Voerde. Der Kreis Wesel nimmt an, dass der Gülle-Eintrag in Voerde über eine Versickerungsmulde erfolgt sein könnte. Trinkwasser sei nicht gefährdet.

Die polizeilichen Ermittlungen zur Feststellung des Verursachers, der die Verunreinigung des Mommbachs durch große Mengen Gülle vor einigen Wochen zu verantworten hat, laufen noch. Es werde noch auf die Ergebnisse der Wasserproben gewartet, wie Björn Haubrok, Pressesprecher der Kreispolizeibehörde Wesel, am Montag auf Nachfrage dieser Redaktion mitteilte.

Ein Bürger habe den Vorfall seinerzeit gemeldet. Es wurde daraufhin Strafanzeige gegen unbekannt gestellt. Der Mommbach läuft auf einer Strecke von etwa neun Kilometern durch das Wasserschutzgebiet Löhnen. Der Vorfall könnte strafrechtlich relevant sein, stellt der Kreis Wesel mit Hinweis auf den Paragrafen 324 des Strafgesetzbuches fest.

Versickerungsmulde liegt nahe des Grabens als Teil des möglichen Eintragspfades

Die Untere Wasserbehörde (Kreis Wesel) geht davon aus, dass der Eintrag über eine Versickerungsmulde erfolgt sein könnte. Die Anlage befinde sich in unmittelbarer Nähe – weniger als 50 Meter entfernt – des Grabens als Teil des möglichen Eintragspfades der Gülle in den Mommbach. Weniger als 500 Meter lägen zwischen dem Gewässer selbst und der Versickerungsmulde. Die Anlage diene der Versickerung von unbelastetem bzw. schwach belastetem Abwasser, wie es auf Dachflächen oder gering belasteten befestigten Flächen anfalle. Für die Aufnahme, Versickerung oder Vorbehandlung von stärker belastetem Niederschlags- oder Abwasser sei diese weder geeignet noch sei sie als solche genehmigt.

Grundsätzlich stellt die Kreisverwaltung fest, dass statt Gülle gegebenenfalls der Begriff Wirtschaftsdünger treffender sei. Dieser umfasse als Oberbegriff Dünger tierischer Herkunft wie Gülle, Jauche und Mist, aber auch Pflanzenrückstände oder Gärreste aus der Biogaserzeugung. Zu der Zusammensetzung der im Mommbach festgestellten Verunreinigung kann die Kreisverwaltung in Bezug auf eine mögliche Mischung der genannten Stoffe nichts sagen, wie sie auf Anfrage der NRZ erklärt. Basierend auf Beobachtungen der Ortsbegehung seien sowohl oberflächige Einträge unterschiedlicher Arten von Wirtschaftsdüngern in die Versickerungsmulde als auch solche über Rohrleitungen möglich.

Hofstelle wurde in der ersten Februarwoche kontrolliert

Auf der Hofstelle, wo sich die „in Rede stehende“ Anlage befinde, sei in der ersten Februarwoche eine Kontrolle im Zusammenwirken verschiedenster Genehmigungsbehörden erfolgt. Darüber soll eine Gesamtschau aller genehmigungsrelevanten Tatbestände ermittelt werden, um beurteilen zu können, ob und in welchen Bereichen des Betriebes Anpassungen erforderlich seien. Inwiefern es sich bei dem Eintrag um eine gezielte Einleitung in die Versickerungsmulde handeln beziehungsweise entsprechende (mobile) Leitungen gelegt worden sein könnten, ist der Kreisverwaltung nach eigenen Angaben nicht bekannt. Am Tag der Erstaufnahme der Verunreinigung des Mommbachs habe keine aktuell stattfindende Einleitung in die Versickerungsmulde über Rohrleitungen oder auf andere Arten festgestellt werden können. Lediglich der Füllstand mit einem „augenscheinlichen Gülle-Wassergemisch“ habe festgehalten und dokumentiert werden können. Aufgrund darüber hinaus festgestellter Ablagerungen in dem Graben und dem Bereich der Mulde ließen sich Eintragspfade nur vermuten.

Nach Einschätzung der Kreisverwaltung besteht durch die Verunreinigung keine Gefahr für das Trinkwasser, das die Stadtwerke Dinslaken im Wasserwerk Voerde-Löhnen zur Versorgung der Nachbarstadt gewinnen. Mit Blick auf das Gefährdungspotenzial, das sich bei der Nutzung von Grundwasser für die Trinkwasseraufbereitung ergibt, wenn es zu einer Belastung kommt, erklärt die Kreisverwaltung: Wirtschaftsdünger „als Naturprodukt“ beinhalte hohe Anteile erforderlicher Nährstoffe des Pflanzenwachstums wie etwa Nitrat und Ammonium, aber auch von Schwermetallen wie Kupfer, Eisen, Zink, die als Futtermittelzugabe von Nutzvieh aufgenommen und in Form von Gülle wieder abgegeben werden.

Kreis Wesel: Eingetragene Stoffe im Grundwasserkörper werden stark verdünnt

Bezüglich des Stickstoffs im Wirtschaftsdünger könne ein übermäßiger Eintrag in den Grundwasserkörper jedoch zu Nitratwerten weit über die „natürlicherseits vorhandene Konzentration hinausführen“. Mit einem Durchschlagen problematischer Konzentrationen sei aber in diesem Fall nicht zu rechnen. Der Kreis nennt als einen von vielen Punkten eine starke Verdünnung der eingetragenen Stoffe im Grundwasserkörper. Selbst wenn es zu bedenklichen Konzentrationen kommen sollte, verfüge das Wasserwerk Löhnen über eine im Betrieb befindliche Nanofiltrationsanlage, die in der Lage wäre, die genannten Parameter aus dem gewonnenen Rohwasser zu entfernen.

Eine grundlegende Gefährdung des Grundwassers aber könne vorliegen, auch ohne dass eine akute Gefährdung der Trinkwasserförderung bestehe.

>>Info: Vorfall im Mommbach ist Thema im Ausschuss

  • Die Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte nach der Verunreinigung des Mommbachs in Voerde einen umfassenden Fragenkatalog an die Kreisverwaltung in Wesel gestellt. Diese will ergänzend dazu in der nächsten Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses mündlich über den Sachstand berichten.
  • Das Fachgremium tagt am Dienstag, 2. März, ab 16 Uhr im großen Sitzungssaal des Kreishauses in Wesel.