Voerde. In ihrer Stellungnahme zum Thema regionaler Kooperationsstandort führt die Stadt in Berufung auf ein Gutachten zusätzlichen Wohnraumbedarf an.
Um dem Wunsch der Politik und in der Bevölkerung Rechnung tragen zu können, auf dem vor mehr als dreieinhalb Jahren stillgelegten Kraftwerksareal von RWE und Steag anteilig auch eine Wohnnutzung zu realisieren, bleibt aus Sicht der Stadt Voerde nur die Möglichkeit, den Geltungsbereich des als regionaler Kooperationsstandort angemeldeten Geländes um ein Drittel zu reduzieren. Konkret geht es um eine Fläche im nördlichen Teil mit einer Größe von etwa 20 Hektar, für die die Kommune die Ausweisung als „Allgemeiner Siedlungsbereich“ beim Regionalverband Ruhr (RVR) beantragt. Grund: Die Zielformulierungen lassen für regionale Kooperationsstandorte, wie berichtet, eine Wohnbebauung nicht zu.
Stadt will Teilfläche von 20 Hektar aus regionalem Kooperationstandort herauslösen
Das ehemalige Kraftwerksareal umfasst eine Gesamtfläche von rund 60 Hektar, das in dieser Größe als regionaler Kooperationsstandort angemeldet wurde. Die besagten etwa 20 Hektar, die die Stadt herausgelöst haben möchte, sind ihr zufolge nicht nur für den Wohnbedarf zu sehen. In diesem Bereich bestehe die Möglichkeit, verschiedene Nutzungen, Grünflächen und Verkehrsanbindungen einzurichten, die zusätzlich „eine Pufferfunktion übernehmen“ und damit den Abstand zum verbleibenden, etwa 40 Hektar großen regionalen Kooperationsstandort und seinen Entwicklungspotenzialen entsprechend den Vorgaben für solche Flächen sicherten. Dies stellt die Stadt in ihrer Stellungnahme fest, die sie im laufenden Verfahren, in dem die Öffentlichkeit und die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen beteiligt werden, abgibt. Die Voerder Politik befasst sich damit in der ersten Sitzung des neuen Stadtentwicklungsausschusses, der Stadtrat trifft eine Woche später die Entscheidung.
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In dem von ihr vorgeschlagenen Vorgehen sieht die Kommune im Ergebnis eine städtebauliche Entwicklung erreicht, die einerseits die wirtschaftliche Grundlage für die Eigentümer Steag und RWE des früheren Kraftwerksareals wesentlich verbessere und damit den Rückbau der baulichen Anlagen erst ermögliche, und andererseits dem RVR einen kurzfristig nutzbaren Standort zusichere, der auch in der dann verbleibenden Flächengröße weiterhin im Mittel aller 24 regionalen Kooperationsstandorte liege.
Gutachten: 1200 Wohneinheiten mehr in nächsten 20 Jahren in Voerde benötigt
Die Stadt beruft sich in ihrer Stellungnahme auf das Gutachten eines Fachbüros, das die wirtschaftlichen Abbildungsmöglichkeiten des ehemaligen Kraftwerksareals in Kombination von gewerblichen Aspekten und Gesichtspunkten des Wohnungsmarktes geprüft hat. Ein Ergebnis sei, dass die Stadt Voerde in den nächsten 20 Jahren einen zusätzlichen Wohnraumbedarf von etwa 1200 Wohneinheiten haben werde. Dieser könne auf den bisher ausgewiesenen Flächen aber nur zum Teil befriedigt werden.
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Darüber hinaus stünden viele in privatem Besitz befindliche Flächen nicht zur Verfügung. Auch kommt das Fachbüro, dessen Bewertung auf einer Datenermittlung des Flächeninformationssystems RuhrFIS aus dem Jahre 2017 basiert, zu dem Ergebnis, dass der Wohnflächenbedarf insgesamt im Kreis Wesel und insbesondere durch die „zunehmende Zuwanderung aus den Ruhrgebietsstädten an den Rand“ des Verbandsgebietes zunehme, stellt die Stadt in ihrer Erklärung weiter fest.
RVR: Kein zusätzlicher Bedarf im Bereich Wohnen und auch Gewerbe in Voerde
Der RVR dagegen kommt hier bisher zu einer anderen Einschätzung: Dem Verband zufolge soll Voerde im Bereich Wohnen keinen zusätzlichen Bedarf haben, sondern im Gegenteil gar ein Zuviel. Gleiches gilt für Gewerbeansiedlungen. Eben wegen des letztgenannten Punktes hat die Stadt das frühere Industriegelände in Möllen als regionalen Kooperationsstandort angemeldet, denn diese Flächen werden ihr nicht auf den kommunalen Bedarf angerechnet. Aussage des RVR damals sei gewesen, dass für die Stadt nur dann eine Chance zur Entwicklung des Geländes bestehe, konstatiert die Kommune.
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Sie führt ins Feld, dass bei der Frage der Folgenutzung der ehemaligen Industriefläche über allem eine „grundsätzliche Problematik“ stehe: Die Entwicklung des Geländes liege unter dem Vorbehalt einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit. Die Stadt erinnert daran, dass Fördermittel, die andernorts in Folge der Schließung von Kraftwerksstandorten fließen sollen, im Voerder Fall nicht vorgesehen sind. Die Eigentümer dürften daher nur unter der Voraussetzung einer Eigenwirtschaftlichkeit und Kompensation „der hohen Abriss- und Entsorgungskosten“ zur Beseitigung der Bauten auf dem Gelände in der Lage sein, „die Flächen freizuräumen und zu entwickeln“.
Der Schlüssel dazu wird in der Realisierung auch von Wohnen auf dem Gelände gesehen: In der Wirtschaftlichkeitsanalyse des Fachbüros werde eine Standortverteilung vorgeschlagen, die zum einen weiterhin den Ansprüchen an einen regionalen Kooperationsstandort gerecht werde, „aber darüber hinaus auch einen Wirtschaftlichkeitsnachweis über die Ausweisung eines anteiligen Wohngebietes“ hervorhebe, argumentiert die Stadt.
>>Info: Stellungnahmen noch bis inklusive 30. November möglich
Noch bis einsch ließlich 30. November besteht auch für die Bürgerschaft die Möglichkeit, die Planunterlagen im Verfahren zur Ausweisung von regionalen Kooperationsstandorten – darunter das ehemalige Kraftwerksgelände in Möllen – digital einzusehen (rvr.ruhr/themen/regionalplanung-regionalentwicklung/regionalplan-ruhr/kooperationsstandorte/) und dazu Stellungnahmen abzugeben. Letzteres soll bevorzugt per Mail an regionalplanung@rvr.ruhr geschehen, ist aber auch per Post an Regionalverband Ruhr, Regionalplanungsbehörde Referat 15, Postfach 10 32 64, 45032 Essen oder per Fax (0201/2069-369) möglich.
Die Sitzung des Voerder Stadtentwicklungsausschusses am Donnerstag, 12. November, beginnt um 17 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses.