Kreis Wesel/Dinslaken. Wolf töten - oder mit ihm leben? Bei der Diskussion der Grünen prallten unversöhnliche Positionen aus Dinslaken, Voerde, Wesel, NRW aufeinander.
Herdenschutz ja – aber wie? Die Beantwortung dieser Frage entwickelt sich immer mehr zum Schlüssel für eine abschließende Beantwortung der Frage, ob die Koexistenz zwischen Wölfen und Menschen mit ihrer Tierhaltung möglich sind. Am Samstag streamte der Kreisverband der Grünen im Kreis Wesel eine Online-Podiumsdiskussion zum Thema auf Youtube. Im Schnitt 350 Teilnehmende saßen vor den Endgeräten, die Diskussion in der Chatleiste war emotional. Und dass es in der Zoom-Runde der Experten und unmittelbar Betroffenen sachlich blieb, war nicht zuletzt der souveränen und besonnen Moderation des Düsseldorfer Journalisten Andreas Vollmert zu verdanken.
Dinslakener Ratsherr Niklas Graf führte ins Thema ein
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Keine Frage, Wölfin Gloria ist ein mutiges und intelligentes Exemplar ihrer Art. Es gibt genügend Wölfe, die öffentlich überhaupt nicht in Erscheinung treten, Gloria dagegen stellt trotz des überreichen Angebots an Rotwild im Wolfsgebiet Schermbeck eine ständige Gefahr für Schafe und inzwischen auch Ponys dar. Aber reicht das, den Artenschutz auszuhebeln und die Wölfin zu „entnehmen“, sprich zu töten oder sind die Möglichkeiten eines umfassenden Herdenschutzes noch gar nicht ausgenutzt? Nach einer Einführung in das Thema durch den Dinslakener Ratsherrn Niklas Graf, der von Dinslaken aus auch die Technik des Abends mit steuerte, hatte jeder der Teilnehmenden vier Minuten Zeit, seine Position darzulegen, die Fronten, die an diesem Abend erwartungsgemäß nicht durchbrochen wurden, waren schnell sichtbar.
Sie standen für eine Koexistenz
Auf der Seite für den Wolf bzw. der Koexistenz standen Günther Rinke für die BUND Kreisgruppe Wesel, Wolfs-Experte Jos de Bruin, Sven Zwirner, der als Mitarbeiter der Firma Patura seit sechs Jahren Zäune als Sicherungsmaßnahmen und Wolfsabwehr in Niedersachsen errichtet, und Dr. Matthias Kaiser für das LANUV. Er ist Leiter des von ihm angeregten NRW-Wolfmonitorings, verwies aber auch auf die Herdenschutzberatung der Landwirtschaftskammer NRW, die betroffene Tierhalter auch bei Antragstellungen für Hilfen unterstütze. Kaiser sah die Möglichkeiten des Herdenschutzes im Wolfsgebiet Schermbeck noch nicht ausgenutzt. Und: „Der Wolf ist der beste Zaunprüfer, den wir haben“.
Sie argumentierten gegen den Wolf
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Auf der anderen Seite die, die als Tierhalter bereits geschädigt wurden oder dies befürchten. Maik Dünow schützt seine Schafherden inzwischen mit 20 Herdenschutzhunden, sieht angesichts der Kosten und des Aufwands die Zukunft seines Berufsstandes in Gefahr.
Peter Lautz, der stellv. Vorsitzende des Landesverbands Pferdesport, verwies auf die Problematik, dass die Haftung bei Schäden, die Pferde in Panik auf der Flucht vor Wölfen anrichteten, von ihren Haltern getragen werden müssten. Der Voerder Deichgräf und Landwirt Ingo Hülser stellt sich prinzipiell gegen Wölfe am Niederrhein, Zäune seien nicht überall möglich, aber für ihn auch landschaftlich unerwünscht. Kritische Töne auch von der Tierärztin Viola Hebeler, die die Effizienz des Herdenschutzes europaweit in Frage stellte.
Deichgräf warf Regisseur „romantisches Bild“ vor
Peter Malzbender von der Nabu Kreisgruppe Wesel fehlte wohl aus technischen Gründen in der Runde. Ursprünglich zugesagt, dann aber kurzfristig abgesagt hatte dagegen die Kreisjägerschaft.
Naturschutz und Nutztierhaltung, Ökologie und Wirtschaft. Und in diesem Spannungsfeld auch noch Kultur! Der Dinslakener Regisseur Adnan Köse arbeitet derzeit an einem Dokumentarfilm über Jos de Bruin. Am Ende der Veranstaltung zeigte er rund sieben Minuten lang Vorabmaterial aus der Wolfauffangstation in Sonsbeck. Doch bevor die Bilder überhaupt für sich sprechen konnte, wurde Köse von Ingo Hülser vorgeworfen, ein „romantisches Bild vom Wolf“ zeichnen zu wollen, die Tendenz des Abends sei damit vorgegeben – der Regisseur protestierte, Vollmert musste die Wogen glätten. Naturschutz, Herdenschutz, Sachlichkeit und Streitkultur im einer Kultur-Landschaft. Gloria reißt Schafe. Aber sie reißt auch vieles andere an.