermeisterin der Grünen,, verurteilt antisemitische Taten in Dinslaken „aufs Schärfste“, wie sie sagt. „Gerade dieses Jahr feiern wir 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland sollten gemeinsam der Geschichte gedenken. Dass nun auch in unserer Stadt der Antisemitismus offen zu Tage tritt macht uns, aber auch mich als stellvertretende Bürgermeisterin besonders betroffen.“ Antisemitismus „unter dem Deckmantel der Israelkritik ist kein neues Phänomen und bedarf einer konsequenten Bekämpfung.“

Das Hissen der israelischen Flagge vor dem Rathaus sei „ein Zeichen der unerschütterlichen Freundschaft und Solidarität mit Israel“. Die langjährige Freundschaft Dinslakens zur israelischen Partnerstadt Arad sei „eine Erfolgsgeschichte“.

„Wir begrüßen die schnelle Reaktion der Bürgermeisterin auf diese Taten und fordern die Stadt auf, keinen Schritt zurück zu weichen“, so Stefanie Weyland. „Wir stehen solidarisch an der Seite der Jüd*innen in unserem Land. Es ist die Aufgabe aller Demokrat*innen Antisemitismus entschlossen entgegenzutreten. Sowohl am Rathaus, in der Innenstadt als auch der Mauer in Lohberg wurde schnell gehandelt und ein erstes wichtiges Zeichen gesetzt. Nun sollten weitere folgen!“

Das sagt Vize-Bürgermeister Horst Miltenberger (CDU)

Auch Horst Miltenberger, stellvertretender Bürgermeister der CDU, ist „erschrocken darüber, dass so etwas in Dinslaken passiert ist. Für mich ist Dinslaken eine tolerante und weltoffene Stadt, in der auch respektvoll miteinander umgegangen wird.“ Das Verbrennen der Flagge „steht unter Strafe und wird auch von den Ordnungsbehörden entsprechend verfolgt.“

Das sagt der Städetpartnerschaftsverein

Klaus-Dieter Graf, Vorsitzender des Städtepartnerschaftsvereins, war vor sieben Jahren während des Gaza-Kriegs in Dinslakens Partnerstadt Arad, hat Bombenalarme erlebt und wie die jungen Soldaten schwer bewaffnet abends am Tisch ihrer Familie saßen. Der Städtepartnerschaftsverein, der von seiner Satzung unpolitisch ist, „verurteilt jede Form von Gewalt“, so Graf, „jeder Tote ist einer zuviel“.

Dinslakener Schüler zu Besuch in Israel vor etwa sieben Jahren.
Dinslakener Schüler zu Besuch in Israel vor etwa sieben Jahren. © PRIVAT

Mit den Gedanken seien die Mitglieder des Städtepartnerschaftsvereins besonders bei den Freunden in Arad, denen hoffentlich nichts passiert, so Klaus-Dieter Graf. Vor wenigen Tagen erst hat der Städtepartnerschaftsverein den Freunden aus Arad geschrieben: Er sei „sehr traurig über die gegenwärtigen Feindseligkeiten, die so viele Opfer verursachen. Seien Sie versichert, dass Ihre deutschen Freunde die ganze Zeit an Sie denken und hoffen, dass diese schlechten Tage bald besseren weichen werden.“ Das Verbrennen der israelischen Flagge gehöre geahndet und bestraft.

Austausch fiel wegen Corona aus

Arad liegt etwa 30 Kilometer von der Grenze zu Gaza entfernt, am Rand der Negev-Wüste. Die Städte sind seit 1989 offiziell befreundet, 2014 wurde das 25-jährige Jubiläum der Städtepartnerschaft gefeiert. Vor allem die Israel-AG des Theodor-Heuss-Gymnasiums pflegt seit 1997 die Freundschaft mit der Partnerstadt Arad, es gab in der Vergangenheit regelmäßigen Schüleraustausch mit der ORT Comprehensive High School in Arad.

Obwohl der Austausch im vergangenen Jahr pandemiebedingt ausfallen musste, „konnten wir durch den Kontakt mit unseren Austauschschüler*innen ein wenig die israelische Kultur kennenlernen“, so die Schülerinnen und Schüler in einer Stellungnahme. „Schon im vergangenen Jahr hat uns der Konflikt sehr interessiert und viele von uns zum Nachdenken gebracht, wobei uns die Vielschichtigkeit dieser Situation erst richtig bewusst wurde.“

Die Schüler waren „schockiert, die Bilder über die neuerlichen Eskalationen zu sehen, die Nachrichten über Raketenangriffe beider Seiten zu hören“, schreiben sie. „Wir maßen uns nicht an, in diesem Konflikt für eine Seite Partei zu ergreifen. Wir können Meinungen friedlicher pro-palästinischer Demonstrant*innen nachvollziehen, eben wie diese von Israelis. Aber Gewalt gegen Jüd*innen in Deutschland und jüdische Institutionen sind im höchsten Maß zu verurteilen.“

Ein erneutes Hissen der israelischen Flagge vor dem Rathaus wäre „ein starkes Zeichen der Verbundenheit. Wie viele Palästinenser und Israelis selbst stehen wir auf der Seite des Friedens und gegen den Krieg. Wir fühlen mit allen die einen Freund, Familienmitglied oder Bekannten aufgrund der aktuellen Grausamkeit verloren haben, egal welcher Religion oder Staatsbürgerschaft sie angehören“, so die Schüler.