Dinslaken. Seit dem 6. April dürfen Hausärzte die Corona-Impfung verabreichen. Eine Hausärztin aus Dinslaken zieht eine erste Zwischenbilanz.
Die Nachfrage nach der Corona-Schutzimpfung war in der Gemeinschaftspraxis Rutenwall in Dinslaken vom ersten Tag an hoch. „Nach Ostern bildete sich eine Schlange bis in die Innenstadt“, berichtet Allgemeinmedizinerin Dr. Heidi Hegner-Kentgens. Seit dem 6. April dürfen auch Hausärzte in Deutschland die Corona-Impfung verabreichen. Viele Menschen versuchen Impftermine zu ergattern.
Zudem steigt die Impfquote seit dem Startschuss für die Hausärzte in Deutschland stark an. Nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) haben 23,9 Prozent (Stand 27. April) der deutschen Bevölkerung eine Erstimpfung erhalten. Auch dank niedergelassener Hausärzte in Dinslaken werden immer mehr Menschen geimpft. Dennoch läuft noch nicht alles reibungslos, berichtet die Dinslakener Hausärztin. Eine Zwischenbilanz:
Unterschiedliche Anzahl an Impfdosen
Bis heute wollen viele impfwillige Personen eine Impfung bekommen, die laut Priorisierungsliste noch gar nicht an der Reihe sind. „Viele kamen und kommen ohne Termin und wollen sich impfen lassen. Aber wir arbeiten hier mit der Priorisierungsliste und haben viele wieder nach Hause schicken müssen“, erklärt Dr. Hegner-Kentgens.
Mit Hilfe dieser Liste und der vorgegebenen Impfreihenfolge werden in der Gemeinschaftspraxis am Rutenwall Impftermine vergeben. „Dafür haben wir extra zwei Leitungen hergerichtet. Zwei Mitarbeiterinnen vergeben dann telefonisch die Termine an Kandidaten von der Priorisierungsliste“, verrät die Ärztin. Dass nicht jede Woche die gleiche Anzahl an Terminen vergeben wird, liegt daran, dass die Ärzte nicht immer die gleiche Anzahl an Dosen bekommen. „Wir erfahren im Normalfall donnerstags, wie viel Impfdosen wir für die kommende Woche bekommen. In der ersten Woche hat jeder unserer fünf niedergelassenen Ärzte in der Gemeinschaftspraxis 48 Dosen von Biontech bestellt, bekommen haben wir aber nur 16.“
Weil in der Praxis jede Woche eine unterschiedliche Anzahl von Impfdosen zur Verfügung steht, konnten auch nur flexibel Termine vergeben werden. „Unsere Terminlisten müssen immer wieder überarbeitet werden. Wir sind davon abhängig, wie viele Dosen wir bekommen“, kritisiert Hegner-Kentgens die Impfstoffverteilung.
Aggressive Patienten
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Nach den Diskussionen um den Impfstoff der schwedisch-britischen Firma verzichtet die Gemeinschaftspraxis bei den Impfungen zunächst auf Astrazeneca: „Astrazeneca wird nicht so gerne genommen. Man spürt bei vielen Impfwilligen eine große Verunsicherung.“ Die Nachfrage nach dem Impfstoff von Biontech sei dafür immens, verrät Hegner-Kentgens. „Die Biontech-Dosen werden uns aus den Händen gerissen. Zum Glück bekommen wir mittlerweile mehr Impfdosen.“
In dieser Woche gab es immerhin 30 Impfdosen pro Arzt. An einem Tag werden die Impfungen verabreicht. „Dafür bestellen wir die Leute im Zehn-Minuten-Takt ein, damit wir alle an einem Tag impfen können. Unsere Sprechstunde haben wir dafür extra eingedämmt und verlegen nicht-notwendige Vorsorgeuntersuchungen bei Patienten ins zweite Halbjahr“, verrät die Hausärztin.
Obwohl immer mehr Menschen in Deutschland geimpft werden, kämpfen die Angestellten in der Dinslakener Praxis mit Anfeindungen und ungehaltenen Patienten ohne Priorisierung: „Bei vielen Patienten war und ist eine gewisse Aggressivität zu spüren. Auch bei denen, die ohne Termin in die Praxis gekommen sind“, erzählt Hegner-Kentgens. Noch wirke sich das nicht auf die medizinischen Fachangestellten der Gemeinschaftspraxis aus, die sich mit den aggressiven Menschen auseinandersetzen müssen. „Noch sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Team motiviert. Trotzdem merkt man, dass sie momentan durchaus zu leiden haben. Auch, wenn sie mangels Impfstoff Termine telefonisch wieder absagen müssen.“
Keine Online-Terminvergabe
Trotzdem gebe es auch positive Dinge im Rahmen des neuerlichen Impfalltags: „Viele Patienten, die mit der Impfung dran waren, sind geduldig und natürlich auch sehr dankbar. Dann zeigt sich, warum wir das Ganze überhaupt machen“, freut sich Hegner-Kentgens über positive Rückmeldungen von vielen ihrer Patienten.
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Damit es zu keinen Termin-Überschneidungen kommt, und Personen aus den Priorisierungsgruppen nicht auf der Strecke bleiben, bietet das Ärztehaus über das Internet keine Impftermine an. „Wir wollen die Priorisierung in der Hand behalten. Bislang war das mit dem Handling leichter, wenn wir die Patienten anrufen. Dadurch konnten fast alle Patienten von der höchsten Priorisierungsgruppe geimpft werden“, erklärt Hegner-Kentgens. Auch die Impfungen der zweiten Priorisierungsgruppe seien bereits weit fortgeschritten. „Die Priorisierungsgruppe Drei muss aber noch warten und geduldig sein.“
Weil in der letzten Aprilwoche knapp 2,1 Millionen Impfdosen von Biontech an die Hausarztpraxen in Deutschland verteilt werden sollen, zeigt sich Dr. Hegner-Kentgens für den weiteren Verlauf der Impfkampagne zuversichtlich. „Für die kommende Woche haben wir pro Arzt 48 Dosen bestellt. Zum Glück bekommen die Praxen immer mehr Impfdosen. Damit kommen wir der Quote von 70 Prozent immer näher, was helfen würde, die Pandemie einzudämmen.“ Einen Seitenhieb Richtung Politik kann sich Dr. Heidi Hegner-Kentgens dennoch nicht verkneifen: „Das die Praxen mehr Dosen zur Verfügung gestellt bekommen, hätte man schon früher haben können. Mit nur 16 Dosen kommt man nämlich nicht weit.“